Wie lange fahre ich noch selbst? Wie das Magazin "Spiegel" in
dieser Woche berichtete, haben britische Forscher der "Royal
Society Open Science" festgestellt, dass das Gehirn junger
europäischer Maulwürfe im Winter um circa 10 Prozent schrumpft.
Leider erreicht das Gehirn auch im nächsten Frühjahr nicht wieder
seine ursprüngliche Größe. Dieses "Dehnel-Phänomen" stellten die
Wissenschaftler auch bei weiteren Tierarten fest. An der Stelle
erwuchs in mir die Hoffnung, dass die Evolution uns - die
menschliche Rasse - von dieser der Energie-Ersparnis dienenden
Eigenschaft verschont hat. Das Thema Energie ist ja nun
Top-aktuell. Wenn ich mich jedoch in der Welt, aber auch durchaus
in meinem Heimatland umschaue, dann kommt mir doch der ein oder
andere Zweifel. Schon der Physiker und Nobelpreisträger Albert
Einstein (1879 - 1955) hatte festgestellt:" Zwei Dinge sind
unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem
Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Mit dem Wissen
wollte ich mich auf alles stürzen, was beispielsweise mit dem
Unsinn eines früheren amerikanischen Präsidenten, Krieg und
Drohungen mehrerer Diktatoren in Richtung Osten, aber auch mit
europäischen und deutschen Politikgrößen an Highlights geboten
wurde. Krieg, Wahlbetrug, Lug und Trug an allen Ecken und Enden.
Selbst Schlagwörter wie Energiepreisdeckel, Gasumlage,
Seuchenschutzgesetz, Schuldenbremse, Ukrainehilfe und eine Reihe
weiterer ungelöster Probleme, böten sich durchaus an, sie und den
Umgang damit, einmal kritisch zu betrachten. Dann fiel mir siedend
heiß ein, dass am nächsten Wochenende eine der wichtigsten Wahlen
in Deutschland, die Landtagswahl in Niedersachsen, stattfindet, und
ich wollte keinesfalls mit meinen Gedanken einem der Kandidaten
unfreiwillig Wahlkampfmunition liefern. Da brachte mich einer der
regelmäßigen Besuche bei meinem Vater auf eine andere Idee. Wann
sollten Seniorinnen und Senioren eigentlich selbstständig auf die
Idee kommen, nicht mehr selbst Auto zu fahren? Ich weiß, ein
heikles Thema, ist doch das Autofahren ein wesentlicher Faktor des
selbstbestimmten Lebens. Hierzu hatte mir mein Vater eine
Steilvorlage geliefert und mir erlaubt, dieses zu berichten. Im
Jahr 2014, er war 80 Jahre alt, teilte er mir abends telefonisch
mit, er "stehe gerade auf einem Kreisel". Mit der Erklärung:
"Letztes Mal war hier noch eine Kreuzung", war er einfach geradeaus
gefahren und oben auf der Bepflanzung zum Stehen gekommen.
Glücklicherweise unverletzt, aber mit einem wirtschaftlichen
Totalschaden. Ich bin heute noch stolz auf ihn, dass er danach die
Entscheidung traf, nur noch in Ausnahmefällen mit einem geliehenen
Pkw zu fahren und kurz darauf auch das beendete. Gerade ist er 89
Jahre alt geworden und macht eine mittelgroße Stadt in
Nordrhein-Westfalen mit seinem Fahrrad unsicher - vermutlich bald
ein neues Thema. Also, die Antwort auf die kürzlich in meiner
Kolumne gestellte Frage, ob ich auf einem Schutzstreifen für
Fahrradfahrer kurz zum Ein- und Aussteigen anhalten darf, muss der
ein oder andere Besitzer eines grauen "Lappens" wohl nachlesen. Die
Frage jedoch, wann man sich nicht mehr selbst hinter das Steuer
setzt, ist wesentlich schwerer zu beantworten. Einschränkungen beim
Sehen, beim Gehör, in der Mobilität sowie in der Reaktionszeit
stehen der unglaublich gestiegenen Zahl der Fahrzeuge, der
gefahrenen Geschwindigkeiten, der PS-Stärke der Pkw und den
komplexen Verkehrszusammenhängen entgegen. Eine angemessene Portion
Selbstkritik und Objektivität können helfen, die wichtige
Entscheidung, weiter selbst zu fahren, zu beeinflussen. Eine
Geschichte zum Schmunzeln zum Schluss. Es ist mittlerweile über 25
Jahre her, da fuhr unser Sohn - damals im Kindergartenalter - auf
dem Rücksitz im Auto seiner Oma mit. Mitten im Stadtverkehr hörte
sie ihn laut sagen:" Dass so alte Frauen noch Auto fahren dürfen."
In alle Richtungen blickend, suchte sie das Objekt seiner
Beobachtung, bis er ihr auf Nachfrage treuherzig mitteilte, dass er
sie damit gemeint hatte - mit Sicherheit nicht bösartig - alles
eine Sache der Perspektive.
Ihr Axel Bergmann
-
Bergmanns Plauderecke
„Was ich schon immer mal sagen wollte…“
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