RINTELN (ste/privat). Anfang 2022 will die "IMMAC Group" in der Klosterstraße ein Wohn- und Geschäftshaus neu bauen. Dazu werden zwei Gebäude abgerissen. Dr. Stefan Meyer leitet in Rinteln das Museum Eulenburg. Er hat für das Schaumburger Wochenblatt recherchiert und herausgefunden: "Die ehemalige Geschäftsstelle der Schaumburger Zeitung ist ein überregional bedeutendes Zeugnis der Werkbundarchitektur!" "Noch ist es ein markanter Teil des Stadtbildes in der Rintelner Klosterstraße, bald wird es nur noch Erinnerung sein: das ehemalige Gebäude der Schaumburger Zeitung. Es handelt sich dabei um markante, zeittypische und zugleich qualitätvolle Werkbundarchitektur aus dem Jahr 1926. Sie ist hier nicht nur äußerlich, sondern auch mit ihrer Ausstattung in Inneren hervorragend gut erhalten und zugleich das einzige Architekturzeugnis der Weimarer Republik in der gesamten Rintelner Fußgängerzone. Mehr als 90 Jahre diente das Haus unverändert seinem Bestimmungszweck als Redaktionsgebäude. Klare Linien und Farben, sehr dezente, aber umso phantasievollere, futuristische Ornamente, Qualität in der Ausführung verknüpft mit modernen Materialien und Fertigungstechniken lautete das Credo dieser elitären Vereinigung, der tatsächlich einiger Erfolg beschieden war. Sie legte in Deutschland den Grundstein für die nachfolgende Architektur des Bauhauses, die bis heute stilprägend geblieben ist. Max Heidrich, ein gelernter Bautischler, stieg bis 1910 zum Chefdesigner der Paderborner Möbelfabrik "Werkstätten Stadler" auf. In dieser Funktion kam er auch in den Kreis anderer fortschrittlicher Gestalter und wurde aktiver Teilnehmer an der ersten großen Ausstellung der Deutschen Werkbundes 1914 in Köln. 1926 machte er sich als Architekt selbstständig und baute sowohl in einer an traditionellen Bauproportionen orientierten, aber vom Historismus abgelösten Sachlichkeit (wie in Rinteln) als auch im Bauhaus-Stil der Moderne (Kaufhaus Klingenthal in Paderborn, 1928). In Rinteln war es Franz Brock, der Herausgeber der Schaumburger Zeitung, der Heidrich den Auftrag für den Neubau des Hauses erteilte. Brock war ein ausgesprochen konservativer und an kultureller Tradition orientierter Pressemann und scheint beim Abbruch des alten, stattlichen Vorgängerhauses ein schlechtes Gewissen gehabt zu haben. Sicherlich nicht zufällig nahm der Neubau Proportionen und Gestaltungselemente des alten Fachwerkhauses auf und fügte sich bestmöglich in die vorhandene Bebauung in der Klosterstraße ein. Auch für seinen Architekten war das Rintelner Projekt maßgeschneidert. Denn Heidrich entwarf nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch die Innengestaltung mit Täfelungen, Treppengeländern und Stuckdecken. Mit kräftigen, ursprünglich dunklen Holztönen, filigranen, minimalistischen Ornamenten und einer auffallenden Klarheit in allen Formen war er auf der Höhe seiner Zeit und folgte dem zeitgemäßen Geschmack des Art Decó. Besonderes Augenmerk legte Heidrich auf die Funktionalität der Raumaufteilung. Die Anordnung und der Zuschnitt der Räume stand im Zeichen der bestmöglichen Nutzbarkeit und schloss Dielen und Treppen mit ein. Die in diesem Fall noch spärliche Verwendung von Sichtbeton könnte man auch als Vorgriff auf die nachfolgenden Bauprojekte Heidrichs interpretieren. Bei ihnen handelte es sich um Großprojekte wie Kaufhäuser, Kinos, Wohnbauten und öffentliche Gebäude, überwiegend im Bauhausstil. Sie entstanden in Paderborn und stehen dort, soweit noch vorhanden, unter Denkmalschutz!" Stefan Meyers Informationen kommen aus Quellen wie Klaus Hohmann "Neues Bauen und Wohnen" sowie dessen Werk "Vita und Wirken des Paderborner Designers und Architekten Max Heidrich", aus der Bauakte des Bauamts der Stadt Rinteln sowie aus dem Stadtarchiv Paderborn. Foto: privat/ste
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Abriss für Neubau
Dr. Stefan Meyer recherchiert zum Gebäude der Schaumburger Zeitung
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