1. Gegen die Versteinerung der Städte

    Verbot der Schottergärten hat Folgen für die Eigentümer

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    Nicht nur in Neubaugebieten entfalteten sich vielerorts die sogenannten Schottergärten. Während die Einen es schlichtweg schick finden, ihr Grundstück damit eine besondere Note geben zu können, gilt für andere der Maßstab des Praktischen, wie zum Beispiel für Frank P. aus Bad Nenndorf: "Einerseits wird das Unkrautwachstum vermieden, zumindest aber eingedämmt, und andererseits haben wir weniger Arbeit mit der Freifläche am Haus." Er kennt Diskussionen und Kritik um die Schottergärten, aber ihm sei nicht bewusst gewesen, dass Schottergärten "grundsätzlich unzulässig sind", was das jüngste Gerichtsurteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Lüneburg zu Beginn des Jahres entschied. Diese Entscheidung ist unanfechtbar und hat Konsequenzen für die Eigentümer. Nach der Bauordnung müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Und was ist mit Grünflächen demnach gemeint? "Grünflächen sind geprägt durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen. Wesentliches Merkmal einer Grünfläche sei der grüne Charakter", heißt es in einer entsprechenden Erläuterung dazu. Dies schließe Steinelemente nicht aus, die im Gesamtbild "nur untergeordnete Bedeutung hätten, was eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich mache." Mit dieser Intention des Gesetzgebers, soll die "Versteinerung der Stadt" auf das notwendige Ausmaß beschränkt werden. Demnach dürfen Baubehörden in Niedersachsen die Schottergärten verbieten und die Beseitigung anordnen.
    Für die Kommunen in Schaumburg liegt die Zuständigkeit bei den Bauaufsichtsbehörden der Städte und beim Landkreis Schaumburg. Daher sei beispielsweise die Stadt Rodenberg "mit der Überwachung solcher Schottergärten nicht befasst", erklärt Samtgemeindebürgermeister Dr. Thomas Wolf. Die Bauaufsichtsbehörde des Landkreises sei auch für "die Kontrolle und rechtliche Durchsetzung oder aber eine eventuelle Rückbauanordnung von Schottergärten zuständig", betont Mike Schmidt als Samtgemeindebürgermeister von Nenndorf und erklärt weiter: "In unseren aktuell laufenden aber auch in unseren jüngst abgeschlossenen Bauleitplanverfahren sind Schottergärten bereits ausgeschlossen. Dies wird auch in allen künftigen Bauleiplanverfahren so umgesetzt."
    Der Stadt sei selbstverständlich bewusst, dass mit den Schottergärten vermehrt der Verlust der Biodiversität und der Artenvielfalt aufgrund fehlender Nahrung, Brutplätze und Rastmöglichkeiten für unter anderem Kleinstlebewesen, Insekten und Vögel einher gehe, so Schmidt. Schottergärten hätten aber darüber hinaus noch weitere fatale Auswirkungen, betont er. "Da sich keine oder nur sehr wenige Pflanzen auf den kargen Flächen befinden und ebenso kein Mutterboden und Wurzelwerk, kann kein Wasser gespeichert werden. Bei Hitze bringen Schottergärten daher keine Abkühlung durch verdunstende Feuchtigkeit, sondern speichern die Wärme. Die nächtliche Abkühlung ist wenig bis gar nicht gegeben. So tragen sie bedauerlicherweise auch dazu bei, dass sich das Stadtklima verschlechtert. Die negativen Auswirkungen von Hitzesommern, aber auch immer häufiger auftretende Starkregenfälle können durch Schottergärten nicht so gut abgefangen und aufgenommen werden, wie das bei begrünten beziehungsweise bepflanzten Gärten der Fall wäre. Auch die Kanalisation kann so schnell überlastet werden, da das Niederschlagswasser nicht so schnell abgeleitet werden kann", stellt Schmidt klar.
    Der Landkreis Schaumburg erklärt, dass er auf dieser Ebene für seinen Zuständigkeitsbereich tätig sei und verweist darauf, dass die Gemeinden Bückeburg, Rinteln und Stadthagen eigenverantwortlich als Bauaufsicht zuständig sind. Besonderes Augenmerk richtete die Verwaltung des Landkreises nach dem Gerichtsbeschluss darauf, inwieweit Bauaufsichtsbehörden im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensausübung gegen Schottergärten vorgehen können. Das Oberverwaltungsgericht habe hierbei die Auffassung vertreten, so die Mitteilung des Landkreises, "dass die Bauaufsichtsbehörden dann einschreiten können, wenn nicht überbaute Flächen von Baugrundstücken nicht den Anforderungen der Vorgaben der niedersächsischen Bauordnung genügten".
    Der Landkreis Schaumburg habe sich "diesen Beschluss unter allen Aspekten sehr gründlich angeschaut" und hat daraus folgende Vorgehensweise beschrieben: "Steingärten werden dann betrachtet, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt dies im Rahmen der Ermessensausübung und nach der auch vom OVG Lüneburg gebotenen Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich erscheinen lässt." Dabei stehe der Informations- und Aufklärungsgedanke der betroffenen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern ganz überwiegend im Fokus der Beratung, "getreu der Vorgehensweise Aufklärung und Überzeugung vor Bestrafung". Außerdem habe der Landkreis unmittelbar nach der Rechtsprechung ein Merkblatt entwickelt, dass den Baugenehmigungen bei Neubauvorhaben beigefügt wird. "Der Landkreis Schaumburg möchte mit dieser weiteren Beratungsunterstützung den Anreiz inklusive Eigenverantwortungsaspekt für die Bauherrschaft stärken und zusätzliche Überzeugungsarbeit dafür leisten, dass Schottergärten gleich im Vorfeld von Baumaßnahmen wirksam vermieden werden", erklärt die Verwaltung gegenüber dieser Zeitung.

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