Die Landtagswahl ist nun bereits vier Wochen her und die
Wahlgewinner haben es in Rekordtempo geschafft, nicht nur einen
Koalitionsvertrag mit über 140 Seiten zu formulieren, sondern auch,
alle Ministerposten zu besetzen. Ich will hier aber keine
Wahlanalyse starten - das sollen Fachleute machen, die mehr davon
verstehen. Wen ich mir aber einmal näher angesehen habe, das sind
die "Nichtwähler" - seltsame Menschen in meinen Augen. Wahlen sind
als Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Politik eines Landes
schon im Artikel 38 des Grundgesetzes geregelt, Landesgesetze sowie
weitere Vorschriften regeln dieses Recht für Landtagswahlen und
Kommunalgremien. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen 2022 waren
über 6 Millionen Menschen wahlberechtigt, circa 2,5 Millionen haben
von ihrem Recht keinen Gebrauch gemacht. Das sind über 40 Prozent!
Warum eigentlich nicht? Politikwissenschaftler geben verschiedene
Erklärungsansätze - so richtig überzeugend sind diese für mich als
Demokraten-"Demokratie ist die Macht des Volkes über das Volk"-
nicht. Protest-Nichtwähler, Desinteressierte oder desillusionierte
Menschen geben damit ihren direkten Einfluss auf die Politik auf,
gehen aber zuhauf auf die Straße und protestieren - erlaubt,
gewaltfrei aber auch unerlaubt und gewaltsam, gegen alles und
jeden. Wahlen in unserem Land sind geheim, Wähler dürfen nicht
beeinflusst werden, (§ 24) Niedersächsisches Landeswahlgesetz, und
das Wahlgeheimnis muss gewahrt sein (§28) NLWG. Schaut man auf die
letzte "Wahl" in der Ostukraine mit dem Ergebnis der Annektion
durch Russland, dann erkennt man unschwer die Unterschiede:
Menschen werden von bewaffneten Soldaten zur Wahlurne gezwungen.
Die Urnen waren aus Glas und wurden von bewaffneten Milizen
flankiert. Zugegebenermaßen existieren weitere 16 Statten in der
Welt, in denen es eine Wahlpflicht unter Strafandrohung gibt, sowie
weitere 15 mit Wahlpflicht ohne Strafandrohung. Das selbst freie
Wahlen in einem Musterland der Demokratie, den USA, komplett aus
dem Ruder laufen können, hat der ehemalige Präsident Donald Trump
mit der Aufforderung zum Sturm auf das Kapitol bewiesen. In den
drei Wahlbezirken unserer Heimat, Nienburg/Schaumburg, Schaumburg
und Hameln/Rinteln, lag die Wahlbeteiligung zwischen 54,9 Prozent
(HM/RI) und 60,5 Prozent (NI/SHG). Das bedeutet, dass 94.305
Wahlberechtigte nicht gewählt haben. Hinzu kommen noch 1.483
ungültige Stimmzettel - eine erschreckend hohe Zahl. Eines sollte
all diesen Nichtwählern klar sein: Die Wähler, die den radikalen,
am rechten oder linken Rand stehenden Parteien ihre Stimme geben,
die gehen auf jeden Fall zur Wahl. Schauen Sie sich allein das hohe
Ergebnis der AfD an. Zwei der drei Wahlkreise in Schaumburg sind in
der Liste der schlechtesten Wahlbeteiligung zu finden (Quelle:
Niedersächsisches Landesamt für Statistik). Alle anderen Zahlen
habe ich mir nicht ausgedacht, sondern sind hier zu finden:
https://votemanager.kdo.de/20221009/03257000/praesentation/index.html
Nach der Wahl ist vor der Wahl! Fast 100.000 Stimmen sind allein in
den Wahlkreisen 36, 37 und 38 nicht zu "Wort" gekommen. Das sind
100.000 Stimmen für die Demokratie. Denken Sie an meine Worte bei
der nächsten Wahl!
Ihr Axel Bergmann
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Bergmanns Plauderecke
„Was ich schon immer einmal sagen wollte…“Nichtwähler – eine seltsame Spezies
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