Mit 414 Millionen Euro haben die Kommunen in Deutschland 2022 so
viel Hundesteuer eingenommen wie noch nie. Im Vergleich zu 2021
stiegen die Einnahmen um 3,3 Prozent. Währenddessen sind viele
Tierheime, die im Auftrag der Kommunen die Betreuung von Fundtieren
übernehmen, am Limit und darüber hinaus. Dazu kommentiert Thomas
Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:
"Die Kommunen profitieren von der gestiegenen Anzahl an Hunden in
deutschen Haushalten. Mehr Hunde bedeuten mehr Einnahmen durch die
Hundesteuer, die in den großen kommunalen Topf fließen.
Gleichzeitig landen aber auch immer mehr Tiere - insbesondere
problematische Hunde - in den Tierheimen. Trotz der Rekordeinnahmen
durch die Hundesteuer gehen die Tierheime jedoch meist leer aus und
werden an der Rathaustür wie Bettler behandelt. Obwohl die
Tierheime im Auftrag der Kommunen Fundtiere aufnehmen und von den
Ämtern beschlagnahmte Tiere übernehmen, werden die dafür
anfallenden Kosten noch immer defizitär erstattet."
Was bedeutet das für den Fall in Stadthagen?
Mit diesem Thema trifft der Bundesvorsitzende Schröder in
Stadthagen den Nagel auf den Kopf. Bereits vor knapp zwei Jahren
kritisierte der Chef des Tierschutzvereins die Stadthäger
Verwaltung und attestierte ihr sogar vor rund drei Monaten "totales
Versagen" in Bezug auf das Tierheim (wir berichteten). Warum wurde
die Hundesteuer nicht dafür genutzt, das Tierheim auf einem
adäquaten Stand zu halten? Die Steuer hätte es ist der Kreisstadt
hergegeben: Die Stadtverwaltung nimmt im Schnitt 82.700 Euro pro
Jahr (Durchschnitt von 2019-2023, Stand 05.10.2023) für die in
Stadthagen lebenden Fellnasen ein. Auf Nachfrage bei der Stadt
informierte diese darüber, dass es sich bei der Besteuerung von
Hunden um so genannte allgemeine Deckungsmittel handele, die für
keinen bestimmten Zweck erhoben werden. Darüber hinaus werden mit
der Hundesteuer laut Stadtverwaltung auch ordnungspolitische Ziele
(Begrenzung der Hunde im Stadtgebiet) verfolgt. Mit anderen Worten,
Hundehaltung kostet Geld, damit sich nicht alle einen Vierbeiner
holen. Es lässt sich somit gar nicht nachvollziehen, für was die
Hundesteuer verwendet wird. Doch wie lautet nun das konkrete
Konzept der Stadt Stadthagen bei der Beteiligung an den Kosten für
Hund, Katze und Kaninchen? Der Deal sieht wie folgt aus: Die Stadt
stellt die Unterkunft, sprich das Tierheim, kostenlos zur
Verfügung. Darüber hinaus bezahlt die Stadt die ersten 30 Tage für
eine Katze oder einen Hund täglich 8,50 Euro. Diese Pauschale ist
nach oben auf 255 Euro gedeckelt. Alle weiteren Kosten muss das
Tierheim aus eigenen Mitteln finanzieren. Unter die eigenen Mittel
fallen zum Beispiel regelmäßig Kosten für operative Eingriffe von
Katzen an, die von gesetzlicher Seite unfruchtbar gemacht werden
müssen. Kerstin Kassner beziffert auf Nachfrage die Kosten für
dementsprechende Kastrationen monatlich auf über 1.000 Euro. Dass
dieses Modell für die Verwaltung recht positiv ausfällt, lässt sich
erahnen, wenn man auf die über 60 Jahre alte Anlage schaut, die
bereits vor Jahrzehnten abgeschrieben war.
Miete hätte man wenigstens mindern können
Diese Art der Fallkostenpauschale ist laut Kassner eine sicher
kalkulierbare Sache für die Stadtverwaltung. Nach 30 Tagen hat
diese mit dem Tier nichts mehr zu tun. Was danach an Kosten
entsteht, ist alleinige Sache des Tierheims. Die Tierheimleiterin
findet es in diesem Fall schade, dass der Tierschutzverein nicht
einfach Miete an die Stadtverwaltung zahlt und diese stattdessen
für Operationen & Co. aufkommen müssen. In Hinblick auf den
desolaten Zustand der kompletten Anlage hätte man so zumindest die
Möglichkeit, aufgrund der bestehenden Mängel die Miete zu mindern
und dadurch Druck auszuüben. "Wir stehen mit dem Rücken an der Wand
- wir haben keinerlei Möglichkeiten, Einfluss auf Geschwindigkeit
oder Ausgestaltung zu nehmen", fasst Kerstin Kassner die aus ihrer
Sicht ausweglose Situation in Sachen Neubau zusammen. Zwar gab es
seitens der Verwaltung kürzlich einen Besuch im Tierheim, bei dem
über die Möglichkeiten der Platzierung von Containern gesprochen
wurde, seitdem ist es aber wieder still um das Thema.
Keinen Plan B
Dabei ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Aufnahme-Kapazitäten
des Tierheims sind nach Angaben der Tierheimleiterin bereits jetzt
bei den Katzen komplett ausgereizt. "Aber was sollen wir machen?
Wir können doch nicht einfach ein Aufnahme-Stopp ausrufen und im
Grunde damit die Situation der Katzenpopulation noch
verschlechtern? Das Problem ist, wir haben keinen Plan B mehr. Wir
stehen mit dem Rücken an der Wand. Manchmal denke ich darüber nach,
dass man die ganzen Tiere, die hier nicht mehr unterkommen, einfach
mal ins Rathaus bringen sollte", lässt Kassner ihrem Frust freien
Lauf.
Anzahl der Hundebesitzer / Anzahl der Hunde (Stichtag 30.06.)
2019: 983 / 1.115
2020: 985 / 1.112
2021: 1.016 / 1.163
2022: 1.029 / 1.157
2023: 1.001 / 1.132
Einnahmen (gerundet):
2019: 80.700,00 €
2020: 79.900,00 €
2021: 86.100,00 €
2022: 84.900,00 €
2023: 81.900,00 € (Stand: 05.10.23)
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Rekordeinnahmen bei Hundesteuer
Kommune profitiert, Tierschutz verliert
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