Die Rettung von Rehkitzen hat dank dem Einsatz von Drohnen eine
neue Dimension erreicht. Anstatt Felder und Wiesen zu Fuß absuchen
zu müssen, können Drohnen in kürzester Zeit große Flächen
überfliegen und versteckte Rehkitze aufspüren. Ausgestattet mit
hochauflösenden Kameras und Wärmebildtechnologie ermöglichen sie
eine präzise Ortung der Tiere, selbst wenn sie sich in hohem Gras
oder dichtem Unterholz verstecken. Dies gewährleistet nicht nur die
Sicherheit der Rehkitze, sondern erhöht auch die Effizienz der
Rettungsaktionen erheblich.
So hat Anja Fuhrberg, die sich seit über 12 Jahren für die
Rehkitzrettung engagiert, vor vier Jahren noch ein 2,5 ha zu Fuß
durchsucht und dafür in etwas zehn Stunden benötigt. "Die Suche hat
sich gelohnt", erinnert sich Fuhrberg. "Wir konnten damals sechs
Kitze in einer Wiese am Waldrand finden und vor dem sicheren Mähtod
retten".
Zeit ist Geld
Für Landwirte und Lohnunternehmer ist Zeit jedoch mit Geld
gleichzusetzen. Der jüngste Fall im Rintelner Ortsteil Ahe, bei dem
ein Landwirt wissentlich ein nicht abgesuchtes Feld abgemäht hat
und dabei ein Rehkitz tödlich verletzte (wir berichteten), ist
vermutlich vor diesem Hintergrund zu betrachten. Hier wurde nach
Sichtung der Ricke im Feld billigend in Kauf genommen Kitze zu
vermähen.
Mähdrescher sind teuer, zum Teil nur für bestimmte Zeitfenster
gemietet, und sie bringen nur Geld, wenn sie auch laufen. So hält
sich hartnäckig das Gerücht, dass für die Rettung von ein paar
Kitzen mehrere Stunden Stillstand notwendig sind. Wirtschaftlich
betrachtet wäre das für Landwirte eine Katastrophe. Vielen ist in
diesem Zusammenhang nicht bekannt, welchen Innovationsschub die
Rehkitz-Suche durch den Einsatz von Drohnen erfahren hat. Die
Drohne überfliegt mit ihrer empfindlichen Wärmebildkamera das Feld
in einer Höhe von 40-80 Metern und filmt dieses rasterartig ab. Ein
2,5 ha großes Feld kann dadurch binnen zehn Minuten kontrolliert
werden. "Eine immense Zeitersparnis, die wirklich einen
Akzeptanzschub bei den Landwirten hervorgerufen hat", weiß Nick
Büscher vom NABU zu berichten. Dieser Vorgang muss sehr früh am
Morgen stattfinden, da sonst die Umgebung zu warm wird, um den
Kontrast zwischen Rehkitz und Lufttemperatur auf der Kamera richtig
darzustellen. Auch dies ist ein Vorteil, da zu so früher Stunde
noch kein Mähdrescher seine Arbeit aufnimmt.
+++ sinnvolle Einsätze das ganze Jahr+++
Die Nabu hat sich in Zusammenarbeit mit der Niedersächsischen
Bingo-Stiftung entschlossen, die Rehkitzrettung zu unterstützen und
eine weitere DJI-Drohne angeschafft, die der Kreisjägerschaft im
Mai und Juni zur Verfügung gestellt wird. Während der anderen Zeit
werden Drohnen auch für das Naturschutzmonitoring und weitere
Ökologieprojekte eingesetzt. "Das hat sehr geholfen" kommentiert
Julian Kelterborn. Er ist Unternehmer und ehrenamtlicher
Drohnenpilot aus Bad Nenndorf. Seine Drohne landete in einem Baum
und musste zur Reparatur eingeschickt werden. In dieser Zeit konnte
er auf die Nabu-Drohne zurückgreifen und so alle Flugaufträge
abarbeiten. In der nächsten Saison wünscht sich Julian Kelterborn
mehr in der Region Rodenberg, Bad Nenndorf und Auetal unterwegs zu
sein. Dafür hat er sogar einen Verein gegründet "Kitzrettung
Nenndorf e.V" um weitere Drohnen für das Projekt anschaffen zu
können.
