In der Trägerschaft des Landkreises Schaumburg wurde die größte Schule Norddeutschlands in Holzbauweise in Rinteln errichtet. Die IGS wurde geplant vom Architekturbüro Bez & Kock aus Stuttgart und jetzt fand genau dort eine Fachtagung "Holz statt Beton?! - Holz macht Schule - Baukultur in Norddeutschland" statt, die Gäste aus großen Teilen Deutschlands nach Rinteln lockte. Während in den südlichen Bundesländern Holzbauten eine lange Tradition haben, hinkt Norddeutschland da noch weit hinterher. Auch die politischen Diskussionen im Vorfeld des Schulneubaus zeigten, dass Holzbauten hier noch längst nicht so verwurzelt sind, wie beispielsweise in den Niederlanden, wo architektonisch mutiger geplant und gebaut wird. Die Eröffnung der Fachtagung, die auf Initiative der "Schaumburger Landschaft" in Kooperation mit dem Landkreis Schaumburg und der Architektenkammer Niedersachsen stattfand, übernahm Lu Seegers als Vorsitzende der Schaumburger Landschaft, bevor Landrat Jörg Farr sein Grußwort als Hausherr sprach. Er freute sich, dass "...viel Wissen, viel Planung, viel Engagement und Herzblut" von den Planern in das Gebäude eingeflossen sei. Der Neubau sei eine zukunftsweisende Lösung für die IGS in Rinteln: "Mir kommt es so vor, als wenn die Schule in diesem Gebäude lebt!" Bürgermeisterin Andrea Lange sprach von einem Fortschritt für Rinteln, mit drei Schulen an einem Standort. Amtsvorgänger Thomas Priemer hatte 2019 den Grundstein für das Gebäude mit gelegt und damit auch ein klares Zeichen für den Bildungsstandort Rinteln gesetzt. Zeitgleich mit der Fachtagung fand eine Ausstellung "Holz.Bau.Architektur" statt. Einleitende Statements zum Bauen mit Holz gaben dann der Präsident der Architektenkammer Niedersachsen, Robert Marlow, sowie Prof. Tom Kaden von der TU Graz ab. Kaden, der als "Holzbauprofessor" gilt, ist überzeugt, dass Holzbau wesentlich mehr kann als er bislang darf. Holzbauten seien ein wichtiger Schritt, um CO2 Belastungen zu reduzieren. Der Berliner hat in seiner Heimatstadt bereits zahlreiche Wohn-, Gewerbe- und auch Hochhäuser in Holzbauweise errichtet. Einen besonders spannenden Teil der Fachtagung gab es dann nach der Mittagspause, denn dann starteten die Rundgänge durch das Gebäude. Und zwar aus Sicht eines Schulleiters, eines Bauplaners vom Landkreis Schaumburg und aus Sicht des Architekten. Thorsten Kock erläuterte dabei die Philosphie, die hinter dem Bau steckt. Vor allem erklärte er, was er nicht wollte: "Ich wollte kein Haus bauen, das eigentlich ein Computer ist!" Soll heißen, dass es zwar notwendige technische Regelungen wie automatische Abschattungen und Nachtbelüftungen gibt, allerdings hat der Mensch bei allem noch das Sagen und es gibt nicht für jedes Problem eine technische Lösung: "Manchmal setze ich einfach auch nur darauf, dass man mal das Fenster aufmacht und lüftet!" Die tragenden Wände sind aus holzverleimten Brettern und die kann man auch sehen. Verkleidungen in weißer Farbe sind soweit wie möglich vermieden. Nur in den Klassenräumen sind drei Wände weiß und die jeweilige Außenwand ist in Holz. In den Fluren ist auf das sichtbare Holz eine Brandschutzbeschichtung aufgetragen. Was bei dem IGS-Bau für Kock besonders wichtig war: "Es gab einen Schulleiter, der genau wusste, was er braucht und warum er was braucht!" Das habe es den Planern erleichtert und man habe als Konzept darauf gesetzt, dass jeweils eine Jahrgangsstufe auf einem Geschoss angesiedelt ist. Mittendrin ein kleiner "Marktplatz", auf dem man sich trifft. Man habe sich bewusst gegen ein Lüftungssystem entschieden und setze auf konventionelle Lüftung und motorisch angetriebene Oberlichter. Allerdings muss man noch etwas lernen beim Umgang mit dem Gebäude, denn zur Lüftung müssen die Klassentüren geöffnet sein. Auch muss das automatisierte System für Schatten und Lüftung noch progammiert werden. Auf dem Dach sorgt eine Photovoltaikanlage dafür, dass genau soviel Strom erzeugt wird, wie die Schule auch benötigt: "Allerdings sind die Zeiten, wann Strom gebraucht wird und wann er von der Anlage produziert wird, nicht durchgehend identisch!" Beim Rundgang mit Schulleiter Torsten Rudolf stellte dieser heraus, dass er und sein Team derzeit mit 840 Schülern in der IGS arbeiten, davon sind 100 mit Förderbedarf, darunter sogenannte "Sehkinder", "Hörkinder" und "Lernkinder" mit Schulbegleitung. Er schätzt besonders, dass jeder Jahrgang für sich wie in einer eigenen Schule unterrichtet werden kann und natürlich einen der beiden geschützten Bereiche im Innenhof, wo sich ausschließlich die Lehrkräfte und Mitarbeiter besonders gut untereinander austauschen können. Auch die technische Ausstattung der Schule lobte Rudolf. Jedes Klassenzimmer hat mindestens 60 Quadratmeter und ein interaktives Touch-Screen. Der eigene Schulhofbereich ist zwar noch in Arbeit, aber schon jetzt zeigt sich, dass die Außenbereiche schön gestaltet sind. Sein Fazit zur Frage, wie die Schüler das Gebäude wertschätzen, ist gut: "Es gibt so gut wie keinen Vandalismus und auch die Aufzüge werden nicht missbraucht!" Auch für Notfälle ist die Schule gut gerüstet. Es gibt Vorkehrungen bei schulischen Amokläufen und im Sommer wird das Konzept dafür auch mit der Polizei geprobt. Den dritten Rundgang durch die Schule leitete Fritz Klebe als Baudezernent des Landkreises Schaumburg. Er schilderte, welche Hürden das Projekt nehmen musste und wie er sich mit seiner positiven Einstellung zu einem Holzbauwerk durchsetzen konnte. Unter der Moderation von Prof. Dr. Alexander Gutzmer von der Quadriga Hochschule Berlin/Euroboden München startete dann zum Abschluss eine Podiumsdiskussion.
-
Eine komplette Schule in nachhaltiger Holzbauweise
Die IGS in Rinteln setzt Maßstäbe weit über die Landkreisgrenzen hinaus
Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum