1. Auch ein Hund hat Erwartungen

    Ein Interview mit Hundeexpertin Kate Kitchenham

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    Hunde haben in den letzten Jahren nicht zuletzt durch verbesserte Homeoffice-Lösungen größere Beliebtheit erlangt, das zeigen die steigenden Zulassungszahlen in den Städten und Gemeinden. Menschen, die bislang aus Zeitgründen von einer Anschaffung einer Fellnase abgesehen haben, ziehen diese nun in Erwägung. Die Redaktion des Schaumburger Wochenblatts nutzte die Veranstaltung "Dogs for Schaumburg", um der Hundeexpertin und Moderatorin der VOX-Sendung Hund-Katze-Maus Fragen rund um die Hundeanschaffung zu stellen. Kate, was ist von einer solchen Entwicklung zu halten bzw. was sollte man als zukünftiger Hundebesitzer in die Waagschale werfen, bevor es zu einer tatsächlichen Anschaffung kommt?
    Da gibt es zunächst die organisatorischen Dinge, die vor der Anschaffung geklärt werden sollten: Habe ich die Eingewöhnungszeit eines Hundes bedacht? Wer kümmert sich um die Stubenreinheit? Habe ich die finanziellen Mittel auch im Falle einer Erkrankung? Was ist mir bei der Erziehung wichtig? Wie integriere ich den Hund in meinen Arbeitsalltag? Darf er mit ins Büro? All diese Themen sind wichtig und auch gut im Internet recherchierbar. Was mir aber oftmals bei den Vorüberlegungen zu kurz kommt, ist die Frage, welche Erwartungen an den Hund gestellt werden und, ganz wichtig, welche Erwartungen ein Hund an uns Menschen hat. Kann ich ein Hundeleben lang auch die Erwartungen des Tieres erfüllen? Kann ich beispielsweise sein Bedürfnissen nach sozialen Kontakten und Beschäftigung nachkommen? Kann ich den Bewegungsdrang auch langfristig befriedigen? Habe ich die Zeit und Muße, den Hund konsequent zu erziehen? Leider verstehen viele Menschen die Bedürfnisse eines Hundes nicht oder stellen diese zumindest hinten an. Das ist nicht nur schade, sondern auch unfair dem Tier gegenüber. So kommt die so wertvolle Mensch-Hund-Beziehung leider nur auf einem niedrigeren Niveau zustande.

    Bei Hunden gibt es deutliche rassetypische Merkmale. Auf was sollte man achten, wenn man sich einen Hund anschafft?
    Klar, im Idealfall sollte der Hund zum eigenen Typus passen und der eigenen Freizeitgestaltung entsprechen. Durch diese Maßgabe fällt zum Beispiel ein ganz kleiner Hund für einen ambitionierten Langstreckenläufer weg.
    Viele Eigenschaften von Hunden werden oftmals aber als gegeben angesehen. Ein Beispiel: Es wird bei bestimmten Hunderassen oft von Jaggdtrieb gesprochen und damit gerechtfertigt, dass diese bei Hase, Reh oder ähnlichen Tieren alles andere vergessen. Soweit würde ich nicht gehen. Aus meiner Sicht gibt es Rassen, mit einer Veranlagung zum Jagen. Aber letztendlich ist es bei jeder Rasse eine Erziehungsfrage. So ist es, um bei diesem Beispiel zu bleiben, wichtig, dass ein Hund absolut kein positives Jagderlebnis erfährt. Es muss von kleinauf ein konsequentes Jagdtabu umgesetzt werden, das schon damit anfängt, dass ein Welpe nicht hinter Blättern oder Schmetterlingen herjagen darf. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang auch, dass wir den Hunden stattdessen eine rassentypische Auslastung anbieten - nach dem Motto "verbieten und stattdessen etwas anbieten". Dieses Prinzip lässt sich im Grunde auf alle anderen Merkmale adaptieren. Eine wichtige Sache ist aber auch für Menschen, die sich aus dem Tierschutz Hunde holen, dass sie sich bei der Auswahl Zeit nehmen. Im digitalen Zeitalter kann man über das Internet "per Klick" einen Hund auswählen und diesen an einer Autobahnraststätte übernehmen. Davon rate ich dringend ab. Denn es ist wirklich wichtig, dass sich Mensch und Hund zuerst einmal kennenlernen, das braucht Zeit und Einfühlungsvermögen. Nur so kann es zu einer guten Teambildung kommen.

    Welche Hunderasse würdest du jemandem empfehlen, der im Homeoffice arbeitet und dementsprechend eingespannt ist?
    Im Grunde ist das eine sehr gute Voraussetzung für jeden Hund. Es liegt natürlich wie bei so vielen anderen Dingen auch am Menschen. Je nach Erregungs- und Energielevel des Hundes sollte für körperliche und seelische Auslastung gesorgt werden. Diese sollte idealerweise vor und nach dem Job erfolgen. Dabei ist klar, dass ein Pudel oder Malteser weniger körperlich beansprucht werden muss wie beispielsweise ein Weimaraner. Wobei auch bei kleinen Rassen gerade die mentale Auslastung nicht zu kurz kommen sollte. Das gleiche gilt auch für Tage, die man möglicherweise ins Büro muss. Jeder Hund kann ausgeglichen unterm Schreibtisch liegen, wenn er vorher seine Bedürfnisse befriedigt hat.

    Wie wichtig ist die geistige und mentale Beschäftigung eines Hundes und wie kann man diese sicherstellen?
    Hier haben wir ein gutes Beispiel in Bad Hiddenserborn gehabt. Gehen Sie doch mal mit Ihrem Hund während der Gassirunde Müll sammeln. Binden Sie den Hund mit ein. Mein Hund apportiert zum Beispiel Pfandflaschen. Damit tut man nicht nur Gutes für den Hund sondern auch für die Umwelt - Nachmach-Effekt inklusive. Auch der regelmäßige Besuch einer Hundeschule ist eine gute Maßnahme, um Sozialverhalten und die mentale Ausgeglichenheit zu Stärken. Eine gute und gemeinsame Auslastung des Hundes ist nicht nur wichtig für die Gesundheit sondern auch ein richtiger "Bindungsbooster". "Gemeinsame Auslastung" heißt in diesem Zusammenhang, dass wir uns auf das Tier komplett einlassen. Das bedeutet, während des Spaziergangs kein Podcast hören oder Telefonieren, sondern Interaktion mit dem Hund.

    Was sollte man tun, wenn es nun doch nicht mehr passt und man den Hund nicht mehr behalten kann?
    Hier ist verantwortungsvolles Handeln gefragt. Natürlich kann es in ganz wenigen Fällen mal dazu kommen, dass man sich vom Hund trennen muss. Aber meistens passiert das nicht von gleich auf jetzt und es ist zumindest noch Zeit, sich intensiv um eine neue Bezugsperson zu kümmern. Hierbei ist es wichtig, dass man die neuen Menschen mit aussucht. Das Tierheim ist dabei die letzte Option. Was jedoch gut genutzt werden kann sind dort die schwarzen Bretter, die man in der Regel gut zur Tiervermittlung nutzen kann.

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