Auch in Schaumburg blieben am Mittwoch, 14. Juni die Apotheken
anlässlich des bundesweiten Aktionstages geschlossen. Lediglich die
"Notdienst-Apotheke", die Bärenapotheke in Stadthagen, hatte für
unaufschiebbare Medikamentenversorgung geöffnet. Hier, in der
Bahnhofstraße, hatten sich zeitweise bis zu 40 Inhaber und
Mitarbeiterinnen für die Protestaktion getroffen. Matthias
Götzlaff, Inhaber der "Flora-Apotheke" in Haste, hatte gemeinsam
mit der Inhaberin der "Linden-Apotheke" in Lindhorst, Ulrike Peter,
die Organisation für die Kundgebung in Stadthagen übernommen.
Götzlaff ist Vorstandsmitglied und Bezirksvorsitzender im
Apothekerverband Niedersachsen, Ulrike Peter ist nebenbei die
Bezirksapothekerin bei der Apothekerkammer Niedersachsen. Im
Gespräch machten die beiden Apotheker die Misere ihrer Branche in
Deutschland deutlich. Eine völlig überzogene Bürokratie macht die
tägliche Arbeit sehr viel schwerer. Die pandemiebedingten einzelnen
Erleichterungen bei der Abgabe von Medikamenten enden am ersten
August. Danach dürfen Rezepte nur noch genauso ausgegeben werden,
wie diese vom Arzt verordnet wurden. Hat dieser beispielsweise eine
Packungsgröße von 40 verschrieben, darf die Apotheke nicht auf zwei
20er-Packungen ausweichen, wenn die größere Packung nicht lieferbar
ist. Erst nach telefonischer Rücksprache mit der Praxis, darf der
Wechsel vorgenommen werden. Bereits heute sorgt der Aufwand für
eine erhebliche Mehrarbeit und stresst die Mitarbeiter in den
Apotheken wie auch in den Praxen. Für viele Medikamente existieren
Verträge mit Herstellern - diese können vielfach nicht liefern und
ein Ausweichen auf ein identisches Präparat ist ab August ebenfalls
nicht einfach so möglich. Ein nächster Kritikpunkt der Branche ist
die seit 2013 nicht mehr erfolgte Honoraranpassung - das Fixum,
welches die Apotheke für ein Präparat erhält. Anhand einer
Statistik zeigte Matthias Götzel Vergleichszahlen auf. Ausgehend
von einem Index von 100 aus dem Jahr 2004, weisen die Einnahmen der
Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) heute einen Index von
205,2 auf. Der Index für das Brutto-Inlandsprodukt stieg auf 181,0,
die Tariflöhne für das Personal auf 152,3, der Index der
Inflationsrate liegt im Vergleich bei 145,7 und die
Apothekenvergütung bei einem Index von 118,8. Dieser ist in den
vergangenen zwei Jahren sogar gefallen.
In Schaumburg existieren heute 33 Apotheken - das ist der Stand
der 80er - Jahre
Aufgrund von Geschäftsaufgabe, fehlender Nachfolge, hatten auch in
Schaumburg eine Reihe von Apotheken geschlossen. Obernkirchens
Bürgermeisterin Dörte Worm-Kressin war nach Stadthagen gekommen, um
mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen. In der Bergstadt ist
von vormals vier Apotheken lediglich eine geblieben. "Die
Apothekenvorsoge ist im ländlichen Raum besonders wichtig", so ihr
Statement. Auch Oliver Theiß, Bürgermeister von Stadthagen,
besuchte die Aktion in der Bahnhofstraße. "Es gibt Missstände in
diesem Land und ich sehe es als meine Aufgabe, mich zu informieren.
Dabei will ich mir Informationen aus erster Hand holen", schilderte
Theiß seine Motivation für sein Erscheinen. Axel Wohlgemut und
Aileen Borschke waren aus den gleichen Gründen aus Bückeburg und
Niedernwöhren nach Stadthagen gekommen.
Mit Transparenten und Plakaten machten die
Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA),
Pharmazeutisch-kaufmännischen Assistenten PKA), sowie
Apothekeninhaber aus allen Bereichen Schaumburgs sowie aus
Steinhude auf die Missstände aufmerksam. Eine außergewöhnliche
Geschichte zum Thema Lieferengpässe berichtete Kerstin Peters, PKA
in der "Glückauf-Apotheke" in Lindhorst. Lesen Sie dazu die Story
in dem Extra-Kasten.
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Apotheker-Protesttag – Kundgebung in Stadthagen
Bürokratie, Lieferengpässe und seit Jahren fehlende Honoraranpassung stehen in der Kritik
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