1. Heilige Orte

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    Es ist eine für unsere Ohren seltsame Bitte, die Naaman, ein hoher General des Königs von Aram, der in Israel fremd ist, im Zweiten Buch der Könige des Alten Testaments an den Propheten Elischa richtet: Man möge ihm, wenn er Israel wieder verlasse, soviel von Israels Erde mitgeben, "wie zwei Maultiere tragen können" (2 Kön 5,17). Zuvor hatte ihn der Prophet Elischa durch die Kraft Gottes von einer schweren Krankheit geheilt und aus Dankbarkeit will Naaman Gott jetzt auch in seiner Heimat Opfer darbringen und er glaubt, dass dies nur auf israelitischem Boden möglich ist, weil er Gott für eine Art israelitische Lokalgottheit hält. Natürlich ist uns diese Vorstellung Naamans zunächst einmal fremd: Der Glaube der monotheistischen Religionen an die Allmacht Gottes passt kaum zu Naamans begrenztem Gottesbild. Aber hinter dieser Fremdheit steht für einige von uns vielleicht doch eine Erfahrung, die wir mit Naaman teilen: Der aramäische General hat Israel als einen Ort kennengelernt, an dem er Gottes Kraft in besonderer Weise gespürt hat, so sehr, dass sich die Verzweiflung über seine Krankheit in neue Zuversicht verwandelt und er diesen Ort sozusagen mitnehmen möchte. Vielleicht gibt es auch in unserem Leben solche Orte, an denen wir Gottes Nähe besonders intensiv erleben, Orte, an denen wir mit uns selbst wieder ins Reine kommen, Orte, die für uns zur Heimat geworden sind. Dies können Plätze sein, die man auch tatsächlich auf Landkarten oder Stadtplänen findet: Die Heimatstadt bzw. das Heimatdorf, ein besonderer Platz in Schaumburgs schöner Natur oder ein Kirchengebäude, das zur Andacht einlädt. Zur Heimat können aber auch Zusammenhänge werden, die sich nicht auf Landkarten einzeichnen lassen: Die Beziehungen innerhalb der Familie oder Freundschaften, welche uns ein Leben lang tragen. Schließlich kann es so eine Art geistige Heimat geben, die unserem Leben Halt gibt, wie zum Beispiel der Glaube. Aber diese Erfahrungen von Heimat sind gefährdet: Weltweit müssen Menschen auf der Flucht ihre Heimat verlassen, viele haben den Eindruck, dass soziale Beziehungen immer oberflächlicher werden und Glaube sowie Kirche für viele Menschen ihre Bindungskraft verlieren. Um so mehr wünsche ich uns allen, dass wir Naamans Erfahrung teilen und einen Ort finden, an dem wir Gottes Nähe spüren, der für uns zu einem heiligen Ort, also zur wahren Heimat werden kann.

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