Was sind Sie für ein Gartentyp und können Sie es ertragen, dass
in Ihren Beeten "Unkraut" steht? Natürlich wissen wir alle, dass es
keine nutzlosen Pflanzen und damit auch keine "Unkräuter" gibt, die
Menschen eben nur so nennen, weil sie mit Giersch und Co wenig
anzufangen wissen und sich über ihre fröhliche Ausdehnung in den
schönen Beeten ärgern. Also sprechen wir besser von "Wildkräutern".
Aber zurück zur Ausgangsfrage: Muss auf Ihren Gemüse- und
Blumenbeeten neben den erwünschten Pflanzen am liebsten nur braune
Erde zu sehen sein oder dürfen da auch Wildkräuter wachsen?
Auf meinem Gemüsebeet entferne ich im Frühjahr alle Wildkräuter und
frage mich jedes Jahr dabei, wieso so viele von ihnen schon wieder
da sind. Wenn ich es dann geschafft habe und der Boden schön
gehackt und aufgelockert ist, freue ich mich über die herrlich
braune Erde, auf der leider nur in diesem kurzen Augenblick kein
unerwünschtes Grün zu sehen ist. Spätestens wenn die Kartoffeln
angehäuft sind, werde ich nachsichtiger mit den Wildkräutern und
gebe meine Illusion vom perfekten Kartoffelbeet auf.
Jesus spricht in einem Gleichnis vom Unkraut im Weizen. Mit dem
Kraut ist wohl der "Taumellolch" gemeint, eine weizenähnliche
Pflanze, die bei Verzehr beim Menschen Unwohlsein und
Taumel/Schwindel auslösen kann. Im Gleichnis fragen die Knechte den
Hausherrn, ob sie den unerwünschten Gast im Weizenfeld nicht
ausjäten sollten. Überraschenderweise wird die Anfrage von ihm
verneint, weil er befürchtet, dass dann auch die Pflanzen, die gute
Früchte tragen, mitrausgerissen werden könnten. Beides solle bis
zum Tag der Ernte wachsen und dann würde die Trennung erfolgen. Der
Weizen käme in die Scheune und das andere Kraut ins Feuer.
Das Gleichnis kann ich auf mich und den Umgang mit anderen Menschen
übertragen. Kann ich Unkraut in mir, d.h. Schattenseiten, unschöne
Eigenschaften und Fehler, erst einmal stehen lassen? Oder möchte
ich sie am liebsten schnell aus meinem Sichtfeld haben, weil es so
schwerfällt, sie zu ertragen? Ist das Bild eines schönen inneren
Gartens, aus dem alles, was mich stört, rausgerupft ist, zu
verlockend, am Ende aber eine irreführende und wenig hilfreiche
Illusion?
Der Hausherr, und damit ist Gott gemeint, hat jedenfalls mehr
Geduld - auch mit dem Unkraut in mir. Er vertraut darauf, dass das
Gute schon wachsen und sich weiterentwickeln wird, auch wenn er
meine Schattenseiten kennt. Kann ich mich auch so akzeptieren, so
bedingungslos, wie Gott mich annimmt?
Ich möchte mich vom Hausherrn und seiner Gartenkunst inspirieren
lassen und versuchen, mehr Geduld mit mir und auch mit meinen
Mitmenschen zu haben, deren Wildwuchs und Schattenseiten mich
schnell aufregen. Auch sie erst einmal stehen lassen. Sie ebenfalls
so annehmen, wie sie sind - und sie nicht in (m)ein Bild pressen,
das letztlich nicht zu ihnen passt. Wir müssen weder das Unkraut
aus uns selbst noch aus anderen herausrupfen. Wir dürfen uns und
andere mit den Augen Gottes, mit etwas mehr Sanftmut und
Barmherzigkeit anschauen. Oft helfen nämlich die einen beim anderen
so nervenden Schwächen sehr schön dabei, den eigenen, meist sehr
ähnlichen, auf die Schliche zu kommen. Einen guten und geduldigen
Umgang mit Kräutern aller Art im Garten und auch anderswo
wünscht,
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Einen guten und geduldigen Umgang mit Kräutern
Pastor Falk Nisch, Beckedorf
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