1. Gastronomie kämpft ums Überleben

    Novemberhilfen kommen nach drei Monaten Wartezeit

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    LANDKREIS (mk). 75,5 Prozent der Gastronomen und Hoteliers bangen um ihre Existenz. Jeder vierte Unternehmer (24,9 Prozent) zieht konkret die Betriebsaufgabe in Erwägung, so das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Bundesverbandes des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DeHoGa). Und auch der Landesverband Niedersachsen bestätigt: "Es ist bei vielen 5 vor 12." Mittlerweile sind zwar Abschlagszahlungen der November- und Dezemberhilfe auf den Konten eingegangen, doch für manchen Betrieb könnte diese Hilfe zu spät kommen. Bundesweit verzeichnet die Branche Umsatzeinbußen von rund fünf Milliarden Euro, 100.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich anderweitig auf dem Arbeitsmarkt orientiert. Seit dem 2. November sind Holtels und Restaurants wieder geschlossen. Die Übernachtungen von Geschäftsreisenden sowie der Außer-Haus-Verkauf sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn die Betriebskosten laufen weiter - Mieten, Pacht, Strom, Gas, Wasser und auch die Löhne müssen weitergezahlt werden. Bei Abschlagszahlungen in Höhe von durchschnittlich 10.000 Euro gerät so mancher Betrieb in Schieflage. Und aufgrund sehr enger Förderrichtlinien fallen etliche von ihnen durch das Raster. So wie zum Beispiel das "La Trattoria" in Lindhorst. Dessen Besitzer Dario Pasque erklärt, dass sein Betrieb einfach zu klein sei. Entgegen anders lautender Gerüchte wird das Außer-Haus-Geschäft aber weiterhin als "On-Top-Einnahme" gerechnet, so steht es jedenfalls ganz deutlich in den offiziellen Richtlinien des Bundesfinanzministeriums und auch die DeHoGa bestätigt dies auf Nachfrage. Die Zeit drängt "Jetzt zählt jeder Tag", äußert sich Klaus Pittack jun. vom DeHoGa-Kreisverband Schaumburg zur angespannten Situation. Bislang hätten die heimischen Betriebe nur Abschlagszahlungen erhalten und erste Betriebe hätten durchblicken lassen, dass sie nicht weitermachen werden. Genaue Zahlen und konkrete Betreiber konnte er jedoch nicht nennen. Laut Kirsten Jordan, Geschäftsführerin des Landesverbandes, verändere sich die Situation täglich, ihr lagen keine konkreten Hinweise auf Schließungen im Landkreis vor. Das liege sicherlich daran, dass nun ein Teil des Geldes geflossen sei und viele Betriebe noch Hoffnung hätten, eine Schließung verhindern zu können. Die Insolvenzmeldung sei zudem bis zum 31. März verlängert worden. Die Lage sei sehr unterschiedlich. Während einige Hotels und Restaurants Abschlags- oder sogar auch Abschlusszahlungen für November erhalten hätten, würden andere immer noch ihr Geld warten. Kritik übte Jordan zudem an der Auszahlung des Kurzarbeitergeldes, dies verzögere sich ebenfalls und führe zu finanziellen Engpässen. Und ein weiteres Problem wird deutlich: Nur etwa zehn Prozent der eigentlichen Betriebskosten seien abgedeckt, erklärt Pittack. Dabei seien sowohl die November- als auch die Dezember-Hilfen "essenziell wichtig", um die Betriebskosten bis Ostern zu decken. Daher müssten diese weitaus höher ausfallen. Hinzukomme, dass ab Januar nur noch Mieten unterstützt würden, hier fielen zahlreiche Betriebe aus dem Raster, da diese sich im Besitz der Betreiber befänden. Und auch die Gehälter würden nicht mehr gezahlt, das treibe viele Inhaber in die Grundsicherung. Für den Neustart nach dem Lockdown hat Pittack eine klare Forderung: Deregulierung. Über 200 Vorschriften zur Dokumentation würden eine enorme Bürokratie-Belastung darstellen, durch Corona sei diese deutlich angestiegen. Die Politik müsse sich an ihr Versprechen halten, diese abzubauen, weil damit hohe Kosten einhergehen. "Wir sind auch personell ausgedünnt", weist Pittack auf eine weitere Folge des Lockdown hin. Gute und bestens qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien abgewandert. Unterschiedliche Situationen Georgio Pozidis vom Forsthaus in Bückeburg hat positive Nachrichten: "Bei mir läuft alles." Sein Steuerberater habe sich um alles gekümmert und 50 Prozent sowohl der November- als auch der Dezemberhilfe seien überwiesen worden. "Wir kommen noch über die Runden", beschreibt Nadine Fischer die derzeitige Lage. Gerade die ersten drei Monate bis Ostern seien für die Branche ohnehin mit weniger Einnahmen verbunden und nun würden auch die Versammlungen gänzlich wegfallen - eine generell schwierige Lage, die sich noch verschärft habe. Dennoch sei sie froh und dankbar, dass es überhaupt finanzielle Hilfen gebe. Viel schlimmer empfinde sie die Ungewissheit, wann es wieder weitergehen werde. Dario Pasqua, La Trattoria in Lindhorst, hat zu niedrige Fixkosten und fällt daher durch fast jedes Raster - weder die Soforthilfe im März 2020 noch das Überbrückungsgeld hätte er erhalten. Wenigsten seien nun zwei Abschläge der November- und Dezemberhilfe bei ihm eingegangen. Für Volker Ernst vom Ratskeller Wunstorf stellt sich die Situation gänzlich anders dar. Der Betrieb wartet noch immer auf die Auszahlung der Novemberhilfe: "Es läuft absolut nicht rund." Dabei sei das Geschäft im Januar fast gänzlich eingebrochen, hinzu kämen viele Abbuchen für Versicherungen, etc. "Die Mühlen mahlen langsam", macht er deutlich. Zudem erläutert Ernst, dass die die Unterstützung zwar bis zu 75 Prozent des Umsatzes ausfallen könne, je nach Einzelfall würde dann aber beispielsweise das Kurzarbeitergeld davon abgezogen. "Man bekommt viel weniger, als häufig suggeriert wird." Und das stellen der Anträge "ist schon sehr kompliziert gewesen." Im Dezember komme er wohl mit plus/minus Null heraus, doch im Januar werde er sicherlich ein Minusgeschäft machen.
Foto: nhArchiv/privat

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