Der Kreisimkerverein Schaumburg hat für seine Herbstfachtagung
um heutigen Sonnabend in Stadthagen in Dr. Pia Aumeier eine
anerkannte Expertin als Referentin gewonnen. Die promovierte
Biologin ist bekannt für ihre Forschungen im Feld der Imkerei
ebenso wie für ihre praktischen Tipps sowie ihre Tätigkeit in der
Ausbildung von angehenden Imkern. Im Vorfeld ihrer Vorträge auf der
Fachtagung beantwortete Pia Aumeier Fragen des Schaumburger
Wochenblattes. Dabei bringt sie anschaulich die Faszination der
Imkerei zum Ausdruck. Entschieden weist die Fachfrau dabei Kritik
als unbegründet zurück, welche die Imkerei der Verdrängung der
Wildbienen bezichtigt. Hier ihre Ausführungen zum Thema
Imkerei.
SW: Gibt es weiterhin ein zunehmendes Interesse an dem Hobby/der
Tätigkeit?
Pia Aumeier: Ja, allerdings geht es mir wie vielen Referenten, die
Neuimkernde ausbilden: Vor Covid hatte ich in fünf Kursstandorten
in NRW über 600 Teilnehmer, durch Covid waren keine Präsenz-Kurse
mehr möglich, nach Covid ist die Nachfrage aktuell da, jedoch
geringer als vor 2020. Etliche Personen nutzen sehr intensiv unsere
online-Ausbildungsteile. Seit Covid laufen unsere Kurse im
Hybrid-System, davon profitieren viele Mit-Referenten und deren
Teilnehmer.
SW: Was ist das Erfüllende/Interessante an der Imkerei?
Pia Aumeier: Eigener Honig schmeckt am besten! Und beim Imkern ist
für jeden was dabei: Neue Erkenntnisse zu Umwelt- und Natur.
Faszinierende Einblicke in einen perfekten Sozialstaat. Ein wenig
arbeitsaufwändiges Haustier (mit etwas Erfahrung drei Stunden pro
Volk pro Jahr inklusive Honigernte). Erträge aus dem Honigverkauf,
die das Finanzamt bei bis zu 30 Völkern nicht interessieren,
Bastelmöglichkeiten für Holzarbeiten und so weiter.
SW: Welche Fertigkeiten muss man mitbringen, um als Imker tätig zu
sein?
Pia Aumeier: Bandscheibenvorfälle sind nicht förderlich, denn egal
mit welcher Betriebsweise man die Bienen pflegt, es ist immer mal
was zu heben. Eine Honigwabe wiegt schon 2 Kilogramm, eine zu
bewegende Kiste kann da schonmal bei der Honigernte 30 kg wiegen.
Und dann sind die Honigeimer und -Gläser ja auch noch zu bewegen.
Trotzdem ist Imkern auch was für (schwächliche?) Frauen, ich bin ja
selbst nicht Arnold Schwarzenegger. Mit ein paar Tricks
klappts.
Stiche sind auch noch eine Herausforderung. Will man entspannt
imkern - also ohne Schleier - muss man sich daran gewöhnen, dass
man schon mal einen Stich abbekommt. Ich erhalte jährlich von jedem
Volk im Durchschnitt einen Stich. Nach 15 Stichen (Männer) oder 30
Stichen (Frauen) ist man in der Regel immun und es schwillt gar
nicht mehr. Dann wird es erst richtig entspannt. Ansonsten ist
Imkern was für 6-Jährige (mein jüngster Jungimker) und auch für
86-Jährige (mein ältester Jungimker), sofern diese hier und da eine
Hebe-Hilfe erhalten.
SW: Ist die Imkerei ein Beitrag zum Naturschutz? Wie ist das
Argument einzuordnen, die Honigbienen der Imker würden Wildbienen
verdrängen?
Pia Aumeier: Alle Nase lang wird eine neue Panik-Sau durchs Dorf
getrieben. Nachdem jahrelang das Honigbienen-Sterben beklagt wurde
und 2008 ausgerechnet wurde, dass 2025 keine Honigbienen mehr in
Mitteleuropa existieren würden, wird nun beklagt, dass die "vielen"
Honigbienen angeblich die Wildbienen vernichten. Seriöse Studien
belegen: Honigbienen leben seit 40 Millionen Jahren in friedlicher
Koexistenz mit anderen Insekten in Europa. Ursache für die
Gefährdung einiger Wildbienenarten sind Habitat-Verluste, also
Mangel an spezialisierten Blütenpflanzen (diese interessieren
Honigbienen in der Regel nicht, da nicht ertragreich genug) und
Nistplatzmangel durch die "Aufräumeritis" in unseren Vorgärten
(auch für diese für Bodenbrüter notwendigen Niststandorte
interessieren sich Honigbienen nicht). Also: Ich halte die vielen
Jungimker für besonders wertvoll für Umwelt und Natur und damit
auch den Wildbienenschutz, denn im Durchschnitt hält ein deutscher
Imker im Mittel etwa acht Bienenvölker (also eine kleine Zahl) und
kümmert sich weil er sich eben um seine Bienen sorgt, auch um
Blütenvielfalt, Verzicht von Pflanzenschutzmitteln im eigenen und
Nachbarsgarten, sorgt für Wildbienenschutz und wird sogar
Wespenschützer (dieses Jahr hab ich wieder 250 Wespenschützer unter
meinen Jungimkern ausgebildet). Foto: privat
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„Gegen die Stiche wird man immun“
Expertin gibt Einblick in die Imkerei / Beitrag zum Naturschutz
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