Ab Mai bis Juni kommt die Zeit, dass die tragenden Ricken ihre Kitze setzen. Die kleinen "Bambis" sind in ihren ersten beiden Lebenswochen recht hilflos und verbleiben still und leise dort, wo ihre Mutter sie, im trügerlichen Glauben der Sicherheit, zurücklässt - meist im hohen Weidegras. Doch das wird vielen Kitzen zum Verhängnis, nämlich dann, wenn die Landwirte ihre Wiesen abmähen. Die Kitze rühren sich aufgrund ihres Duckinstinktes nicht und geraten im schlimmsten Fall in das Mähwerk - um dies zu verhindern, scheuen Ehrenamtliche keine Mühen, um die kleinen Kitze zu retten. Eine diese unermüdlichen Retterinnen ist Schaumburger Wochenblatt-Mediaberaterin Anja Fuhrberg, die weder Schlafmangel, Zeitaufwand noch nasse Füße fürchtet, um die kleinen Rehkitze vor dem vermähen zu bewahren. **Kommunikation ist wichtig** Dabei sind diese Rettungsaktionen inzwischen sehr gut organisiert und koordiniert. Anja Fuhrberg steht im stetigen Austausch mit den hiesigen Landwirten und der Jägerschaft in Rinteln und Umgebung um potentielle Flächen auszumachen und diese mittels Drohne mit Wärmebildkamera im Morgengrauen zu kontrollieren. Dabei ist im Vorfeld viel Abstimmung gefragt: Der Jagdpächter selbst oder die Landwirte übermitteln die Flächen, die zeitnah gemäht werden sollen. Mittels Google Maps werden diese eindeutig identifiziert und der entsprechende Jagdpächter informiert. Anja Fuhrberg stellt dann den Kontakt entweder zu Guido Hiller, Geschäftsführer der Bückeburger Kreisjägerschaft und seit längerem ebenfalls sehr engagiert in der ehrenamtlichen Rehkitzrettung, oder Florian Petersen, Jäger und Drohnenpilot aus Todenmann her, um mit ihnen den kommenden Einsatz zu planen. In gemeinsamer Absprache werden Zeit- und Routenpläne erstellt. "In diesem Netzwerk muss die Kommunikation stimmen, denn viele Akteure sind beteiligt", konstatiert Fuhrberg. Los geht es dann immer im Dunkel der Nacht, noch bevor die ersten Sonnenstrahlen Helligkeit spenden. **Start im Morgengrauen** So auch die jüngste Rettungsmission: Pünktlich um 4.30 stehen Anja Fuhrberg und Florian Petersen in Rinteln parat, um gemeinsam zu insgesamt sechs Feldern aufzubrechen. Erster Stopp ist an diesem Morgen Bremke, ein Landwirt möchte sein vier Hektar großes Feld mähen. Das Gras ist noch nass, steht aber nicht sehr hoch. Petersen und Fuhrberg sind sich ziemlich sicher, hier keine Kitze zu finden, dennoch startet Petersen mit dem Aufbau der Drohne samt eigenen, kleinen Landeplatz. An den entsprechenden Feldern werden die Helfer meist schon vom entsprechendem Jagdpächter erwartet, in diesem Fall Herr Friedrichs aus Krankenhagen. Unter anderem aus jagd-rechtlichen Gründen begleiten die zuständigen Jagdpächter die Rettungsaktion. Im weiteren Verlauf der Aktion werden aber auch Sie aktiv eingebunden und das ist für das Team eine tolle Unterstützung. Petersen programmiert bereits die Drohne und kartiert die abzufliegende Fläche. "Die Drohne fliegt anhand dieser Daten das Feld selbstständig ab und wir sind sicher, dass keine Stelle vergessen wurde", erklärt der Pilot. Auf 40 Meter Höhe fliegt sie in geregelten Bahnen das Feld ab; auf dem extra großen Bildschirm suchen alle Beteiligten derweil konzentriert nach einem leuchtenden roten Fleck. Dieser signalisiert Wärme - ein potentielles Kitz, dass sich im Gras versteckt. An manchen Stellen stoppt Petersen den Drohnenflug, um sie sich genauer anzusehen. In diesem Feld lag kein Kitz so dass es gleich zum nächsten Feld geht. **Drohne erleichtert Arbeit enorm** Die ehrenamtlichen Helfer haben an diesem frühen Morgen noch fünf weitere