Am Vorabend des Reformationstages sind Menschen mit
unterschiedlichem religiösen Hintergrund in der St. Martini-Kirche
in Stadthagen zusammengekommen, um in den Austausch zu treten und
Friedenswünsche zu äußern. Die von Landeskirche und Landkreis
initiierte Veranstaltung stand unter dem Motto "Was uns hoffen
lässt". Bei den Planungen für die diesjährige Veranstaltung tobte
zwar der Ukraine-Krieg, vom terroristischen Überfall der
Hamas-Kommandos auf Isreal konnten die Organisatoren jedoch nichts
ahnen. Das Motto "Was uns hoffen lässt…", gewählt angesichts der
vielfach krisenhaften Entwicklung in der Welt, gewann durch die
Geschehnisse in Nahost noch einmal weiter an bedrückender
Aktualität.
Helene Braun, angehende Rabbinerin aus Berlin, war geladen, um das
Thema aus jüdischer Perspektive zu beleuchten. Weil Braun erkrankt
war, verlas die Theologische Referentin der Landeskirche Alexandra
Eimterbäumer das Referat an der Seite der Vorsitzenden der
jüdischen Gemeinde in Schaumburg Marina Jalowaja. "Hoffnung,
Unterstützung und ein Zuhause brauchen Jüdinnen und Juden auf der
ganzen Welt jetzt dringend", unterstrich Braun angesichts des
Angriffs. Es sei eine existenzielle Frage, ob der einzige jüdische
Staat der Welt, seine zentrale Aufgabe, Juden zu schützen, noch
erfüllen könne. Gleichzeitig schlage überall auf der Welt der
Antisemitismus "Schneisen der Gewalt" durch die Gesellschaft. Was
gebe nun in Zeiten wie diesen Hoffnung?
Braun verwies auf ein zentrales Konzept im Judentum "Tikkun Olam",
etwa zu übersetzen mit "Reparieren der Welt". Juden seien mit
diesem dazu aufgerufen, die Welt zu einem besseren gerechteren Ort
zu machen. Bei jedem Einzelnen liege die Verantwortung, mit kleinen
Taten, Hilfsbereitschaft, die Welt jeden Tag ein Stückchen besser
zu machen. Eine weitere Hoffnung sei das Warten auf den Messias.
Hoffnungsvoll werde dabei auf eine Zeit geblickt und auf sie durch
gute Taten, Gebete und das Einhalten von Geboten hingewirkt, die
kaum vorzustellen sei, aber doch Hoffnung schenke. Historisch komme
der Blick auf die jüdische Geschichte des Überlebens und des
Widerstands gegen brutalste Unterdrückung und Verfolgung hinzu. Die
Hoffnung auf ein besseres Morgen habe dazu beigetragen, auch in
furchtbarsten Ereignissen nie aufgegeben und am Judentum
festgehalten zu haben.
Es gelte, sich der Fähigkeit bewusst zu sein, die eigene Zukunft zu
gestalten. Hoffen lasse sei, "dass es Menschen gibt, die hinter mir
und den Jüdinnen und Juden in Deutschland stehen". Menschen, die
sich für eine Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland einsetzen
würden. "Möge die Hoffnung uns Stärke geben, Träume zu
verwirklichen, die Welt Stück für Stück, Tag für Tag, zu einem
besseren Ort zu machen", so Braun.
Karl-Hinrich Manzke, Landesbischof der Landeskirche
Schaumburg-Lippe, hatte in seiner Begrüßung hervorgehoben, dass die
Teilnahme insgesamt zehn verschiedenen Gemeinschaften an der
Veranstaltung für ihn eine große Freude sei. Hier zeige sich das
aus der seit mehreren Jahren durch interreligiöse Begegnungen
erwachsene Vertrauen. Sicher sei man in verschiedenen Aspekten
unterschiedlicher Meinung, es bestehe jedoch das Vertrauen und der
Respekt, dieses zu diskutieren und akzeptieren. Jan-Philipp Beck
unterstrich dies als stellvertretender Landrat, es gelte, das
"Verbindende zu suchen und zu pflegen".
Nach den Reden ergab sich die Gelegenheit, auch bei den
mitgebrachten Speisen an den von den verschiedenen Gemeinschaften
aufgebauten Ständen ins Gespräch zu kommen. Foto: bb
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„In kleinen Schritten die Welt reparieren“
Interreligiöse Begegnung: „Hoffnung trotz aller Finsternis“
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