Der Pandemieeffekt, der Straftaten drastisch zurückgehen ließ,
ist verpufft. Die Anzahl der Delikte im vergangenen Jahr hat wieder
das Niveau wie vor der Pandemie erreicht. Doch die Häufigkeit der
Deliktsarten hat sich verschoben: Während Einbrücke und
Betäubungsmittelkriminalität in Schaumburg weiter rückläufig sind,
steigt die Anzahl an Taten mit sexualisierter und häuslicher Gewalt
sowie Gewalt gegen Polizeibeamte. 2022 wurden im Landkreis
Schaumburg 8.786 Straftaten erfasst. Verglichen mit dem Jahr 2019
vor der Pandemie verzeichnet die Polizei einen Rückgang um 559
Taten. Gemessen an dem Corona-Ausnahmejahr 2021 sind die bekannt
gewordenen Taten um 933 gestiegen (2021: 7.853 Taten). Dieser
Anstieg war infolge des Wegfalls zahlreicher pandemiebedingter
Einschränkungen und der Rückkehr der Menschen in den öffentlichen
Raum aber zu erwarten. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den
Delikten wieder: bei den Diebstahlsdelikten ist von 1.718 auf 2.318
Taten mit 34,92 Prozent der stärkste Zuwachs zu verzeichnen. Den
stärksten Rückgang verzeichnet die Behörde bei den Vermögens- und
Fälschungsdelikten mit 104 weniger auf 1.825 Taten
registriert.
Aufklärungsquote weiter hoch
Die Aufklärungsquote ist mit 63,64 Prozent weiterhin hoch. Der
Landkreis Schaumburg liegt dabei mit 5.557 Straftaten auf 100.000
Einwohner wie in den vergangenen Jahren weiterhin deutlich unter
dem Landesdurchschnitt (6.582). Die Polizei hat im zurückliegenden
Jahr im Landkreis Schaumburg mit 4.234 Personen zahlreiche
Tatverdächtige ermitteln können - das sind 12,16 Prozent mehr als
im Vorjahr (2021: 3.775). Die Geschlechterverteilung verändert sich
kaum: 76,17 Prozent der Tatverdächtigen waren männlichen und 23,83
Prozent weiblichen Geschlechts.
Inspektion startet Pilotprojekt
Machten junge Tatverdächtige 2021 nur 17,99 Prozent aus, so stieg
ihr Anteil 2022 wieder auf 20,74 Prozent an (2020: 19,92 Prozent).
3.356 Erwachsene über 21 Jahre (2021: 3.096) wurden als
Tatverdächtige ermittelt; 156 Kinder im Alter von 0 bis14 Jahren
(2021: 89), 371 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren (2021:
286) sowie 351 Heranwachsende zwischen 18 und 21 (2021: 304). Der
prozentual größte Anstieg ist bei den Kindern unter 14 Jahren zu
verzeichnen (+74,36%). In der Altersgruppe sind insbesondere
Roheitsdelikte sowie Straftaten gegen die persönliche Freiheit von
18 auf 41 aber auch die Diebstahlsdelikte von 18 auf 40 gestiegen.
"Nachdem wir einen konstanten Rückgang der Fälle mit jungen
Tatverdächtigen verzeichneten, sind diese nun deutlich angestiegen.
Wir wollen deshalb so früh wie möglich intervenieren und starten in
diesem Jahr mit einem Pilotprojekt - dem inspektionsweit tätigen
Jugend-KOB. Dieser wird die Schnittstelle zwischen Polizei,
Jugendhilfeinstitutionen und Jugendgruppen bedienen", erklärt
Matthias Schröder
Verteilung der Delikte
Die Verteilung der Straftaten nach Delikttypen hat sich im
Vergleich zum Vorjahr erneut kaum verändert. Vermögens- und
Fälschungsdelikte sowie Diebstahlsdelikte haben mit 47 Prozent
(2021: 46 Prozent) weiterhin den größten Anteil, die sonstigen
Straftatbestände, dazu zählen Beleidigungen und Sachbeschädigungen,
machen 23 Prozent (2021: 24%) aus. Straftaten gegen das Leben, die
sexuelle Selbstbestimmung sowie Rohheitsdelikte (Körperverletzung,
Raub, räuberische Erpressung) und Straftaten gegen die persönliche
Freiheit machen wie im Vorjahr mit insgesamt circa 21 Prozent rund
ein Fünftel der Straftaten aus (2021: 19 Prozent).
Straftaten gegen das Leben
InSchaumburg wurden im Jahr 2022 drei Straftaten gegen das Leben
(2021: 6) verzeichnet. In allen drei Fällen (zwei Mordversuche und
ein Tötungsversuch) überlebten die Opfer den Angriff. Zwei Taten
konnten bereits aufgeklärt werden. Im vergangenen Jahr hat die
Polizei zudem 56 Straftaten unter der Verwendung von Schusswaffen
registriert (2021: 39). Die Zahl der Straftaten unter der
Verwendung von Messern ist von 48 auf 66 gestiegen, liegt aber noch
unter der Fallzahl aus 2020 (70 registrierte Taten). "Wenngleich
die Straftaten unter Nutzung von Messern mit 0,75 Prozent und die
unter Nutzung von Schusswaffen mit 0,64 Prozent in Schaumburg nur
einen minimalen Anteil ausmachen, wird das Sicherheitsempfinden der
Bürger durch solche Situationen extrem beeinträchtigt. Dass die
Zahl kleiner Waffenscheine 2022 gestiegen ist, ist
besorgniserregend", stellt Schröder fest
Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung
Die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind in den
vergangenen Jahren auch in Schaumburg kontinuierlich angestiegen.
