Aus heutiger Sicht kann man es kaum noch nachvollziehen, dass
sich durch Weser- und Klosterstraße vor etwas mehr als 20 Jahren
noch Schwerlastverkehr, Busse, Pkw, Motorräder und auch Radfahrer
und Fußgänger den knapp bemessenen Verkehrsraum der Bundesstraße
238 teilen mussten. Dort, wo heute in entspannter Atmosphäre
autofrei geschlendert werden kann, herrschte ein regelrechtes
Verkehrschaos mit Staus von rund 17.000 Fahrzeugen pro Tag,
Parksuchverkehr und Fußgängern, die sich den Weg durch die Autos
beim Überqueren der Straße bahnen mussten. Ihnen, den Fußgängern,
blieb ein der Straße abgeknappster Bürgersteig, der im Bereich des
Übergangs von Weser- auf Klosterstraße so eng war, dass gerade
einmal ein Kinderwagen ohne Gegenverkehr geschoben werden konnte.
Genau dort gab es auch eine Ampelregelung. Das ist alles Schnee von
gestern. Heute ist der vorhandene Platz den Fußgängern und
Radfahrern vorbehalten und am 23. September soll jetzt das
20-jährige Jubiläum der Einweihung der Fußgängerzone gefeiert
werden. Die Geburt war ein schwerer Akt
Doch vor der Realisierung der Fußgängerzone, übrigens ein
Herzensprojekt des ehemaligen Bürgermeisters Karl-Heinz Buchholz,
hatte es ein zähes Ringen darum gegeben. Bereits als 1982 der
Kirchplatz und 1984 der Marktplatz umgestaltet und verkehrsfrei
gehalten wurde, befürchteten Geschäftsleute um ihre Existenz, da
die Kunden nicht mehr mit dem Auto vor das Geschäft fahren konnten.
Ein Trugschluss, wie sich herausstellen sollte, denn die
Fußgängerzone belebte vielfach die Geschäfte. 1992, in einer
denkwürdigen Ratssitzung, fiel dann der Beschluss zum Bau einer
Fußgängerzone. Nur durch ein Mitwirkungsverbot von betroffenen
Ratsmitgliedern konnte sich die Minderheit der SPD im Rat damals
durchsetzen. Allerdings dauerte es noch fast zehn Jahre, bis der
Beschluss auch umgesetzt wurde.
Verkehr ist wie Wasser
Hauptgrund für die Verzögerungen beim Bau der Fußgängerzone war
nicht nur die mit 2,3 Millionen Euro große finanzielle Belastung
der Stadt durch die Baumaßnahmen, sondern der Verkehr. Der musste
irgendwo hin und die Ostumgehung, das stand schnell fest, reichte
nicht aus, um die gesamten Verkehrsströme aufzunehmen. Eine
westliche Entlastungsstraße musste her und die wurde im Juli 2001
durch den damaligen Innenminister Heiner Bartling, Bürgermeister
Karl-Heinz Buchholz, der damaligen Verkehrsministerin Dr. Susanne
Knorre und der stellvertretenden Landrätin Helma Hartmann-Grolm
eröffnet. Alle Feldversuche mit Einbahnstraßenregelungen und
Sperrungen hatten nicht zu der gewünschten Entlastung geführt und
wurden in Folge eingestellt. Nur die Einbahnstraßenregelung im
Bereich Ritterstraße, Teilen der Brennerstraße und Bäckerstraße
blieb bestehen.
Die Köpfe des Erfolgs
Zuständig für die Bauarbeiten war der damalige Baudezernent
Reinhold Koch. Ihm zur Seite standen Tiefbauamtsleiter Helmut
Leppin und Bauleiter Volker Kierat. Nachdem der politische Wille
zur Umsetzung der Fußgängerzone gefällt und die Umgehungsstraße
West eingeweiht war, lag es jetzt an ihnen, die 370 Meter lange
Fußgängerzone so zu gestalten, dass sie von hoher
Aufenthaltsqualität für die Nutzer ist. Und da gab es zuerst einmal
die Frage des Bodenbelags, denn der ist zum einen entscheidend bei
der Frage der Kosten, zum anderen muss der Belag auch die
Jahrzehnte überstehen und dabei auch ordentlich belastbar sein.
Denn Rinteln wollte auch weiterhin seine Altstadtkirmes mitten im
Herzen der Stadt feiern und dazu mussten immer wieder auch
Schwerlastfahrzeuge durch die Stadt fahren können. Die Entscheidung
fiel auf chinesischen Granit. Dazu Straßenlaternen, die durch
Befragung der Bürger ausgesucht wurden, bepflanzbare Stelen, die
heute noch viel Zuspruch finden, Sitzmöglichkeiten, Fahrradständer,
Bäume und natürlich das offene Kanalssystem mit Fließgewässer, für
das Reinhold Koch sich in Freiburg inspirieren ließ. Am nördlichen
und südlichen Eingang der Fußgängerzone entstanden Parkhäuser
(Pferdemarkt und Klosterstraße). Viele Touristen, die heute durch
die Rintelner Innenstadt schlendern, sehen die Fußgängerzone als
besonders gelungen an. Das, was uns als "Alt-Rintelnern"
mittlerweile schon als Selbstverständlichkeit erscheint, ist mit
Blick von außen ein echtes Juwel, neben der Lage an der Weser und
am Fuße des Wesergebirges.
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Eine zukunftsweisende Entscheidung nach politischem Hürdenlauf
Die Fußgängerzone kann als Erfolgsgeschichte verbucht werden und feiert ihren 20. Geburtstag
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