Bückeburg hat einen neuen Bürgermeister: Axel Wohlgemuth konnte die Wahl für sich entscheiden. Der Cammeruner ist ein Verwaltungsexperte und konnte sich bereits 100 Tage im Rathaus einleben. Zeit für eine Zwischenbilanz und einen Ausblick auf das laufende Jahr. **Nadine Hartmann:**100 Tage im Amt: Wie fassen Sie diese vergangenen drei Monate rückblickend zusammen? **Axel Wohlgemuth:** Die ersten 100 Tage habe ich im Wesentlichen darauf verwendet die Verwaltung kennenzulernen und mich noch tiefer in die aktuellen Vorgänge einzuarbeiten. Das Schönste war dabei, die Mitarbeiter in der Kernverwaltung und den Außenstellen kennenzulernen. Es macht einfach Spaß Kapitän von einer tollen Mannschaft zu sein und Einrichtungen zu besuchen, die von den Mitarbeitern mit Leben gefüllt werden. NH: Bei der Präsentation der Haushaltsplanung für die kommenden Jahre wurde ersichtlich, dass die städtische Verschuldung stark steigen wird: Können Sie den Lesern erläutern, worauf diese Neuverschuldung beruht und warum die Stadt tatsächlich finanziell nicht wirklich schlecht dasteht? AW: Richtig ist, dass aufgrund der umfangreichen Sanierungsarbeiten in der GS Am Harrl die Schulden jetzt erheblich steigen. Allerdings steht diesen Schulden auch ein Wert entgegen. Bei der Stadt verhält es sich am Ende des Tages nicht anders als beim privaten Häuslebauer: Wer ein Haus baut oder umfangreich saniert braucht dafür in der Regel auch einen Kredit. Im Vergleich zu vielen anderen Kommunen stehen wir mit unserem Verschuldungsstand zwar immer noch gut da, allerdings darf man nicht verkennen, dass wir mit unseren Sanierungsmaßnahmen eigentlich zu spät dran sind. Wenn wir unsere Schulen schon vor einigen Jahren saniert hätten, dann wäre die Stadt heute zwar auch schon höher verschuldet, hätte allerdings von niedrigen Baukosten profitiert und würde bereits heute finanziell von einem niedrigen Wärmeverbrauch profitieren. NH: Jüngst haben die Planungen für die Baumquartiere in der Innenstadt die Gemüter bewegt. Nun sollen alle Kaiserlinden gefällt und ersetzt werden. Können Sie erklären, wie es zur Planänderung kam und wie es nun konkret in der Innenstadt weitergehen wird? AW: Die Auswirkungen des Klimawandels spüren wir auch in Schaumburg deutlich. Wir haben uns daher gefragt, ob das Projekt den Auswirkungen des Klimawandels gerecht wird. Die Fachleute haben uns dann gesagt, dass die Kaiserlinden bereits recht alt sind und es nicht klar ist, ob diese die im Rahmen der Neugestaltung anstehenden Arbeiten überstehen würden. Zudem gibt es Arten wie den Feldahorn und den Amberbaum, die mit den klimatischen Veränderungen deutlich besser zu Recht kommen. Daneben steht natürlich auch die Aufenthaltsqualität der Innenstadt im Fokus - gerade nach den schwierigen Jahren der Pandemie für den Handel und die Gastronomie. Wir denken, dass wir mit den neuen, deutlich vergrößerten Anpflanzungen die Innenstadt auch optisch deutlich aufwerten. In diesem Jahr werden zunächst die Baumquartiere in der Langen Straße vor dem Braukeller/Blumen Schulz neu angelegt. In den nächsten Jahren folgen dann die weiteren Baumquartiere. NH: In der Pressekonferenz der Grünen haben die anwesenden Politiker und vor allen Dingen die eingeladene Initiative "Wir lieben Bückeburg" die Erweiterungspläne Bauernguts und die Stadt stark kritisiert. Unter anderem behaupten Sie, dass sehr wohl ein Bau in Gewerbegebiet Kreuzbreite möglich sei -im Zweifel solle man halt dieses bis an den Stadtrand ausweiten. Was sagen Sie dazu und können Sie im Gegenzug den Lesern erklären, warum dies nicht so einfach möglich ist? AW: Grundsätzlich wäre der Eingriff in das Landschaftsbild an dieser Stelle noch massiver, da die Höhe des geplanten Hochregallagers durch die Topographie des Geländes noch verstärkt würde. Zudem hat auch die Bundeswehr einem Hochregallager an dieser Stelle eine klare Absage erteilt, weil es in der Einflugschneise für den Flughafen Achum liegt. NH: Das Großprojekt der Sanierung der Grundschule am Harrl nimmt sichtlich Formen an, doch ist die Maßnahme ja eher ein Marathon als eine Kurzstrecke. Viele fragen sich, wann genau es denn bei den weiteren Grundschulen losgeht: Wie wird es bei den Grundschulsanierungen weitergehen und wie sieht hier der grobe Zeitplan aus. AW: Wir können die