Schon als Kind wusste der Wahl-Rintelner Peter Bäuerlein beim Besuch von Sechs-Tage-Rennen mit seinem Vater: "Ich will Schrittmacher beim Steher Rennen werden!" Bis 1994 wurden in dieser Disziplin sogar Weltmeisterschaften ausgefahren, die letzte in Palermo. Dann gab es nur noch Europa- und Deutsche Meisterschaften. Der erfolgreichste Schrittmacher dabei: Peter Bäuerlein. Allein drei Europameistertitel, 14 Deutsche Meistertitel, zwei englische Meister- und zwei holländische Meistertitel holte er sich mit wechselden Partnern. Unterwegs war er schon mit so großen Namen wie André Greipel, Roger Kluge und sogar Erik Zabel. Auch mit dem Rintelner Jan Niklas Droste, heute Mannschaftsarzt von RB Leipzig und fünf Jahre Leiter der medizinischen Abteilung des Radsportteams "Bora", fuhr Bäuerlein schon als Schrittmacher. Peter Bäuerlein ist zu Gast beim Schaumburger Wochenblatt und erzählt über seine sportliche Leidenschaft. Anfänglich überwiegt die Skepsis: "Warum bekommt der Schrittmacher eigentlich zusammen mit dem Radrennfahrer einen Titel?" Denn der Radfahrer muss sich quälen, während er Steher auf seiner fetten Maschine steht und für Windschatten sorgt. Die Frage ist allerdings auch schnell geklärt: "Ich sage das mal mit den Worten meines Vorbilds Dieter Dunst und des Radrennfahrers Rainer Podlesch. Als Dunst auf die Frage eines Reporters nach der Leistung eines Schrittmachers sagte 'Vorne fährt der Kopf des Rennens', sagte Podlesch spontan: 'Und ich bin der der Arsch, der hinterher fährt!'" Faktisch heißt das, dass dem Schrittmacher im Team eine besondere Bedeutung zukommt. Er sorgt für den Sog hinter seinem Motorrad auf dem er steht, deshalb auch "Steher-Rennen". Früher, so Bäuerlein, hatten die Radrennfahrer deshalb sogar Fäden an der Kleidung und dem Helm und die mussten bei Geschwindigkeiten bis zu 100 km/h straff nach vorne zeigen: "Daran erkannte man die Sogwirkung!" Kleine Anekdote am Rande: "Auf der Lederjacke des Schrittmachers sind immer wieder auch Spuckeflecke des Radrennfahrers zu sehen, so stark ist der Sog!" Auf einen einfachen Nenner gebracht heißt das: Körperlich trägt der Schrittmacher nichts zum Erfolg bei, taktisch dagegen 100 Prozent. Damit es zu keinen Unfällen durch Auffahren des Radfahrers auf das Motorrad kommt, ist hinten ein Gestell mit einer Rolle angebracht. Fährt der Rennradfahrer also einmal zu dicht auf, dreht sich durch die Rotation des Vorderrades lediglich die Rolle am Gestell und deshalb heißt es auch geflügelt: "Es ist nicht gut, von der Rolle zu sein!" Denn je dichter der Rennfahrer an der Rolle fährt, desto größer der Sog. Und was macht einen guten Schrittmacher nun aus? Ein Erfolgsrezept: Er steht ständig im Kontakt mit seinem Radrennfahrer im Schlepp. Über Zeichen, über Worte, mit jeder Menge Hoffnung und immer auch ein Stück weit durch sein Wissen über dessen Leistungsfähigkeit: "Ich darf ihn nicht überfordern, aber auch keinesfalls unterfordern, wenn wir als Team gewinnen wollen", so Bäuerlein. Und natürlich gibt es einige taktische Finessen von guten Schrittmachern, mit denen man sich selbst in eine bessere Position bringen kann: "Einfach mal beim Überholvorgang des Gegners die Schulter leicht drehen, mit dem Fahrtwind spielen und dem Überholenden reißt der Sog ab. Das ist, so sagen Radrennfahrer, als wenn einer beim Sturm die Tür aufmacht!" Die Devise erfolgreicher Fahrer lautet deshalb auch: "Immer in sauberer, also nicht verwirbelter, Luft fahren!" Früher, schwärmt Bäuerlein, seien Steherrennen noch sehr beliebt gewesen und Zuschauerzahlen bis 15.000 waren keine Seltenheit: "Da wurde auch noch Geld mit dem Sport verdient!" Es folgte ein schleichender Untergang der Steherrennen, wobei der Derny-Sport immer noch weiterbestand. Dabei sitzen die Schrittmacher auf dem leichten Derny und bieten dem Radrennfahrer weniger Windschatten. Ganz neu im Radsport ist "Keirin", eine Sportart aus Japan mit einem Derny-Schrittmacher. Dabei sorgt der Schrittmacher nur noch dafür, dass das Feld bis 50 km/h hochbeschleunigt, dann geht er aus der Bahn. Bei den European Championships in diesem Jahr in München war natürlich auch Peter Bäuerlein mit dabei. Ende August fuhr er dann in Dudenhofen bei den Deutschen Derny-Meisterschaften mit und im September dann bei den Europameisterschaften in Lyon zusammen mit seinem Rennpartner Daniel Harnisch.
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Der vielleicht beste Schrittmacher der Welt
Bäuerlein ist mehrfacher Europa- und Deutscher Meister im Steher-Rennen
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