Nichts hat sich seit meiner Schulzeit verändert. Am Tag der
Einschulung steht der kleine Mensch mit glänzenden und neugierigen
Augen vor dem Tor der Schule, spätestens in der 8. Klasse singt er
das alte Lied von Extrabreit und freut sich über jede Freistunde.
Nein, das stimmt nicht, es hat sich doch was verändert. Wir "Alten"
erzählen heute mit glasigen wehmütigen Augen von den freien
Nachmittagen, an denen wir Buden gebaut oder schwarz geangelt
haben. Heute dürfen die Kleinen von morgens bis zum Nachmittag in
die Schule gehen - wunderbar! Fragt sich nur für wen.
Der freie Geist der Kindheit scheint immer mehr verloren zu gehen.
Der Geist, der entdeckt ohne Club, der singt ohne spotify, spielt
ohne Leistungsgedanken, hört ohne "airpods", sich langeweilt ohne
"kika" und vor sich hinträumt, weil Zeit im Überfluss vorhanden
ist; der freie Geist, der die Welt jenseits von Messbarkeit,
Effektivität, organisierte Action oder Konsum erlebt.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, habe ich den Einschulungsgottesdienst
heute in der Stadtkirche bereits durchgeführt und den Kindern die
Hände mit einem Segenswort aufgelegt. Ich wünsche allen
Erstklässlern, dass dieser Geist, den ich Geist Gottes nenne, sie
begleiten und nie verlassen möge. Das er ihnen immer ein Geschmack
von dem gibt, was größer ist als das Organsierte, Faktische und
Messbare; dass er ihnen ein bleibendes Gespür für die wertvolle
Wertlosigkeit schenkt und den Himmel öffnet; das gehört zum wahren
Wesen des Menschen, zum Geheimnis des Lebens und ist unendlich
kostbar, weil man diesen Geist nicht kaufen kann.
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„Hurra, hurra, die Schule…“
Jan-Uwe Zapke, Pastor der Ev.-Luth. Stadtkirchengemeinde Bückeburg
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