Es ist schon eine drastische Forderung, die Jesus an einen Mann richtet, der ihn nach dem Weg zum Heil fragt: "Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!" Entsprechend fällt die Reaktion des Fragestellers wenig überraschend aus: Er "ging traurig weg, denn er hatte ein großes Vermögen" (Mk 10, 21f). Jesus und seine Freunde sind aufs Ganze gegangen und haben Familie, Beruf und Besitz hinter sich gelassen, um sich ganz auf die Botschaft vom anbrechenden Gottesreich zu konzentrieren. Aber was bedeutet Jesu Forderung für uns und unsere Nachfolge heute? Fast niemand trägt sich heute noch ernsthaft mit dem Gedanken, wie Jesus als "Wanderradikaler" durch das Land zu ziehen. Zudem wirkt die Leichtigkeit, mit der Jesus die Sorgen der Menschen um ihre materielle Sicherheit beiseite wischt, in der gegenwärtigen Krise, in der viele Menschen auch in unserem Land sich fragen, ob sie ihre Heizrechnung oder den nächsten Einkauf im Supermarkt bezahlen können, weltfremd und deplatziert. Aber vielleicht liegt in der Krise auch die Chance, zu der Frage vorzustoßen, die hinter Jesu Forderung steht, nämlich die Frage danach, was wirklich wichtig ist. Martin Luther hat das Problem mit seiner viel zitierten Formulierung aus dem Großen Katechismus auf den Punkt gebracht: "Woran du nun, sage ich, dein Herz hängst und worauf du dich verlässt, das ist eigentlich dein Gott." Dass bezahlbare Nahrung und eine warme Wohnung grundlegende Bedürfnisse sind, die allen Menschen zur Verfügung stehen müssen, dürfte selbstverständlich sein. Aber was brauchen wir darüber hinaus? An welche materiellen Dinge hängen wir in unserem immer noch sehr reichen Land unser Herz? Wann sind unsere materiellen Sorgen ein Hindernis auf unserem Weg zu Gott oder - wie Jesus es formuliert - zu einem "bleibenden Schatz im Himmel"? Wenn wir uns diesen Fragen stellen, haben wir die Chance, einen anderen Blick auf unser Leben zu gewinnen.
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Woran du dein Herz hängst
Stefan Bank, "Katechet", St. Joseph, Stadthagen
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