1. Mischen wir uns in diese Debatten ein

    Magnus Kaatz, Küster, Leiter Ortsteam, Obernkirchen

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    Würden Sie gerne einmal in eine andere Zeit reisen? Ich weiß natürlich, dass das nicht möglich ist, aber die Frage kann ja doch gestellt werden. Mir wird sie manchmal von einem Freund gestellt. Er denkt sich dann, dass ich die Zeit, in der Jesus gelebt und gewirkt hat, auswählen würde. Dann könne ich ja sehen, wie es wirklich war mit seinen Wundern - und vor allem mit seinem Tod und seiner Auferstehung. Ich antworte dann immer, dass mir mein Glaube ausreicht - das Zeugnis der Bibel, das Zeugnis derer, die vor mir den Glauben gelebt haben. Zumal die Bibel besser überliefert ist als nahezu alle Autoren der Antike, die heute noch im Lateinunterricht übersetzt werden müssen - als Lateinlehrer weiß das auch mein Freund. Allerdings bleibt es beim Glauben. Zwar wird niemand die historische Existenz von Jesus leugnen - dafür gibt es genug außerbiblische Zeugnisse. Was dieser Jesus aber für mich und mein Leben bedeutet - diese Frage muss ich mir schon selbst beantworten. Diese Frage muss jede, muss jeder für sich selbst beantworten. Und sicher wäre es für den eigenen Glauben hilfreich, mehr Gewissheit zu haben. Dieser Wunsch nach Gewissheit ist ganz menschlich. Und diesen Wunsch hatte nach dem Osterereignis sogar einer der engsten Freunde Jesu, der mit ihm durch das Land gezogen war - der Apostel Thomas. Er war, so berichtet es der Evangelist Johannes, nicht dabei, als sich Jesus den Aposteln ein erstes Mal zeigte. Und er konnte dem Zeugnis seiner Freunde nicht glauben, er antwortete ihnen: "Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht." Acht Tage darauf trat Jesus wieder in ihre Mitte. Thomas war dabei, konnte Jesus berühren und glaubte. Für mich gilt der Satz, den Jesus dann sagte: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben."
    Ich kehre zu meiner Ausgangsfrage zurück. Die Zeitmaschine ist noch nicht erfunden und wird auch nicht erfunden werden. Und wenn ich in eine Zeit zurückreisen könnte, würde ich mir ohnehin eine andere Zeit aussuchen. Denn für die Existenz Jesu und seine Relevanz für mein Leben muss ich nicht in seine Zeit zurückversetzt werden. Sie fragen sich jetzt, in welche Zeit ich gerne einen genaueren Blick werfen würde? In welcher Zeit ich den Debatten gerne gelauscht hätte und vielleicht auch gerne aktiv teilgenommen hätte? Es wäre die Zeit, in der das, was Christinnen und Christen an diesem Sonntag feiern, definiert worden ist. Wir feiern nämlich den Dreifaltigkeitssonntag. Als Christen verehren wir einen Gott in drei Personen - den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Gut dreihundert Jahre nach Jesu Leben, Tod und Auferstehung wird genau darüber diskutiert. Das Christentum ist nicht mehr eine verfolgte Religion. Kaiser Konstantin erlaubt es den Christen, ihren Glauben zu praktizieren, und später wird dieser Glaube sogar zur Staatsreligion. In dieser Zeit - nämlich im vierten und fünften Jahrhundert - werden entscheidende Dinge des christlichen Glaubens formuliert - so die beiden Glaubensbekenntnisse, die Grundlage des gemeinsamen christlichen Glaubens über unsere Konfessionsgrenzen hinweg sind.
    Das Ringen um diese Texte fand damals nicht in geheimen theologischen Zirkeln statt. Es wurde ganz öffentlich ausgetragen - auf Konzilien, aber auch auf den Marktplätzen der Städte. Das stelle man sich heute mal vor, dass sich nicht nur Kirchenleitungen und Theologen darüber auseinandersetzen, sondern auch unsere Politikerinnen und Politiker und jede, jeder von uns. Damals aber hatten diese Diskussionen eine solche Relevanz. Ob es unbedingt gut war, dass sich die Kaiser damals einmischten? Natürlich ging es dort auch um Macht. Dennoch würde ich mir heute manchmal wünschen, dass die christliche Religion mehr Relevanz hätte. Dass Menschen nicht nur auf den Vater, Sohn und Heiligen Geist getauft werden, sondern dass dieser eine Gott in drei Personen eine größere Rolle im Leben der Menschen spielt. Ich sage das deshalb, weil ich für mich erkannt habe, dass ich durch mein Leben viel besser mit diesem Gott gehen kann als ohne ihn.
    An den Diskussionen von damals kann ich in der Rückschau nur mit Hilfe von Büchern teilnehmen. An den Diskussionen von heute kann ich mich aktiv beteiligen. Und zwar als Christ und mit dem, was ich glaube und für gut und richtig halte. Und da gibt es genug Themen, die mir da einfielen und die teils auch heute auf unseren Marktplätzen diskutiert werden: die Bewahrung der Schöpfung, der Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum Tod, die Diskussionen um gerechten Krieg und gerechten Frieden. Mischen wir uns als Christinnen und Christen in diese Debatten ein!
    Ich wünsche Ihnen einen schönen Dreifaltigkeitssonntag!

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