Nachdem sich die Fälle 2021 nahezu verdoppelten, stiegen sie 2022
weiter um 86 auf 507 Taten. Die hohe Aufklärungsquote vom Vorjahr
konnte mit 93,29 Prozent nahezu gehalten werden. Der größte Zuwachs
ist mit 285 Fällen (2021: 234 Fälle) wiederholt auf den Besitz und
die Verbreitung pornografischer Erzeugnisse zurückzuführen, wobei
in 266 Fällen (2021: 209) Kinder und Jugendliche bei
Missbrauchshandlungen abgebildet wurden. Die Aufklärungsquote
dieser Taten lag bei 97 Prozent. Der sexuelle Missbrauch von
Kindern ist von 60 auf 68 Fälle gestiegen. Die Aufklärungsquote
konnte von 91,7 auf 94,1 Prozent gesteigert werden (die Zahlen
wurden nicht landkreisspezifisch erhoben und gelten für die gesamte
Inspektion Nienburg und Schaumburg). "Wir bekämpfen diese Taten
auch weiterhin mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln und
werden uns in diesem Jahr noch einmal personell verstärken und auch
weiterhin in den Ausbau unserer Technik investieren", verspricht
Bente.
Gewalt
Im vergangenen Jahr wurden in den Landkreisen Nienburg und
Schaumburg 738 Fälle Häuslicher Gewalt bekannt. 68,75 Prozent der
Opfer (528) befanden sich in Partnerschaften. 31,25 Prozent (240)
erfuhren die Gewalt innerhalb familiärer Strukturen.
Nachdem die Zahl der Fälle von Gewalt gegen die Polizei im
vergangenen Jahr rückläufig war (74), hat sie mit 105 nunmehr einen
Höchststand erreicht. Dabei geht ein Großteil der Fälle auf
Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte zurück (60 Prozent). Darauf
folgen mit 28 Prozent Tätliche Angriffe und in 12 Prozent der Fälle
wurden die Beamten bedroht.
"Bereits seit Jahren spreche ich die Zunahme von Respektlosigkeit
und Gewalt gegen Einsatzkräfte an. Die Menschen werden in Ausübung
ihrer Dienste beleidigt, bespuckt, bedroht und sogar körperlich
angegriffen. Das ist nicht hinnehmbar. Die Taten richten sich auch
gegen unsere Demokratie und die gesamte Gesellschaft. Der Schutz
der Einsatzkräfte und ihrer Familien ist deshalb ein klarer
Schwerpunkt in den kommenden Jahren.", macht Schröder
deutlich.
Enkeltrick und Co.
Straftaten unter Nutzung des Tatmittels Internet sind im
vergangenen Jahr auf 672 Taten gesunken (2021: 782) und liegen
unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (751
Taten).
Seit 2015 steigt auch die Zahl der Taten, bei denen Betrüger durch
Vorspiegelung falscher Tatsachen versuchen, insbesondere bei
älteren Menschen Bargeld oder Wertgegenstände zu erbeuten. Im
vergangenen Jahr sind die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen
um 144 auf 791 Fälle angestiegen, erfreulicherweise sind die Täter
aber immer seltener erfolgreich (16,43 Prozent).
Einbrüche und Drogendelikte rückläufig
Die Zahl der Wohnungseinbrüche im Landkreis Schaumburg ist nach dem
"Corona-Ausnahme-Jahr" gestiegen, bildet aber nach diesem den
niedrigsten Wert der letzten zehn Jahre und liegt weit unter deren
Durchschnitt (201). 46-mal misslang den Täter ihr Vorhaben und es
blieb beim Einbruchsversuch (2021: 43 Versuche). Die vollendeten
Taten sind von 35 auf 68 gestiegen. "Der Anstieg der
Wohnungseinbrüche war nach dem Auslaufen der Pandemie zu erwarten.
Im Langzeitvergleich sind die Einbrüche jedoch rückläufig. Die Zahl
gescheiterter Einbrüche zeigt zudem, dass sich die Bevölkerung im
Landkreis Schaumburg zunehmend besser schützt, was sicherlich auch
auf unsere ausdauernde polizeiliche Präventionsarbeit
zurückzuführen ist", so Schröder weiter. Die Zahl der
Betäubungsmitteldelikte mit Cannabis ist im vergangenen Jahr
inspektionsweit um 146 Taten auf 476 Fälle gesunken auf den
niedrigsten Stand seit 2015.
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Mehr Gewalt, weniger Einbrüche
Kriminalstatistik für Schaumburg veröffentlicht / Niveau wie vor Pandemie
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