Erinnern, mahnen und Antisemitismus weiter strikt die Fronten
weisen - das muss sich die Gesellschaft auch heute noch immer auf
die Fahne schreiben. Zum Jahrestag der Reichspogromnacht am 9.
November 1938 erinnern Vertreter von Stadt und Kirchengemeinde in
Anwesenheit zahlreicher Bürger an die Gräueltaten des Nazi-Regimes
und mahnen zur Wachsamkeit, um sich erstarkenden Rechtsströmungen
in Europa entgegenzustellen. Der Posaunenchor der
Stadtkirchengemeinde umrahmte die Gedenkfeier musikalisch,
Bürgermeister Axel Wohlgemuth traf die passenden Worte für diesen
traurigen Anlass: "Heute vor 84 Jahren brannten in ganz Deutschland
und auch in Bückeburg Geschäfte jüdischer Mitbürger und Synagogen,
wenig später beginnt der Zweite Weltkrieg und der Holocaust mit
seinem unfassbaren Grauen". Zu Beginn seien die Bückeburger Bürger
noch empört über den Naziterror gewesen. "Aber was passierte dann?
Es ist für uns unvorstellbar, wie aus Menschen mordende Monster
werden konnten". Die Geschehnisse des Pogroms hätten sich tief ins
Bewusstsein eingeprägt und auch heute nichts von ihrem Schrecken
eingebüßt, konstatiert der Verwaltungschef sichtlich bewegt.
Hunderttausende Juden hatten bereits zuvor Deutschland verlassen,
doch die europäischen Länder wollten keine Flüchtlinge mehr
aufnehmen, sodass 160.000 Juden nicht mehr fliehen konnten und der
Verfolgung der Nazis ausgesetzt waren. "Wie viele hätten gerettet
werden können, wenn mehr Länder geholfen hätten?", fragt
Wohlgemuth. Auch heute nimmt Deutschland Geflüchtete auf, während
in Ländern wie Frankreich und Italien rechtsgesinnte Politiker die
Macht ergreifen. Doch auch in Niedersachsen habe das Ergebnis der
AfD bei der Landtagswahl gezeigt, dass ein deutlicher Rechtsruck
existiere. "Wir dürfen nicht vergessen und müssen uns vor Augen
führen, wozu Menschen fähig sind".
Pastor Jan-Uwe Zapke von der Stadtkirchengemeinde knüpfte an diese
Worte an und erinnerte sich an einen Besuch im Konzentrationslager
Auschwitz: "Für viele ist die Geschichte weit weg und verliert an
Schrecken. Wir müssen die Erinnerung bewahren an das größte
Verbrechen auf deutschen Boden und die Worte derjenigen hören, die
heute nicht mehr leben". Zapke zitierte dafür den
Auschwitz-Überlebenden Viktor Franke: "Das Leben im KZ lässt einen
Abgrund in den äußersten Tiefen der Menschen aufbrechen und zeigt
das Menschliche als das, was es ist: Eine Legierung zwischen Gut
und Böse. Der Mensch hat die Gaskammern erfunden und auch er war
es, der aufrecht, mit einem Gebet auf den Lippen, in sie
hineinging. Wir entscheiden, was wir sind". Mit einem gemeinsamen
"Vater unser" und einem abschließenden Stück des Posaunenchores
wurde die Gedenkfeier beendet. Foto:nh
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Gräuel dürfen keinen musealen Charakter erfahren
Kranzniederlegung zum Gedenken an den Pogrom vom 1938 / „Niemals vergessen“
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