Hunde haben in den letzten Jahren nicht zuletzt durch
verbesserte Homeoffice-Lösungen größere Beliebtheit erlangt, das
zeigen die steigenden Zulassungszahlen in den Städten und
Gemeinden. Menschen, die bislang aus Zeitgründen von einer
Anschaffung einer Fellnase abgesehen haben, ziehen diese nun in
Erwägung. Die Redaktion des Schaumburger Wochenblatts nutzte die
Veranstaltung "Dogs for Schaumburg", um der Hundeexpertin und
Moderatorin der VOX-Sendung Hund-Katze-Maus Fragen rund um die
Hundeanschaffung zu stellen. Kate, was ist von einer solchen
Entwicklung zu halten bzw. was sollte man als zukünftiger
Hundebesitzer in die Waagschale werfen, bevor es zu einer
tatsächlichen Anschaffung kommt?
Da gibt es zunächst die organisatorischen Dinge, die vor der
Anschaffung geklärt werden sollten: Habe ich die Eingewöhnungszeit
eines Hundes bedacht? Wer kümmert sich um die Stubenreinheit? Habe
ich die finanziellen Mittel auch im Falle einer Erkrankung? Was ist
mir bei der Erziehung wichtig? Wie integriere ich den Hund in
meinen Arbeitsalltag? Darf er mit ins Büro? All diese Themen sind
wichtig und auch gut im Internet recherchierbar. Was mir aber
oftmals bei den Vorüberlegungen zu kurz kommt, ist die Frage,
welche Erwartungen an den Hund gestellt werden und, ganz wichtig,
welche Erwartungen ein Hund an uns Menschen hat. Kann ich ein
Hundeleben lang auch die Erwartungen des Tieres erfüllen? Kann ich
beispielsweise sein Bedürfnissen nach sozialen Kontakten und
Beschäftigung nachkommen? Kann ich den Bewegungsdrang auch
langfristig befriedigen? Habe ich die Zeit und Muße, den Hund
konsequent zu erziehen? Leider verstehen viele Menschen die
Bedürfnisse eines Hundes nicht oder stellen diese zumindest hinten
an. Das ist nicht nur schade, sondern auch unfair dem Tier
gegenüber. So kommt die so wertvolle Mensch-Hund-Beziehung leider
nur auf einem niedrigeren Niveau zustande.
Bei Hunden gibt es deutliche rassetypische Merkmale. Auf was
sollte man achten, wenn man sich einen Hund anschafft?
Klar, im Idealfall sollte der Hund zum eigenen Typus passen und der
eigenen Freizeitgestaltung entsprechen. Durch diese Maßgabe fällt
zum Beispiel ein ganz kleiner Hund für einen ambitionierten
Langstreckenläufer weg.
Viele Eigenschaften von Hunden werden oftmals aber als gegeben
angesehen. Ein Beispiel: Es wird bei bestimmten Hunderassen oft von
Jaggdtrieb gesprochen und damit gerechtfertigt, dass diese bei
Hase, Reh oder ähnlichen Tieren alles andere vergessen. Soweit
würde ich nicht gehen. Aus meiner Sicht gibt es Rassen, mit einer
Veranlagung zum Jagen. Aber letztendlich ist es bei jeder Rasse
eine Erziehungsfrage. So ist es, um bei diesem Beispiel zu bleiben,
wichtig, dass ein Hund absolut kein positives Jagderlebnis erfährt.
Es muss von kleinauf ein konsequentes Jagdtabu umgesetzt werden,
das schon damit anfängt, dass ein Welpe nicht hinter Blättern oder
Schmetterlingen herjagen darf. Wichtig ist es in diesem
Zusammenhang auch, dass wir den Hunden stattdessen eine
rassentypische Auslastung anbieten - nach dem Motto "verbieten und
stattdessen etwas anbieten". Dieses Prinzip lässt sich im Grunde
auf alle anderen Merkmale adaptieren. Eine wichtige Sache ist aber
auch für Menschen, die sich aus dem Tierschutz Hunde holen, dass
sie sich bei der Auswahl Zeit nehmen. Im digitalen Zeitalter kann
man über das Internet "per Klick" einen Hund auswählen und diesen
an einer Autobahnraststätte übernehmen. Davon rate ich dringend ab.
Denn es ist wirklich wichtig, dass sich Mensch und Hund zuerst
einmal kennenlernen, das braucht Zeit und Einfühlungsvermögen. Nur
so kann es zu einer guten Teambildung kommen.
Welche Hunderasse würdest du jemandem empfehlen, der im
Homeoffice arbeitet und dementsprechend eingespannt ist?
Im Grunde ist das eine sehr gute Voraussetzung für jeden Hund. Es
liegt natürlich wie bei so vielen anderen Dingen auch am Menschen.
Je nach Erregungs- und Energielevel des Hundes sollte für
körperliche und seelische Auslastung gesorgt werden. Diese sollte
idealerweise vor und nach dem Job erfolgen. Dabei ist klar, dass
ein Pudel oder Malteser weniger körperlich beansprucht werden muss
wie beispielsweise ein Weimaraner. Wobei auch bei kleinen Rassen
gerade die mentale Auslastung nicht zu kurz kommen sollte. Das
gleiche gilt auch für Tage, die man möglicherweise ins Büro muss.
Jeder Hund kann ausgeglichen unterm Schreibtisch liegen, wenn er
vorher seine Bedürfnisse befriedigt hat.
Wie wichtig ist die geistige und mentale Beschäftigung eines
Hundes und wie kann man diese sicherstellen?
Hier haben wir ein gutes Beispiel in Bad Hiddenserborn gehabt.
Gehen Sie doch mal mit Ihrem Hund während der Gassirunde Müll
sammeln. Binden Sie den Hund mit ein. Mein Hund apportiert zum
Beispiel Pfandflaschen. Damit tut man nicht nur Gutes für den Hund
sondern auch für die Umwelt - Nachmach-Effekt inklusive. Auch der
regelmäßige Besuch einer Hundeschule ist eine gute Maßnahme, um
Sozialverhalten und die mentale Ausgeglichenheit zu Stärken. Eine
gute und gemeinsame Auslastung des Hundes ist nicht nur wichtig für
die Gesundheit sondern auch ein richtiger "Bindungsbooster".
"Gemeinsame Auslastung" heißt in diesem Zusammenhang, dass wir uns
auf das Tier komplett einlassen. Das bedeutet, während des
Spaziergangs kein Podcast hören oder Telefonieren, sondern
Interaktion mit dem Hund.
Was sollte man tun, wenn es nun doch nicht mehr passt und man
den Hund nicht mehr behalten kann?
Hier ist verantwortungsvolles Handeln gefragt. Natürlich kann es in
ganz wenigen Fällen mal dazu kommen, dass man sich vom Hund trennen
muss. Aber meistens passiert das nicht von gleich auf jetzt und es
ist zumindest noch Zeit, sich intensiv um eine neue Bezugsperson zu
kümmern. Hierbei ist es wichtig, dass man die neuen Menschen mit
aussucht. Das Tierheim ist dabei die letzte Option. Was jedoch gut
genutzt werden kann sind dort die schwarzen Bretter, die man in der
Regel gut zur Tiervermittlung nutzen kann.
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Auch ein Hund hat Erwartungen
Ein Interview mit Hundeexpertin Kate Kitchenham
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