Die Empörung in der Gastronomiebranche ist immens - die
Ampelspitzen haben sich geeinigt, den reduzierten
Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent Ende 2023 auslaufen zu lassen
und die Erhöhung auf 19 Prozent durchzusetzen. "Die vereinbarten
Priorisierungen sind so weder nachvollziehbar noch vermittelbar.
Diese Entscheidung zeige gegenüber dem Gastgewerbe keine
Wertschätzung", erklärt Klaus Pittack, Vorsitzender des
Dehoga-Kreisverbandes Schaumburg, gegenüber dieser Zeitung.
"Kanzler Scholz hatte uns versprochen, dass die Mehrwertsteuer der
Gastronomie nie wieder angehoben wird." Es scheint, als träfe auch
hier zu: Was interessiert mich das Geschwätz von gestern. Mehr
noch: "Die Entscheidung der Regierung in Berlin ist der Genickbruch
für die Gastronomie." Die Entscheidung, wenn sie denn so durch den
Bundestag kommt, "wird einen neuen Kahlschlag in der Gastronomie
geben. Es ist unvermeidlich, dass unter diesen Voraussetzungen noch
mehr Gastronomiebetriebe schließen werden." Bereits jetzt hätten
sich die Mitgliederzahlen in der DEHOGA Landkreis Schaumburg von
130 Mitgliedern auf 68 gesunken. "Allein sieben große Hotels wurden
geschlossen. Ein Betrieb darunter, der auf eine zweihundert Jahre
lange Tradition zurückschaut." Andere Verbände, wie für Bad
Pyrmont, hätten aufgrund der zu geringen Mitgliederzahlen bereits
aufgelöst. Zu viele Betriebe wurden auch dort geschlossen. "Neun
Monate durften wir während Corona gar nicht arbeiten, später nur
eingeschränkt. Die Folgen werden immer deutlicher. Dazu die
Entscheidung der Mehrwertsteuererhöhung. Die Gästezahlen werden
abnehmen." Statt Steuerfairness zu schaffen und Essen einheitlich
mit 7 Prozent zu besteuern, werden mit der Steuererhöhung auf 19
Prozent ab 1. Januar 2024 Tausende Existenzen gefährdet sowie der
Verlust von Lebensqualität und gastronomischer Vielfalt
provoziert.
Es gab seitens der DEHOGA immer wieder Gespräche mit der Politik.
Dort wurde zunächst signalisiert, dass die Ampel sich auf
Verlängerung des Steuersatzes von sieben Prozent geeinigt habe.
"Und über Nacht, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die
Umwidmung von Corona-Krediten in den Klima- und
Transformationsfonds (KTF) für Klimaprojekte als verfassungswidrig
zu erklären, wurde diese Ansage in der Nacht gecancelt. Damit
konnten wir nicht rechnen. Wir haben fest damit gerechnet, dass die
Regelung zumindest verlängert wird, weil es sonst ungerecht ist.
Von 27 Mitgliedsländern der EU, haben 23 Länder reduzierte
Steuersätze. Die jetzt fehlenden rund 60 Milliarden Euro im
Sondervermögen für Klimaausgaben dürfen nicht mit Entscheidungen
auf unserem Rücken ausgetragen werden."
Hinzu kommen dramatische Umsatzeinbußen in der Branche und bei
ihren Partnern. "Die Preise werden weiter steigen. Je mehr Betriebe
schließen, desto weniger können die Zulieferer umsetzen. D.h., die
müssen ihre Preise auch anheben. Eine Spirale, die sich kaum
aufhalten lässt", erläutert Pittack. Weitere Jobverluste,
Betriebsaufgaben, Insolvenzen sind vorprogrammiert. Die 19 Prozent
Entscheidung mache deutliche Preiserhöhungen notwendig. Damit
trifft sie Normal- und Geringverdiener. Nur mit den 7 Prozent
Mehrwertsteuer sei es mit viel Engagement bislang gelungen, die
enormen Kostensteigerungen nicht eins zu eins an die Gäste
weiterzugeben. "Viele Gastronomen haben den Schlüssel schon in der
Hand und werden aufgeben. Wir haben ja die Umsätze von 2019 immer
noch nicht erreicht. Die Speisen können nicht noch mehr kosten. Es
bekommt ja nicht jeder 500 Euro mehr im Monat, wie die
Lockführer."
Die derzeitige Inflation, die steigenden Lebensmittelpreise und die
Energiekosten "fliegen uns um die Ohren, die Löhne steigen am 1.
Januar auch wieder". Wenn dann Familien essen gehen möchten, und
dafür 200 Euro auf den Tisch legen sollen, "dann überlegt sich das
jeder". Das betreffe vor allem die Normal- und Niedrigverdiener -
die Großzahl der Kunden in der Gastronomie. Es sei absurd, dass ab
1. Januar 2024 das Essen im Restaurant mit 19 Prozent verteuert
werde, das Essen zur Mitnahme und die Lieferung bei 7 Prozent
bliebe. "Das Essen muss für unsere Gäste bezahlbar bleiben. Mit der
Gastronomie stehen außerdem wichtige soziale Treffpunkte auf dem
Spiel."
-
Mehrwertsteuererhöhung zerstört die Gastronomie
Pittack: „Die Entscheidung der Regierung ist der Genickbruch für die Gastronomie“
Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum