Das Thema "Energie" ist in den letzten Jahren zunehmend in den
Fokus der Öffentlichkeit gerutscht. Nicht erst seit Greta Thunberg
und Luisa Neubauer und der Fridays for Future-Bewegung machen sich
immer mehr Menschen Gedanken um die Zukunft unseres Planeten.
Spätestens nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und dem seit
fast ein Jahr dauernden Krieg mitten in Europa und den damit extrem
gestiegenen Energiepreisen, hat das Thema Energie die breite
Öffentlichkeit erreicht. Dabei geht es nicht nur allein um die
aktuellen Gas- und Strompreise, sondern auch um
Versorgungssicherheit, Mobilität und die Frage, womit und wie
wollen und können wir in Zukunft unsere Häuser heizen und mit Strom
versorgen. Um Antworten auf diese und viele andere Fragen zum Thema
Energie zu erhalten, hat unsere Zeitung das Gespräch mit dem
Geschäftsführer der Stadtwerke Schaumburg-Lippe, Dirk Rabeneck,
gesucht. In einer lockeren Reihe veröffentlicht das SW die
Ergebnisse dieser Gespräche mit dem Diplom-Ingenieur. Zur Person:
Dirk Rabeneck ist 52 Jahre alt, verheiratet und hat eine Tochter.
Er lebt im Nordrhein-Westfälischen Löhne und legt die tägliche
Entfernung von 34 Kilometern zu seinem Arbeitsplatz in Bückeburg
mit seinem Pkw rein elektrisch zurück. Nach dem Studium der
Energieverfahrenstechnik war er in sehr unterschiedlichen Bereichen
tätig, bevor er am 1. Oktober 2020 die Geschäftsführung der
Stadtwerke Schaumburg-Lippe übernahm. Hier war Rabeneck kein
Unbekannter - er war früher schon einmal für ein Jahr als
Interims-Geschäftsführer mit der Aufgabe betraut gewesen.
Frage: Herr Rabeneck, wie ist die aktuelle Situation bei den
Stadtwerken Schaumburg-Lippe?
Rabeneck: Unser Unternehmen steht wirtschaftlich sehr stabil dar.
Aufgrund einer ausgewogenen und konservativen Einkaufspolitik,
können wir unseren Kunden auch heute Strom und Gas zu vernünftigen
Preisen anbieten. Unsere Strategie lautet, möglichst Risiken zu
minimieren. Wir sind ein kommunales Unternehmen und sind damit in
aller erster Linie für die Daseinsvorsorge verantwortlich. Andere,
insbesondere große Unternehmen oder Aktiengesellschaften versuchen
ehr, die Situation auszunutzen, um ihre Erträge zu
maximieren.
Frage: was bedeutet das konkret?
Rabeneck: Wir kaufen unsere Strom- und Gaskontingente zu sehr
vielen unterschiedlichen Zeiten an den Börsen ein. Damit erreichen
wir sicherlich nicht immer den günstigsten Preis, können aber über
einen langen Zeitraum den errechneten Bedarf decken. Wir
spekulieren nicht! Beim Einkauf der Energiekontingenten ist für uns
weniger der aktuelle Preis von Bedeutung, sondern viel mehr die
teilweise riesigen Preissprünge. Nach den vielen Jahren der
Sicherheit, in denen wir ziemlich genau rechnen konnten, ist das
Risiko insgesamt gestiegen. Mittlerweile sind die Energiepreise an
den Börsen wieder deutlich gefallen. Der milde Winter und die gut
gefüllten Speicher haben die Preishysterie gedämpft. Nach meiner
Einschätzung werden wir jedoch nie wieder das Niveau vor
Kriegsausbruch erleben.
Frage Für wie viele Kunden sind sie Lieferant?
Rabeneck: Ende 2022 hatten die Stadtwerke etwas über 11.000 Kunden
beim Strom und circa 15.000 Kunden für die Lieferung von Gas. Unser
Unternehmen ist sogenannter Grundversorger für Strom. Das ist
jeweils der Stromlieferant, der die meisten Kunden hat. Damit
müssen wir sicherstellen, dass für Jedermann der gesetzliche
Anspruch auf Stromversorgung erfüllt wird. Durch die
Einkaufsstrategie vieler Discount-Stromanbieter, konnte eine Reihe
der "Billig-Stromanbieter" ihre Kunden nicht mehr versorgen, da die
Preise für die kurzfristigen Einkäufe nicht mehr bezahlbar waren.
Einen Teil der Kunden mussten wir als Grundversorger zusätzlich
übernehmen, was die Berechnung unserer Kontingente etwas
veränderte. Seit dem 1. Oktober 2022 müssen für alle Kunden
dieselben Tarife gelten.Wir können aber mit der Situation umgehen.
Unser erklärtes Ziel derzeit ist, in diesem Jahr keine weiteren
Preisanpassungen vorzunehmen. Wie gesagt, das ist unser erklärtes
Ziel heute. Wenn sich die Lage entscheidend verändert, müssen wir
möglicherweise auch davon abweichen.
Frage: Thema Gaspreisdeckel und Strompreisbremse - welche
Auswirkungen hat das für Sie?
Rabeneck: Für uns ist das Ergebnis ein Beweis dafür, dass wir mit
unserer konservativen Einkaufspolitik richtig gehandelt haben. Wir
können heute unseren Kunden Preise für Strom und Gas anbieten, die
unterhalb der Deckel liegen. Die Preisbeschränkungen, die für 80 %
des durchschnittlichen Jahresverbrauches gelten, sind für unser
Unternehmen tatsächlich nicht relevant. Ein großes Problem schafft
uns jedoch die einzelnen Regelungen der Bundesregierung im
operativen Geschäft. Allein 10 Mitarbeiter sind damit beschäftigt,
die Herausforderungen bei der Vertragsabrechnung zu meistern. Die
zur Verfügung stehende Software ist nicht in der Lage,
Bestimmungen, wie die Dezember-Soforthilfe zu berechnen. Es gilt
dabei sehr viele Aspekte wie auch Informationspflichten zu
erfüllen. Um ein Beispiel zu nennen: Wir berechnen die Abschläge
für 11 Monate, der 12. Abschlag ist eine Verrechnung von Guthaben
oder Nachzahlung. Jetzt muss der Monat Dezember herausgerechnet
werden. Es gilt dabei aber nicht der gezahlte Abschlag, sondern ½
des Jahresverbrauches. Das alles kann die aktuelle Software
nicht.
Vielen Dank zunächst an Dirk Rabeneck für das erste Gespräch zur
aktuellen Situation beim heimischen Energieversorger, den
Stadtwerken Schaumburg-Lippe. Im nächsten Gespräch wird es um das
Thema Energiewende gehen.
Das Gespräch führte Axel Bergmann
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Thema "Energie" ist in aller Munde
Schaumburger Wochenblatt (SW) im Gespräch mit Dirk Rabeneck
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