1. Angriffe auf Rettungskräfte und Panzerlieferungen

    Schaumburger Wochenblatt (SW) im Gespräch mit MdB Marja-Liisa Völlers

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    Gerade einmal fünf Wochen ist es her, da überschlugen sich die Meldungen über Angriffe auf Rettungskräfte und Polizei anlässlich von Silvester - "Feiern". In vielen Großstädten Deutschlands, aber auch in ländlich geprägten Gegenden mussten die Behörden eine erschreckend hohe Zahl von Aggressionen gegen Rettungssanitäter, Feuerwehrfrauen und -männer sowie Polizeibeamten registrieren. Angriffe gegen Polizeibeamte sind leider seit vielen Jahren zu beobachten und liegen wohl in der Natur der Sache. Die Polizei greift in der Regel ein, wenn Grenzen überschritten werden und das können einige Personen nicht akzeptieren, insbesondere dann, wenn Alkohol im Spiel ist. Diese Tatsache macht es nicht besser, gibt aber zumindest Erklärungsansätze für das Handeln. Ganz anders stellt es sich bei den Aggressionen gegenüber den Menschen dar, die ausschließlich zum Helfen da sind und das auch noch ehrenamtlich in ihrer Freizeit.
    Das Schaumburger Wochenblatt (SW) sprach dazu mit der Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Nienburg/Schaumburg, Marja-Liisa Völlers. Völlers (38) ist seit 2017 als Nachrückerin Mitglied im Deutschen Bundestag und seit 2021 als direkt gewählte Vertreterin. Neben dem Bildungsausschuss (Grundschulen und Digitalpakt) nimmt sie als stellvertretende Sprecherin der SPD-Fraktion im Verteidigungsausschuss eine besondere Rolle ein. Außerdem ist sie Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr), welches für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig ist.
    Frage.: Wie ist Ihre ganz persönliche Ansicht zu den Vorfällen von Silvester?
    Völlers: Ich sehe die Vorfälle ganz losgelöst von Silvester oder anderen Feiertagen. Ich halte es für besonders verwerflich, wenn die Menschen, die zu unserer Hilfe und zu unserem Schutz da sind, angegriffen werden. Die Situation sollte meines Erachtens nach sowohl gesetzlich, wie auch gesellschaftlich betrachtet werden.
    Frage: Halten Sie höhere Strafen für ein geeignetes Mittel?
    Völlers: Zunächst einmal ist Justiz hier Ländersache. Aus Fachkreisen sind wir aber auch auf Bundesebene gut informiert. Danach scheint es so zu sein, dass der vorhandene Strafrahmen noch deutlich mehr ausgeschöpft werden kann. Die Bundesinnenministerin Faeser hatte nach den Silvesterkrawallen dazu aufgerufen, die vorhandenen Strafmöglichkeiten konsequenter zu nutzen. Ich begrüße das sehr. Die Ministerin prüft derzeit, ob ein höherer Strafrahmen für bestimmte Taten angebracht ist. Ich denke auch, dass eine sehr viel schnellere Aburteilung in diesen Fällen von Vorteil wäre. Nach einem Jahr hat manch einer viel vergessen.
    Frage: Und auf der gesellschaftlichen Ebene?
    Völlers: Auf der gesellschaftlichen Ebene halte ich die beiden Bereiche Prävention und Integration für sehr wichtig. Wir müssen noch stärker in die Schulen gehen! Ich bin Pädagogin und Lehrerin. Als solche bin ich immer gut damit gefahren, zu Beginn Regeln aufzustellen und die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren. Für Nichtbeachtung müssen Sanktionen verhängt und diese auch durchgezogen werden - und das gilt für jeden! Das Problem sollte aber gesamtgesellschaftlich und ganzheitlich betrachtet werden. Die gesellschaftliche Debatte halte ich dabei für sehr wichtig. "Wir müssen genau hinschauen!" Als "Seeheimer Kreis" (Anm. d. Redaktion: 85 SPD-Abgeordnete, die für eine moderne, pragmatische Politik einstehen), dessen Sprecherin ich bin, haben wir uns kurz nach den Krawallen mit dem Vorsitzenden der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft Siegfried Maier, sowie mit dem Präsidenten des Deutschen Feuerwehrverbandes, Karl-Heinz Banse kurzgeschlossen. In einer Online-Konferenz haben wir uns intensiv ausgetauscht. Selbst bin ich Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr Münchehagen und als Politikerin besuche ich die Versammlungen, wenn es mir möglich ist. Letztlich war ich in Münchehagen, in Lauenau und in Stadthagen und habe meine persönlichen Ansichten vorgetragen. Ich halte es für geradezu perfide, wenn Feuerwehren in einen Hinterhalt gelockt werden, um sie dort zu beschießen, die Ehrenamtlichen in Gefahr zu bringen und die Fahrzeuge zu beschädigen. (Anm. d. Redaktion: In Berlin wurden nach Angaben der Polizei an Silvester dabei 15 Feuerwehrleute verletzt und elf Fahrzeuge beschädigt).
    Frage: Sie sind Mitglied im Verteidigungsausschuss. Was sagen Sie zu den nun genehmigten Panzerlieferungen an die Ukraine?
    Völlers: Unser Ziel war immer, die Ukraine mit dem zu unterstützen, was möglich und was nötig ist. Der Bundeskanzler hat aber auch immer deutlich gemacht, dass es keine Alleingänge Deutschlands geben werde. Nun sind die Partner der NATO und insbesondere auch die USA in die Entscheidung eingebunden, liefern Panzer und wir unterstützen nun mit Leopard-Panzern aber auch mit weiteren Schützenpanzern. Die Lücken, die diese Lieferungen in der Bundeswehr reißen, müssen schnellstens gefüllt werden. Dazu ist die Zusammenarbeit mit der Industrie wichtig. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius hat schon jetzt gezeigt, dass er für die Soldaten da ist. "Er will das hinkriegen!" Bei der Besetzung des Ministeriums gab es in der SPD-Fraktion nie die Frage nach der "Quote". "Boris ist der Richtige!" Ich halte auch seine Überlegungen zu einem möglichen vorzeitigen Beenden des Einsatzes in Mali für sehr bedenkenswert.
    Eine Frage zum Schluss: Was haben die Bewohner Schaumburgs und in der Region Hannover während des Manövers im Sommer zu erwarten?
    Völlers: Vom 12. Juni bis zum 23. Juni findet in Deutschland das Manöver "Air-Defender 23" statt. Dabei nehmen circa 200 Flugzeuge aus 15 NATO-Staaten an den Luftübungen teil - das größte Manöver dieser Art in Deutschland. Der Fliegerhorst Wunstorf ist einer von drei Luftwaffen-Standorten in Deutschland, an dem zumindest Transport- und Tankflugzeugen stationiert werden. Zusätzlich wird dort viel Personal erforderlich sein. Mit einer deutlichen Zunahme von Fluglärm während des Manövers muss also gerechnet werden. Besonders betroffen sind die Menschen, die in den Tiefflug-Korridoren wohnen. Diese sind unter Berücksichtigung von Windenergieanlagen angelegt. Ich wünsche mir einfach viel Verständnis der Menschen in unserer Region für dieses wichtige Manöver. Inwieweit der Flugplatz der Heeresflieger in Achum eingebunden wird, kann ich jetzt nicht sagen.
    Vielen Dank an die Bundestagsabgeordnete der SPD, Marja-Liisa Völlers. Das Gespräch führte Axel Bergmann.

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