Zwei Jahre Pandemie: Darunter leiden vor allem auch freischaffende Künstler, die davon leben, vor Publikum und einer dichten Atmosphäre aufzutreten. Für sie müsste die angekündigte Rückkehr zur Normalität doch eine erlösende Nachricht sein. Comedian Dittmar Bachmann sieht der Entwicklung allerdings mit gemischten Gefühlen entgegen. Die Pandemie habe der sprichwörtlichen Leichtigkeit großen Schaden zugefügt. Der 54-Jährige hat sich aber auch neu erfunden und will im Wunstorfer Ratskeller eine neue künstlerische Facette von sich präsentieren. Ich habe Dittmar Bachmann daher diesmal "Auf einen Schlager zum Kaffee" getroffen. Von André Tautenhahn (tau): Herr Bachmann, vor rund einem Jahr sprachen wir darüber, ob sie den Job als freischaffender Künstler unter Pandemiebedingungen noch ausüben können. Sie sagten unter anderem, zur Not, wenn alle Stricke reißen, habe ich noch mein Jodeldiplom. Hat sich diese Prognose bewahrheitet? Bachmann: Die Lage für uns freischaffende Künstler hat sich tatsächlich nicht wirklich verbessert. Klar, werden Maßnahmen zurückgenommen und Auftritte vor Publikum wieder möglich, aber diese ganze Politik hat etwas mit den Menschen gemacht. Viele sind weiterhin verängstigt und vorsichtig, obwohl sie dreimal geimpft sind. Bis die sprichwörtliche Leichtigkeit zurückkommt, die es früher einmal bei Veranstaltungen gegeben hat, wird es wohl noch dauern. (tau): Sie glauben also, dass die Menschen weiterhin auf Abstand und Maske achten, auch wenn es keine Hygienevorgaben mehr gibt. Nervt Sie das als Künstler? Bachmann: Natürlich. Die Hygienekonzepte haben schon das beeinflusst, was ich als Künstler machen kann. Wenn nun die Menschen von sich aus den Besuch einer Veranstaltung davon abhängig machen, ob für ausreichend Abstand zwischen Tischen und Stühlen gesorgt ist, ändert sich für mich praktisch nichts. Ich kann dann Veranstaltungen wie Bachmanns Comedy Corner im engen Ratskeller zum Beispiel nicht mehr machen. Ich will das nicht ausschließen, vielleicht braucht es auch neue Ansätze mit Sponsoren zum Beispiel. Aber das muss man sehen. (tau): Dittmar Bachmann ist aber als Künstler nicht aus der Welt. Sie probieren mit der Veranstaltung "Schlager zum Kaffee" am 3. April um 15 Uhr ein neues Format im Ratskeller aus. Ist das ein Neustart? Bachmann: Nein, einen Neustart würde ich das nicht nennen. Es ist eine neue Facette an mir, die ich schon lange zeigen wollte, aber bisher nie dazu kam. Die Schlagermusik der 50er, 60er und 70er Jahre hat meine Kindheit geprägt. Mein Vater war sehr musikbegeistert, hatte dutzende alte Tonbänder, auch im Auto, also noch vor dem Kassettenrekorder und dem CD-Spieler. Komisch, das gibt es heute auch nicht mehr. Jedenfalls, diese Tonbänder habe ich noch alle. Sie sind ein großer Schatz mit Titeln, die bei mir im Kopf Bilder auslösen. Das möchte ich dem Publikum vermitteln. (tau): Sie kündigen ein Potpourri der guten Laune an. Wird also vor allem fröhlich geschunkelt? Bachmann: Nein, es soll vor allem emotional sein. Ich setze auf Erinnerungen und hoffe, dass durch Titel wie von Freddy Quinn, Die Gitarre und das Meer Stimmungen erzeugt werden, die dann tatsächlich den ein oder anderen an Südamerika denken lassen. Es gibt viele schöne Songs, die man früher ganz selbstverständlich als Hit bezeichnet hat. Nichts anderes bedeutet ja Schlager. Nur hat der deutsche Begriff über die Jahre keine gute Wandlung genommen. Früher hätte man die Hits der Beatles auch ganz selbstverständlich als Schlager bezeichnet. Heute ist das undenkbar. Aber, wer musikaffin ist, teilt die Liebe zur gesamten Bandbreite der Musik dieser drei Jahrzehnte und zu großen Entertainern wie Peter Alexander oder Udo Jürgens, die sich musikalisch viel trauten und sich auch aus Stilrichtungen des Rock oder Pop bedienten. Sie und andere verkörpern mit ihren Songs diese Leichtigkeit, die ich heute so vermisse. (tau): Das heißt die Playlist ist voll? Bachmann: Theoretisch ja. Ich könnte vielleicht drei Stunden durchspielen, aber natürlich wird es eine Auswahl, ein Set geben, aber keine Musikwünsche. Es ist schon ein Programm, durch das ich moderiere. Ein paar Verwandlungen, passend zu den Songs sind auch dabei, aber es ist bewusst keine Comedy. (tau): Ist Dittmar Bachmann ernster geworden? Bachmann: Künstlerisch würde ich sagen, ja. Neben dem Format Schlager zum Kaffee, das wir im Ratskeller mit mehreren Veranstaltungen etablieren wollen, der nächste Termin ist am 8. Mai wieder um 15 Uhr, habe ich auch mein erstes Album aufgenommen. Es heißt schlicht "Leben" und ist in einem unglaublich kreativen Sog von Oktober 2020 bis Juni 2021 entstanden. LEBEN deshalb, weil sich in allen Liedern mein Leben widerspiegelt. Egal ob es die positiven Momente sind oder die Niederlagen, das macht mein Leben, macht das Leben im Allgemeinen aus. Musikalisch lasse ich mich, wie in all den Jahren zuvor auch, nicht einschränken, mache das, wohin mich mein Bauchgefühl beim Musizieren treiben lässt. In jedem einzelnen Musikstück stecken 100 % Herzblut, etliche durchgearbeitete Tage als auch Nächte und ganz viel Liebe zum Detail. Übrigens hat die Platte in einem Londoner Tonstudio ihren finalen Schliff bekommen. Ich bin sehr dankbar, dass Volker Ernst ein CD-Release Konzert im Ratskeller veranstalten möchte, bei dem ich natürlich live etliche Songs dieses Albums präsentieren werde. Text/Foto: tau
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Auf einen Kaffee mit... Dittmar Bachmann
Über Melodien des Glücks
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