Grundschulen nicht parallel, sondern nur nacheinander sanieren. Mit genauen Zeitangaben ist es schwierig, da wir derzeit insgesamt viele Bauvorhaben am Laufen haben. In den anderen drei Grundschulen werden wir in diesem Jahr auf jeden Fall die raumlufttechnischen Anlagen und die Datenverkabel für die Digitalisierung installieren. Daneben steht die Modernisierung der Bühne und der Decke im Rathaussaal an, genauso wie die EDV-Verkabelung im Rathaus und die Sanierung des Stadthauses Der Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Cammer soll in 23/24 erfolgen, und so weiter. Wir haben in den nächsten Jahren einen erheblichen Sanierungsstau abzuarbeiten. Die Erwartung der Politik ist es aber zu Recht, dass wir in unsere Vorhabenplanung sowohl zeitlich als auch finanziell eine höhere Verbindlichkeit bekommen. NH: Im Jugend- und Familienausschuss wurde jüngst die Empfehlung ausgesprochen, 30 Kita-Plätze in Ganztagsplätze umzuwandeln. Zudem sollen neue Krippengruppen entstehen und das Hortangebot für das kommende Jahr ist voll belegt. Können Sie kurz skizzieren, wie es um die Kinderbetreuung in Bückeburg gestellt ist, welche Entwicklung hier von der Stadt erwartet wird und welche Maßnahmen folgen werden? AW: Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Betreuungsplätze deutlich ausgeweitet und sind hier grundsätzlich gut aufgestellt. Die Planung von Krippengruppen und dem Hortangebot ist aber einfach schwierig, da wir hier nicht viel Vorlaufzeit haben. Wir haben keinen Planungshorizont von mehreren Jahren, sondern regelmäßig nur von ein bis zwei Jahren. Das macht es deutlich schwieriger Schwankungen bei der Nachfrage auszugleichen. Wir stellen auch fest, dass der Arbeitsmarkt der Erzieher sehr eng ist und es uns immer schwerer fällt Stellen zeitnah zu besetzen. Das wird in den nächsten Jahren auch noch schwieriger werden. Wir stellen aber gerade Überlegungen an, wie wir Personal gewinnen und stärker an uns binden können. NH: Für alle unübersehbar wird derzeit die Postenbörse abgerissen. Doch wie wird es generell in diesem Jahr im Sanierungsgebiet Windmühlenstraße weitergehen? AW: Mit den Abrissen der Gebäude und dem zeitnahen Beschluss des Bebauungsplans gehen wir jetzt auf die Zielgerade. Wir haben verschiedene Vorgaben aus der Politik, die dieses Gebiet für die Stadt passend weiterentwickeln wollen. Kleine Wohnungen für Ein-Personen-Haushalte und günstiger Wohnraum für Familien sind z.B. solche Anliegen, aber auch die Frage ob Fossile Brennstoffe ausgeschlossen werden können. Wir wollen hier auch ein bisschen zeigen, wie urbanes Wohnen in Zukunft gut funktionieren kann. NH: Der Glasfaserausbau läuft an, stoppte dann aber plötzlich wieder. Woran liegt das und werden die bisher ausgeklammerten Ortschaften auch noch in die Erfassung mitaufgenommen? AW: Es liegt nicht an der Stadt, dass der Ausbau nicht voran geht. In einem Fall hat der Landkreis die Arbeiten aufgrund einer fehlenden Genehmigung gestoppt. Der Ausbau der digitalen Netzinfrastruktur ist eine entscheidende Zukunftsfrage. So wie sich Firmen häufig die Nähe zu einer guten Verkehrsinfrastruktur suchen, so suchen sich Firmen aber auch Menschen eine stabile und schnelle Anbindung an das Internet. Wenn wir als Stadt zukünftig erfolgreich sein wollen, dann geht dies nur mit einem wirklich guten Ausbau des Breitbandnetzes. NH: Was wird sonst noch in diesem Jahr wichtig für Bückeburg und seine Bürger? AW: Abgesehen von den besorgniserregenden weltpolitischen Ereignissen wäre ein Ende der Corona-Pandemie und eine Rückkehr zur Normalität wichtig. In den vergangenen Monaten haben wir auch in Bückeburg verschiedene Versammlungen erlebt und man konnte den Eindruck gewinnen, dass sich Befürworter der Corona-Maßnahmen und Impfskeptiker unversöhnlich gegenüberstehen. Die meisten Bückeburger schätzen - das sind zumindest die Rückmeldungen die ich überwiegend bekomme - das Miteinander in unserer Stadt als sehr gut ein. Das ein oder andere Fest, dass in diesem Jahr hoffentlich wieder möglich ist, wird diesen Eindruck wieder stärken.
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„Haben erheblichen Sanierungsstau abzuarbeiten“
Bückeburg Bürgermeister Axel Wohlgemuth bereits 100 Tage im Amt / Ausblick
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