Vor wenigen Wochen hat uns hier im Ort ein Gewaltverbrechen bis
aufs Mark erschüttert - für die Betroffenen ein Gang durch die
Hölle. Ich mag mir jetzt gar nicht vorstellen, wie es Ukrainern
ergeht, die das nicht nur einmalig sondern nun schon 366 Tage
erleben: Täglich 24 Stunden lang wird gemordet, Leben ausgelöscht
und Lebensgrundlage zerstört. Unerträglich!!! Und selbstredend:
Unerträglich, dass ausgerechnet die Täternation (die unentwegt auf
den Nachbarn einschlägt) sogar noch mit Vetorecht im
UN-Sicherheitsrat sitzt. Da wird der Bock zum Gärtner! Ein Blick
über den Zaun auch in andere Ecken der Welt ist allerdings
ernüchternd: So viele, viele Menschen, die in kriegerischen
Konflikten, Bürgerkriegen oder in Diktaturen Ähnliches erlitten
haben/noch erleiden.
Das vor Augen lässt es mich zunächst einmal nur staunen, wie
unverschämt gut es uns geht: Fast 78 Jahre Schweigen der Waffen! So
eine lange Friedensphase hat es bei uns noch nie gegeben. Das
scheinbar Selbstverständliche ist in Wahrheit gar nicht
selbstverständlich. Und es ist deshalb allemal Grund, zutiefst
dankbar zu sein, und jede Form aufkeimender Gewalt in Gedankengut,
Wort oder Tat zu ächten. Wieder weg von uns hin zu den Ukrainern:
Mit großen frommen Worten tue ich mich schwer. Aber mich selbst
beeindruckt tief, wie fromme Juden in Zeiten schlimmster Verfolgung
(bis hin im unvergleichlichen Holocaust) ihren Glauben an den
lebendigen Gott nicht aufgaben, wohl mit Gott hadernd und ins
Gericht gehend, aber dennoch auf Gott vertrauend und daraus Kräfte
ziehend. Der jüd. Theologe P. Lapide schreibt über diesen
biblischen Glauben: Es ist kein "Aber-Glaube" vielmehr ein
"Aber-dennoch-Glaube" für den es ein Pseudo-Realismus ist, alle
Begebenheiten - auch die traurigsten - als endgültig und
unveränderlich zu akzeptieren.
Das wünsche vor allen den Mitmenschen drüben in ihrem tägl.
Überleben aber auch uns, dass die Kraft, die dem bibl. Glauben
innewohnt sich im Leben entfaltet.
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Keine schönen Gedanken!
Pastor Claus-Carsten Möller, St. Johannes Wunstorf
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