Felder, die abgeflogen werden sollen. Ohne Drohne wäre dies gar nicht zu schaffen, erklärt Fuhrberg. Als sie mit der ehrenamtlichen Kitzrettung anfing, ist sie die Felder noch zu Fuß, Meter für Meter abgegangen. "Für zwei Hektar habe ich zehn Stunden gebraucht, die Drohne macht das in 4 Minuten", erklärt sie. **Versteckt im hohen Gras** Weiter geht es zu einem Feld in Friedrichshöhe, der Jagdpächter begleitet uns, denn das Feld gehört auch zu seinem Bezirk. Hier gibt es ganz andere Bedingungen: Das Gras steht hüfthoch und das längliche, 2,5 Hektar große Feld, liegt in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung. Petersen macht erneut die Drohne startklar, in lediglich drei Minuten hat sie das Feld abgeflogen. Angestrengt wird auf den Bildschirm geblickt und tatsächlich, ganz am Feldrand und kurz vor Ende des programmierten Fluges, erblicken die Helfer einen leuchtend roten Fleck auf grauem Grund. Nun schlüpft Fuhrberg in die wasserfeste Hose, schnappt sich Kescher, Klebeband, Karton und Walkie-Talkie, und stapft los durch das hüfthohe Gras. Innerhalb weniger Minuten ist die Jacke bis zum Bauchnabel durchnässt, das Gehen im hohen Gras fällt schwer und ein Wasser-Graben macht den Weg zusätzlich zum Hindernisparcours. Über die Walkie-Talkies navigiert mich der Drohnenpilot direkt zum Kitz. "Da ist es", freut sie sich. Das kleine Kitz, ca. drei Tage alt, liegt zusammen geduckt unter hohem Gras und ist, selbst bei direktem Vorbeilaufen, nicht zu erkennen. Nur weil die Drohne über dem Kitz in der Luft stehen blieb und Peterson Fuhrberg per Funk nahezu cm-genau dorthin navigiert, konnte es gefunden werden. Mit Handschuhen an den Händen und ganz viel Gras darin hebt sie das kleine Bündel behutsam hoch, lediglich ein kleiner Strampler kommt als Reaktion vom Kitz. Vorsichtig legt Fuhrberg das Kleine in einen Karton, der mit Gras ausgelegt ist und zahlreiche Luftlöcher hat. Als sie ihn gerade mit Klebeband verschließen will, kommt aus dem Walkie-Talkie die Ansage: "Wir haben noch eins entdeckt, bei der großen Eiche". Und tatsächlich: Auch dort findet Fuhrberg nach kurzer Suche das zweite Kitz: "Wir haben heute Zwillinge". **In Sicherheit gebracht** Beide kommen zusammen in den Karton, der nun verschlossen und an einem sicheren, schattigen Platz am Rand verstaut wird. Erst wenn der Landwirt die Fläche gemäht hat, wird der Jagdpächter die beiden Kleinen wieder zurück in die Nähe des Fundortes bringen und dort sicher im hohen Gras am Rand verstecken, sodass die Mutter sie wiederfinden kann. Auch bei den weiteren vier Feldern finden die beiden heute keine Kitze mehr. Doch zwei kleine Rehbabys konnten gerettet werden. So schön diese Rettung auch war, macht Fuhrberg jedoch auch deutlich: "Wenn wir das nicht tun, entsteht ein Blutbad auf den Feldern. Deswegen brauchen wir noch mehr Helfer, noch mehr Drohnen und entsprechende Piloten, um alles in der Hauptzeit Mai und Juni zu schaffen und möglichst viele zu retten". Gerne stehen ihnen Fuhrberg und Hiller mit Rat und Tat zur Seite wenn es um die Anschaffung einer Drohne, den Ablauf bei der Rettung sowie die organisatorische Vorarbeit oder sonstige Fragen in Bezug auf die Rehkitzrettung geht. Kontaktieren Sie uns einfach telefonisch. Anja Fuhrberg Koordination Mobil: 0160-7066899 Guido Hiller Geschäftsführer Kreisjägerschaft Schaumburg Mobil: 0171-4826664. Foto:nh
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Doppelte Rehkitzrettung im Morgengrauen
Ehrenamtliche mit Drohnen unermüdlich im Einsatz / Mehr Drohnen und Piloten nötig
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