1. "Für uns ist es kurz vor Zwölf"

    Mehrgenerationenpark in finanzieller Not / Wenig Einnahmen, keine Hilfen

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    SEGGEBRUCH (nh). Der Mehrgenerationenpark (MGP), ein gemeinnütziges und in seiner inhaltlichen Form einzigartiges Leuchtturmprojekt und Inklusionsunternehmen, das auch Menschen mit Behinderungen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, ist nach seiner Eröffnung im November 2020 in eine finanzielle Notlage gerutscht. Durch ausbleibende Veranstaltungen und Einnahmen durch das Restaurant geht die ursprüngliche Rechnung nicht mehr auf, die Einnahmen decken bei weitem nicht die Ausgaben. Da das gemeinnützige Unternehmen erst im April 2020 gegründet wurde und somit keine Vergleichszahlen aus 2019 vorweisen kann, bekommen es seitdem auch keinerlei Corona-Hilfen und muss alle Fixkosten selber tragen. 29.000 Euro macht der Mehrgenerationenpark jeden Monat Miese. Alle Reserven wurden bereits aufgebraucht. Nun sind sie auf Spenden angewiesen, bis eine Lösung gefunden wird. Und das muss so schnell wie möglich passieren: "So halten wir vielleicht noch einen Monat durch". Einzigartiges Projekt 
vor dem Aus Aus diesem Grund luden die Geschäftsführerin des MGP und Vorsitzende des zugehörigen, gemeinnützigen Vereins, Manuela Tarbiat-Wündsch, sowie Schirmherr Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe zu einer Pressekonferenz geladen. Unterstützt wird das Projekt und sein Hilfegesuch ebenfalls von der Schauspielerin Radost Bokel, die eigens hierfür nach Bückeburg gereist war. Die eigentliche Eröffnungsfeier für das Projekt, in das insgesamt rund 1,2 Millionen Euro Fördergelder geflossen sind, musste bereits zweimal corona-bedingt abgesagt werden. Und auch anderweitig lief es für das Vorzeigeprojekt leider nicht rund: Das Restaurant konnte seinen Betrieb nie wirklich aufnehmen, auch die geplanten Veranstaltungen im großen Saal mit Platz für 100 Personen oder aber auf der Außen- oder Dachterrasse konnten niemals stattfinden. Doch die Einnahmen durch das Restaurant und Kartenverkäufe für Veranstaltungen war fest eingeplant - das Unternehmen ist auf Gemeinnützigkeit ausgelegt und war daher nie darauf ausgerichtet, große Profite zu erzielen. Die Wohnungen waren alle schnell belegt, Menschen aus ganz Deutschland hatten sich hierfür beworben. Dabei sind die 33 Wohnungen nach Quoten belegt - sowohl Familien, Alleinerziehende, Alleinstehende, Rentner als auch Menschen mit Behinderungen haben hier ihr gemeinsames Zuhause in ansprechenden Wohnungen zum moderaten Preis. "Das macht dieses Projekt ja besonders attraktiv - das gemeinsame Leben verschiedener Hintergründe, und das zu einem bezahlbaren Preis. Gerade günstige Mietwohnungen lassen sich immer schwerer finden", berichtet Tarbiat-Wündsch. Doch auch, dass hier im Restaurant und Betrieb auch Menschen mit Behinderungen wie Autismus nicht nur sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden, sondern dass Stellen hier eigens nach den Bedürfnissen und Kenntnissen dieser Menschen geschaffen wurden, macht dieses Projekt einzigartig. Insgesamt sind 14 Personen dort beschäftigt, davon vier mit Behinderungen, die hier ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Leider sind alle derzeit in Kurzarbeit, weitere Stellen können nicht geschaffen werden. Eigentlich sollten bis zu 22 Personen dort angestellt werden, 40 Prozent davon Menschen mit Behinderungen. Inklusion leben Die Geschäftsführerin Manuela Tarbiat-Wünsdch hängt mit ihrem ganzen Herzen am Projekt, sie selbst hat einen erwachsenen Sohn mit Autismus, der ebenfalls im MGP im Büro arbeitet und mit zwei weiteren Mitbewohnern dort in einer WG lebt. Sie weiß daher genau, was Inklusion bedeutet, besonders für die Betroffenen. "Die jungen Menschen wachsen inklusiv auf, und nach der Schule sollen sie dann in einer Behindertenwerkstatt für ein Taschengeld arbeiten. Das muss doch auch anders gehen, habe ich mir vor langer Zeit gedacht", so Tarbiat-Wündsch. Aus einer kleinen Idee, in einem Drei-Familienhaus ein derartiges Projekt zu realisieren, wurde schnell viel mehr. Immer mehr Menschen konnten sich dafür begeistern, die Idee wuchs und wuchs, sodass sie eines Tages zum Entschluss kam: "Ich brauche ein großes Haus". Mit der Realisierung dieses Projektes im Seggebruch hätte alles perfekt sein können, doch Corona und die folgenden Beschränkungen sprengten diesen Plan. "Im schlimmsten Falle wird die Zwangsschließung angeordnet und wir müssen die Angestellten kündigen, das wäre eine Katastrophe. Besonders für die Menschen mit Beeinträchtigungen, die dann Grundhilfe und Wohngeld beantragen müssten und nicht mehr für sich selber sorgen könnten, das wäre wirklich schade. Sie hatten sich so gefreut, einen Job zu finden und blühen hier richtig auf", so Tarbiat-Wündsch. Keine Reserven Rechnerisch sind alle Reserven aufgebraucht, allein Spenden und die Einnahmen aus Miete und dem Verkauf von vakuumierten Lebensmitteln auf dem Wochenmarkt halten das Unternehmen über Wasser. Daher ist es dringenst auf Spenden angewiesen, denn auf Corona-Hilfen mag niemand mehr hoffen, sehr wohl wird es aber probiert, Zugang zu Fördergeldern zu erhalten. Bisherige Anträge auf Überbrückungshilfen wurden jedoch abgelehnt, hauptsächlich weil das Unternehmen noch so jung ist und keine Umsätze des Vorjahres aufweisen kann. "Es kann doch nicht sein, dass wir wegen sowas durch das Raster fallen", verzweifelt Tarbiat-Wündsch. "Dass Vater Staat uns fallen lässt, hätte ich nie gedacht", sagt auch Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe. Nun wollen sich die Bundestagsabgeordneten Maik Beermann (CDU) und Marja-Liisa Völlers in Berlin für den MGP stark machen. Und auch Schirmherr Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe versucht, eine Öffentlichkeit für dieses Problem zu schaffen, dafür hat er unter anderem die befreundete Schauspielerin Radost Bokel ins Boot geholt. Auch Bokel wirbt um Spenden für das Leuchtturmprojekt, damit es nicht noch vor der offiziellen Eröffnungsfeier vor dem absoluten finanziellen Ruin steht. Foto:nh

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