Das Schaumburger Wochenblatt im Gespräch mit der
Landtagsabgeordneten Colette Thiemann (CDU), dem
Kreishandwerksmeister Dieter Ahrens und dem Transportunternehmer
Stefan Kauffeld Gravierende Änderungen in der Berechnung der
Mautgebühren für die Nutzung von Bundesstraßen und Autobahnen sowie
die Einführung eines neuen Tarifmerkmals, dem CO2-Aufschlag,
bereiten nicht nur Transport- und Logistikunternehmern
Schweißperlen auf die Stirn. Auch die mittelständischen
Handwerksbetriebe sind zumindest teilweise davon betroffen. Grob
zusammengefasst kostet seit dem 1. Januar 2023 nach einer
Mautanpassung ein in Euro 6 (der besten Klasse) eingestufter Lkw
über 18 Tonnen 19 Cent/km. Ab dem 1. Dezember werden für diesen Lkw
34,8 Cent/km fällig. Mit der Einführung eines neuen Tarifmerkmals
wird ein CO2-Aufschlag von 200 Euro/Tonne CO2 erhoben. In
Deutschland liegt dieser Aufschlag sogar noch 90 Euro über den in
der EU geltenden Richtlinien. Weitere Änderungen werden zu beginn
des neuen Jahres wirksam. So entfällt die Mautbefreiung für
umweltfreundlicher betriebene LNG-Gas-Lkw und ab dem 1. Juli werden
Fahrzeuge über 3,5 Tonnen mautpflichtig.
Colette Thiemann, heimische Landtagsabgeordnete der CDU, bewertet
das Vorgehen der Bundesregierung als eine "… verdeckte
Querfinanzierung des Bahnausbaus." Ihrer Ansicht nach werden die
zusätzlichen Einnahmen nicht in die Sanierung von Straßen oder der
vielen sanierungsbedürftigen Brücken fließen, sondern in die
Finanzierung der Schiene. "Es gilt aber die Grundaussage: Straße
finanziert Straße!" Die Produkte werden teurer, weil die Betreibe
die Kosten auf die Kunden umlegen müssen, so glaubt die
Landespolitikerin, am Schluss zahlt der Endverbraucher und das in
Zeiten der Inflation.
Mit Blick auf die einheimische Bevölkerung sieht Thiemann eine
Steuererhöhung für Benzin und Diesel, dass es die Menschen trifft,
die sowieso keine Möglichkeiten zum Ausweichen haben. Fahrten zum
Einkauf, zu Behörden oder auch zum Krankenhaus. "Wieder einmal ist
der ländliche Bereich Verlierer der verkehrswende," stellte sie
unumwunden fest. Weitere Verlierer seinen die Geringverdiener. Sie
können sich kein E-Auto kaufen und haben keine Wallbox.
Letztendlich würden auch die Arbeitsplätze in Schaumburg für
Bewerber von außerhalb deutlich unattraktiver, wenn die Fahrtkosten
weiter steigen.
Für Kreishandwerksmeister Dieter Ahrens, selbst Eigentümer eines
Handwerksbetriebes mit über 60 Mitarbeitern und einem Fahrzeugpark
von 40 Pkw und Transportern plus 14 Anhängern, hat die Mauterhöhung
direkt erst einmal nur wenig Auswirkung. Seine Handwerkerfahrzeuge
fahren bisher noch mautfrei. Die zusätzlichen Kosten für seine
Zulieferfirmen würden jedoch auf seine Kosten umgelegt und er müsse
diese dann an den Endkunden weitergeben. Das betrifft die meisten
der etwa 1.800 Handwerksbetriebe im Landkreis. Vielfach würden
heute bereits Anlieferungspauschalen zwischen 20 und 40 Euro
berechnet. Ein Umstieg auf elektrisch betriebene Klein-Lkw ist aus
verschiedenen Gründen nicht möglich. Zum einen sind diese
angebotenen Transporter erheblich teurer, als Diesel oder Benziner.
Zum Zweiten ist eine erforderliche Ladestruktur in Deutschland
nicht vorhanden. Nach einer Fahrt im Landkreis müsste das Fahrzeug
über Nacht geladen werden. Um die entsprechende Zahl von Ladesäulen
zu betreiben ist ein teurer Trafo erforderlich. Drittens wird das
Handwerk extrem benachteiligt. Förderprogramme für Infrastruktur
werden am Handwerk vorbei herausgegeben. Ein neu aufgelegtes
Förderprogramm für Klein- und Mittelständische Betriebe geht völlig
am Bedarf vorbei, da dieses erst für Schnellader über 50 Kw/h gilt.