Ebenso sei das Engagement von Rudi Schnecker aus Hagenburg
hervorzuheben. Er arbeitet ebenfalls mit seiner eigenen Drohne im
Team der und hilft bereits seit vielen Jahren Kitze zu retten. Im
Durchschnitt fahren die Teams 1000 km pro Saison mit dem Auto von
Feld zu Feld. Je mehr Piloten zur Verfügung stehen desto effektiver
können die Gebiete aufgeteilt werden. Fahrzeit ist in diesem Fall
kostbar!
Das ehrenamtliche Team, das sich auf den Such-Einsatz macht,
besteht in der Regel aus 3-4 Personen: Einen Drohnenpiloten, 1-2
Läufern, die im Falle der Entdeckung zum Kitz gehen, um dies
vorsichtig in Kartons zu setzen und dem Jagdpächter, der für das
Zurücksetzen der Fundtiere nach der Mahd verantwortlich ist.
"Leider kommt es nicht selten vor, dass sehr ambitionierte Wanderer
Rehkitze aus den Kartons entfernen, da sie denken, sie seien dort
nicht in der Lage, ihre Ricke zu finden", erklärt Nick Büscher.
Darüber hinaus ergänzt er: "Wer in solchen Situationen Kitze aus
dem Karton setzt, sorgt dafür, dass diese wieder zurück zu ihrem
Versteck laufen und dem Mähtod zum Opfer fallen".
Ausbildung ist notwendig
Für das Steuern einer Drohne sind jedoch auch gewisse
Voraussetzungen zu erfüllen. So muss zum Beispiel ein Drohnenpilot,
bevor er an die Fernsteuerung darf, über die dementsprechende
Sachkunde verfügen und einen Drohnenführerschein der Klassen A1 und
A3 besitzen.
Darüber hinaus ist für das Überfliegen vieler Gebiete eine
Genehmigung notwendig. Dies ist zum Beispiel in Bückeburg der Fall,
wenn Felder abgesucht werden müssen, die in der Einflugschneise des
Achumer Fliegerhorstes liegen. "Das Verhältnis zum Fliegerhorst ist
sehr gut und es gab noch nie Probleme, auch wenn wir einmal spontan
tätig werden mussten", so Guido Hiller, Geschäftsführer der
Kreisjägerschaft und ehrenamtlicher Drohnenpilot. Es ist jedoch
wichtig zu beachten, dass die meisten Landwirte für die
Rehkitz-Rettung sind. Viele Landwirte engagieren sich aktiv für den
Tierschutz und unterstützen die Bemühungen, die Sicherheit und das
Wohlergehen von Wildtieren in landwirtschaftlichen Gebieten zu
gewährleisten. Die Zusammenarbeit zwischen Tierschutzorganisationen
und Landwirten ist entscheidend, um Lösungen zu finden, die sowohl
den Tierschutz als auch die landwirtschaftlichen Bedürfnisse
berücksichtigen.
Junge Menschen engagieren sich
Laura Thielke zum Beispiel ist eine 14-jährige Schülerin (Foto),
die das städtische Gymnasium in Porta besucht. Sie ist quasi jedes
Wochenende im Einsatz und hilft bei der Kitzrettung. Sie möchte
später einmal Notfallsanitäterin werden. Von zuhause aus ist sie
sehr tierlieb, hat drei Ziegen und reitet gern auf dem elterlichen
Bauernhof. Auch Ute Konietzko aus Hülsede engagiert sich
ehrenamtlich für die Rehkitzrettung. Sie nimmt längere Strecken
nach Rinteln und Bückeburg auf sich, um bei der Rettung der
Rehkitze in den frühen Morgenstunden zu unterstützen.
Die Bilanz kann sich sehen lassen. Mit der Kreisjägerschaft, den
Drohnenpiloten und den Helfern wurden in dieser Saison rund 350
Rehkitze in Schaumburg vor dem sicheren Mähtod gerettet.
Die Kreisjägerschaft Schaumburg bedankt sich an dieser Stelle bei
allen Landwirten, die mitgemacht haben Kitze zu retten, bei allen
Jagdpächtern die Ihre Unterstützung angeboten haben und bei allen
Piloten und Helfern für den unermüdlichen Einsatz in den frühen
Morgenstunden.
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Zehn Stunden gegen zehn Minuten
Die Kreisjägerschaft Schaumburg rettet in dieser Saison 350 Rehkitze vor dem sicheren Mähtod
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