Das Niedersächsische Landgericht in Bückeburg ist ein historischer Ort, denn hier wurde Schaumburger Demokratiegeschichte geschrieben. Lange bevor hier Gerichtsverhandlungen stattfanden, tagt hier der Schaumburger Landtag und kämpfte im Laufe der Zeit mit zahlreichen Hindernissen und Feinden der demokratischen Entwicklungen. Nun wurde das Landgericht als Ort der Demokratie ausgezeichnet - eine Plakette vor dem Eingang macht dies für jeden ersichtlich. Mit dem dort zu findenden QR-Code kann jeder mehr über die Geschichte dieses Ortes erfahren. Zur Enthüllung und Feierstunde kamen neben zahlreichen Ehrengästen auch die Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta, um diesem wichtigen Ort der Demokratie die Ehre zu zollen. "Wir Schaumburger fühlen uns geehrt und empfinden Wertschätzung für das, was Menschen hier geleistet haben für die Demokratie. In den 1920er Jahren war dieser Saal das Herzstück von Schaumburg-Lippe, denn hier war neben dem Landtag auch die Regierung untergebracht. Dabei ist der Saal auch heute kein Museum, sondern ein lebendiger Ort und dient der Justiz als Verhandlungssaal. Und eine unabhängige Justiz garantiert einen Rechtsstaat und ist somit eine Säule der Demokratie", konstatiert Landesgerichtspräsidentin Eike Höcker. **Verständnis fördern** Andretta erinnerte in ihrem Grußwort an die zunächst zögerlichen Anfänge der Schaumburg-Lippischen Demokratie: So hielten sich bei den ersten Landtagswahlen sowohl die Wahlbeteiligung als auch die Begeisterung für die Zugehörigkeit zum Land Niedersachsen in Grenzen. "Demokratie muss gelernt werden, dafür braucht es Vorbilder, um aus Erfahrung zu lernen. Um das Verständnis zu fördern, hilft es, Schlüsselfiguren auf kleine Räume herunterzubrechen und lokale Erinnerungsorte erlebbar zu machen", so die Landtagspräsidentin. Dabei habe gerade der Föderalismus für das demokratische Werden eine lange Tradition und solle auch heute noch als Korrektiv verstanden werden. "Daran sollten wir denken, wenn er mal wieder als störend empfunden wird", so Andretta. **Bewegte Geschichte** Heiko Holste gab den Gästen einen historischen Rückblick in die bewegte Geschichte des vormaligen Landtagsgebäudes und dem Wirken in seinem Inneren: 1895 als Ministerialgebäude durch das Fürstenhaus erbaut, wurde hier zunächst nicht demokratisch gewählt. Vielmehr wählte der Fürst deinen Teil der Abgeordneten selbst aus den privilegierten Schichten aus. Der Vorstoß des Stadthägers Heinrich Lorenz auf die Einführung eines allgemeinen und gleichen Wahlrechtes wurde 1917 noch abgelehnt. Mit der Revolution und dem Sturz der Monarchie fanden schließlich 1919 die ersten Wahlen in Schaumburg-Lippe statt -Männer und Frauen konnten gewählt werden. Bei den ersten 15 demokratisch gewählten Abgeordneten war mit Marie Kreft auch von Anfang an eine Frau mit dabei. In der Regierung herrschte lange Stabilität, 12 Jahre dominierte die SPD. Lorenz fungierte hier ab 1927 als Staatsrat, heute dem Ministerpräsidentenamt gleich. Doch Schaumburg-Lippe war keine demokratische Insel der Seligen - Harry Graf Kessler betitelte 1924 in seinem Tagebuch Bückeburg als "kleine Residenz in ihrer korrumpiertesten Form". Hans Weiß, Bückeburger Staatsanwalt, versuchte in selben Jahr eine Ortsgruppe des Republikanisches Reichsbundes zu gründen, wird aber bereits damals vom rechtsradikalen Stahlhelm-Bund bedrängt und bedroht. "Demokratiefeindschaft und Gewalt von rechts, Antisemitismus und völkisches Denken, gab es in Schaumburg schon lange vor den Nazis", so Holste. **Bastion der Republik** Die politische Spaltung des Landes in Republikfeinde und demokratische Kräfte führte zu einer Verrohung der Streitkultur. Die allgemeine Radikalisierung Deutschlands machte sich ab den frühen 1930er Jahren auch hier bemerkbar, die gemeinsame Fundamentalopposition legte den Landtag lahm. Dennoch bliebt Schaumburg-Lippe eine Bastion der Republik, auch durch Männer wie Heinrich Lorenz und Rudolf Bretthauer, die sich mutig zeigten, auch nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler und der 1933 erfolgten Wahl, in der auch die NSDAP in Schaumburg-Lippe eine knappe Mehrheit erzielte. Der eingesetzte Reichskommissar entließ alle Regierungsmitglieder. Am 14. Juli fand die letzte Sitzung des Schaumburg-Lippischen Landtages statt. "Der Blick zurück zeigt uns, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist - und das macht die Geschichte für die Zukunft so wichtig", konstatiert Holste. "Es lohnt sich, die Vergangenheit zu entdecken und die Erinnerung daran stärker zu pflegen". Foto:nh
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Wo Schaumburgs Demokratie ihren Anfang nahm
Landgericht als „Ort der Demokratie“ ausgezeichnet
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