Diese benötigen wieder Trafos und werden im Alltagsbetrieb nicht
benötigt. Mit einem simplen Rechenbeispiel zeigte der
Photovoltaik-Spezialist auf, warum auch er nicht auf E-Transporter
umstellt. Ein 4,5-tonner kann etwa 1.000 kg zuladen. Das reicht
möglicherweise für die Arbeit auf einer Baustelle aus. Unter guten
Bedingungen und im Sommer benötigt solch ein Fahrzeug etwa 40 Kw/h
pro 100 Kilometer, ohne Anhänger. Damit erreicht der Transporter
nicht annähernd die für seine Arbeitsstellen erforderliche
Reichweite von mindestens 300 Kilometern. Seiner Meinung nach ist
die Entwicklung in der Bevölkerung noch gar nicht richtig bekannt.
"Ich bin zwar Innungsmeister, spreche aber für alle
Handwerksbetrieb in Schaumburg," so sein Statement. "In den
Unternehmen arbeiten circa 10.000 Mitarbeiter und ungefähr 800
Auszubildende."
Noch erheblich gravierender stellt sich aus Sicht des Transport-
und Logistik-Unternehmers Stefan Kauffeldt die Lage für den
Schwerlastverkehr dar. Als Geschäftsführer des 2003 von seinem
Vater gegründeten Unternehmens, ist er Chef von 68 Mitarbeitern. Im
täglichen Betrieb fahren 48 Lkw als Kipper, Silozüge sowie mit
Aufliegern, deren Seitenflächen zur Beladung komplett geöffnet
werden können. Diese werden häufig in der Glasindustrie eingesetzt
und müssen damit quasi rund um die Uhr im schichtbetrieb fahren.
Für das Gespräch mit dem Schaumburger Wochenblatt hat der
Transportunternehmer einmal Zahlen allein für die Mautgebühren
hochgerechnet. Nach der bisherigen Berechnung zahlt Kauffeld etwa
740.000 Euro an jährlicher Maut. Nach der Festsetzung der neuen
Mautgebühren sind es dann 1.354.200 Euro - eine Steigerung von 83
Prozent. Kauffeld ist derselben Ansicht, wie der Gesamtverband des
Verkehrsgewerbes Niedersachsen (GVN). "Das ist quasi eine
Steuererhöhung!"
Da es am Markt kaum emissionsfreie Lkw und erst recht keine
entsprechende Tank- und Ladeinfrastruktur gibt, gleicht die
Mautverdoppelung einer Steuererhöhung. In Stefan Kauffelds
Fahrzeugpark befinden sich bereits sechs Zugmaschinen, die mit
LNG-Antrieb versehen sind. Ab Januar sind auch diese mautpflichtig.
Er möchte gern auf Bio-LNG umstellen, da damit etwa 90 Prozent CO2
eingespart werden könne. Genau diese sechs Zugmaschinen musste der
Unternehmer vor einiger Zeit stilllegen. Der Kg-Preis für LNG-Gas
war von 83 Cent/kg auf 5,39 Euro geklettert. Jeder Lkw hätte damit
einen fünfstelligen Betrag an Verlust eingefahren. Kauffeld und die
meisten anderen Verbandsmitglieder sind der Ansicht, dass sie etwas
für das Klima tun müssen. Auch er stimmt für einen CO2-Aufschlag,
aber in angemessener Höhe von 100 Euro/Tonne. Zusätzliche
finanzielle Belastungen für das Transportgewerbe müssen auf die
Kunden umgelegt werden. Damit zahlt dann am Ende wieder jedermann,
beschreibt er die Situation. Er würde gern auf Zugmaschinen mit
emissionsfreien Antrieben umstellen. Elektrisch oder mit
Wasserstoff betriebene Lkw kosteten zurzeit etwa das 3 1/2-fache,
statt 150.000 circa 700.000 Euro. Eine erforderliche
Ladeinfrastruktur mit Lademöglichkeiten von mindestens 150 Kw/h,
fehlt nahezu völlig. Mit der angekündigten turnusgemäßen Erhöhung
der nationalen CO2-Abgabe auf fossile Energie (Benzin und Diesel)
zum 1. Januar 2024, erhöht sich der Dieselpreis um rund fünf
Cent/Liter. Im Schnitt verbraucht sein Fuhrpark circa 1.300.000
Liter im Jahr. In der Summe schlagen die veränderten Mautgebühren
mit der Erhöhung der CO2-Abgabe mit über 700.000 Euro zu Buche.
"Das kann ein mittelständischer Betrieb nicht schaffen. Wir müssen
die Kosten umlegen," lautet sein Fazit. Mit der Einführung der Maut
im Jahr 2005 wurden ausländische Schwerlastunternehmer an den
Kosten für Reparatur und Ausbau des Straßennetzes beteiligt. Wie
auch Colette Thiemann bereits bemängelte, die Mehreinnahmen würden
nun vorrangig der Bahn zugutekommen.
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Mauterhöhung und CO2-Steuer
Was bedeutet das für die heimischen Unternehmen?
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