1. Das Hakenkreuz wird Teil des dörflichen Alltagslebens

    Ausstellung im Amtspfortenmuseum zeigt Kinderbilder aus der NS-Zeit

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    STADTHAGEN (bb). Die Ausstellung "Mussolieni färt durch Probsthagen" im Museum Amtspforte vermittelt in gewisser Weise einen Rückblick in die Geschichte durch Kinderaugen. Von Schülern gemalte Bilder geben einen Eindruck vom dörflichen Leben in Schaumburg von 1937 bis 1940 und damit auch davon, wie nationalsozialistische Symbolik im Alltagsleben an Einfluss gewinnt. Das Motiv, welches der Ausstellung ihren Titel verleiht, ist allerdings eine Ausnahme, weil kaum zum Alltagsleben zu zählen. Als der italienische Diktator beim Staatsbesuch mit dem Zug auch durch Schaumburg-Lippe fuhr, dürfte dies für die Kinder der Volksschule Probsthagen ein außergewöhnliches Ereignis gewesen sein. Sie haben es vermutlich mit ihrem Lehrer Karl Blaume verfolgt. Später hielten es mehrere in den Bildern fest, die im Unterricht des Pädagogen Blaume entstanden. In einem eben mit der Überschrift samt Rechtschreibfehlern betitelt: "Mussolieni färt durch Probsthagen". Eine Atmosphäre der Unbeschwertheit würden viele der Tuschebilder vermitteln, wie der Kunsthistoriker Doktor Oliver Glißmann erläuterte, der die Ausstellung gestaltete. Farbenfroh sind diese zumeist und zeigen vor allem Szenen aus dem ländlichen Alltagskultur, regen oft zum Schmunzeln an. Das fröhliche Treiben in verschneiter Landschaft, die Jagd, die Apfelernte oder die Hausschlachtung sind solche Motive. Dabei spiegele sich jedoch auch wieder, wie die nationalsozialistische Ideologie das Dorfleben zu vereinnahmen beginnt. Hier das Hakenkreuzsymbol an der Lokomotive, dort die entsprechende Flagge. Oder der SA-Mann, der in Uniform in der Stube einer Familie steht, den Arm zum Hitlergruß in die Höhe gestreckt. Außerdem schlage sich die technische Entwicklung auch im ländlichen Raum nieder, wie Glißmann bei der Ausstellungseröffnung erklärte. Die Industrialisierung setzte in Schaumburg-Lippe im 19. Jahrhundert ein. Die Errichtung von Strommasten, der Bau der "Reichsautobahn", der Motorradfahrer bilden den technischen Wandel wie die fortschreitende Elektrifizierung und Motorisierung in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts ab. Die "Übung der Wehrmacht" zeugt in diesem Motivbereich von den Kriegsvorbereitungen des NS-Regimes. Die Bilder würden die unbedarfte Wahrnehmung der Kinder wiedergeben, auch auf das Ausgreifen der nationalsozialistischen Ideologie auf das ländliche Leben, wie Glißmann festhielt. Lu Seegers, Geschäftsführerin der Schaumburger Landschaft, verwies auf die Bedeutung der Bilder als Zeugnis der Vergangenheit, es gehe hier um "einmalige Quellen". Die Landschaft förderte die Gestaltung der Ausstellung, die eine kleine Auswahl der vorhandenen Sammlung von Bildern ergänzt um Fotografien aus der Zeit zeigt. Wie Lu Seegers und Museumsleiter Jan-Nikolaus Döllinger erklärten, hatte Volksschullehrer Karl Blaume die Kinder in seinem Unterricht in Probsthagen zum Malen angehalten. Die Werke der jungen Künstler verwahrte er später, ebenso wie nach dem Tod des Pädagogen dessen Sohn. Helga Warschewski und Sabine Korallus stellten die Verbindung zur Schaumburger Landschaft her. Probsthäger steuerten weitere Leihgaben sowie Informationen zu deren Gestaltung bei. Die Ausstellung kann bis zum 26. September kostenfrei im Museum Amtspforte in Stadthagen besichtigt werden.Foto: bb

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