1. Halbzeit!

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    "Einundsiebzigeinhalb!" So lautet der Titel eines Chansons, das der Liedermacher Reinhard Mey vor genau 50 Jahren textete und sang. "Einundsiebzigeinhalb!" - damit meinte er die Mitte des Jahres 1971. In seinem Lied zieht Reinhard Mey eine Bilanz darüber, was alles er sich am Neujahrsmorgen ganz fest vorgenommen hatte und was daraus wurde. Er überlegt: "Wieviel hab' ich unterdessen von den Vorsätzen vergessen, von Versprechen, die ich gab." Genau ein halbes Jahrhundert ist das jetzt her. "Einundzwanzigeinhalb!" Wieder ist die erste Hälfte eines Jahres vorüber - die zweite Hälfte hat eben begonnen - und auch wir könnten jetzt reflektieren, welche Vorhaben wir in die Tat umgesetzt und was wir im täglichen Allerlei recht bald aus den Augen verloren haben. Wir dürfen uns fragen: Hat sich seither so viel geändert? Wollten wir nicht an uns selber arbeiten? Wollten wir nicht sportlicher und effektiver werden? Ist etwa so manches Pfund, über das wir zum Jahresbeginn klagten, noch immer auf unseren Rippen? Liebe Leserin, lieber Leser! Mancher von uns hat da so seine eigenen Fragen und Vorstellungen. "Ich bin, wie ich bin!", mögen Sie dagegenhalten - und haben nicht ganz unrecht. Gott hat den Menschen als Individuum geschaffen und nimmt ihn so an, wie er ist. Stimmt! Aber wird das nicht oft und gern als eine Bestätigung missverstanden, ständig in alten Bahnen und Gewohnheiten zu bleiben? Könnten wir es nicht auch als eine Ermutigung verstehen, im eigenen Leben zu neuen Ufern aufzubrechen? Was ließe sich alles ändern! Immerhin ist Gott noch nicht fertig mit uns. Er ist doch da - begleitet und behütet uns. Möglicherweise sind es ja ganz andere Dinge, über die wir nachdenken und die wir ändern sollten. Wer ständig nur um sich selbst und die eigenen Bedürfnisse kreist, verschließt sich und verliert leicht andere, wesentlichere Aspekte aus dem Blick. Wie kann ich meine eigene Perspektive erweitern? Muss ich in meiner Umgebung oder im großen Weltgefüge nur "Zaungast" sein? Wo könnte ich anderen Menschen in deren Notlage helfen und ihnen konkret zur Seite stehen? Wäre es nicht wichtig, sich selbst mit seinen Ideen und Talenten zum Wohl der Gesellschaft einzubringen - etwa, wenn es um die Bewahrung von Gottes Schöpfung oder die Erneuerung einer Kirche geht, die es momentan bitter nötig hat? Reinhard Mey jedenfalls nutzt in seinem Lied die Gelegenheit, Inventur zu machen. Dabei findet er neben ein paar Dutzend leerer Flaschen auch einige alte Neujahrskarten, die er an seine Freunde verschickt. Denen schreibt er: "Eine gute zweite Halbzeit und ein gutes altes Jahr. Werde, was Ihr Euch wünscht Wirklichkeit, bis zum ersten Januar." In diesem Sinne. Bleiben Sie behütet - auch in der zweiten Halbzeit! Johannes Tuschhoff-Cicigoi, katholische St. Joseph-Gemeinde Stadthagen

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