1. Noch weiter Weg bis zum ersten Cannabis-Shop

    Diskussion zu Legalisierung noch am Anfang / Komplexes Thema

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    Die Diskussion zur im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarten Cannabis-Legalisierung nahm diese Woche kräftig Fahrt auf. Bis zur Abgabe von Cannabis als Genussmittel ist es jedoch ein weiter Weg, auf dem es dicke Bretter zu bohren gilt. Manch einer sah bei Meldungen zu einem Eckpunktepapier des Gesundheitsministeriums bereits in kurzer Frist die ersten "lizenzierten Geschäfte zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene" (Koalitionsvertrag) in Stadthagen und anderen Schaumburger Innenstädten vor der Eröffnung. Jedoch folgten rasch Einordnungen, dass noch erheblicher Abstimmungsbedarf zwischen verschiedenen Ministerien und Stellen bestehe, ein klare Eckpunktepapier liege noch nicht vor. Apotheker Nikolas Schäfer, Inhaber der Neuen Apotheke, wundert das nicht. "Die Sache ist sehr komplex", erklärte Schäfer. Seit 2016 versorgt er Patienten mit Cannabis, diese Abgabe als Arzneimittel ist streng reguliert. Es seien vorwiegend ältere Leute, die darauf zurückgreifen würden. Cannabis könne unter bestimmten Voraussetzungen eine sehr positive Wirkung entfalten, so Schäfer. Als Schmerzmittel, beispielsweise bei Patienten, die lange in Therapie seien und mit konventionellen Arzneimitteln nicht zurechtkämen, etwa wegen deren Nebenwirkungen, weil die Wirkung nicht ausreiche, oder weil sich Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ergäben. Zudem könne Cannabis bei Spastiken, bei psychischen Erkrankungen, ADHS, Schlafstörungen eine wichtige Rolle zur Linderung von Leiden spielen. Entsprechend wichtig sei dessen Einsatz als Medikament. Allerdings verbindet Schäfer die Abgabe mit einer sehr intensiven Beratung und Betreuung, hat sich über die Jahre einen großen Fundus an Wissen erarbeitet.
    Eine Abgabe in Shops als Genussmittel sieht er nicht ohne Bedenken, obwohl er die Grundargumente einer Liberalisierung teilt. Cannabis sei heute ein höchst wirkungsvolles Arzneimittel, diese Wirkung entfalte sich bei entsprechender Darreichungsform praktisch unmittelbar. Hier bestehe eine Unfallgefahr gerade bei unerfahrenen Nutzern im jungen Erwachsenen-Alter. Das Abhängigkeitsrisiko sei vorhanden aber gering, auch direkte gesundheitliche Auswirkungen sieht er nicht als Problem. Eine Abgabe durch Personal, das eventuell nur durch einen Wochenendseminar qualifiziert ist, sehe er jedoch kritisch. Möglicherweise könne eine schrittweise Einführung, zum Beispiel zunächst über einen Verkauf in Apotheken sinnvoll sein.
    Eine weitere Problematik sei die gegenseitige Beeinflussung von Genussmittelmarkt und Arzneimittelversorgung. Schon heute sei es schwierig, die nötige stetige Versorgung von Patienten mit Cannabis sicherzustellen, die darauf angewiesen seien. Die Produktion in Deutschland sei streng reguliert und entsprechend begrenzt. Woher könnten die zusätzlichen Mengen für den Genussmittelmarkt kommen, ohne das Angebot für die Arzneimittel weiter zu schmälern? Darüber hinaus seien eine Vielzahl an Detailfragen auf verschiedensten Gebieten zu klären, eine gesetzliche Umsetzung würde deshalb vermutlich noch lange brauchen. "Viele stellen sich das zu einfach vor", so Schäfer.
    Würde die Abgabe als Genussmittel kommen, würde er allerdings trotz der formulierten "Bauchschmerzen" in dieses Feld einsteigen, so Schäfer. "Wenn es schon kommt, dann will ich auch Einfluss nehmen und mitgestalten", erklärte er. Ob dies nun in Form eines Shops, in der Apotheke oder einem speziellen Schalterbereich sei, sei dann zu klären. Schließlich verfüge er angesichts der intensiven Beschäftigung mit dem Thema eben über die benötigte Kompetenz.

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