1. "Dann holen wir die Nordsee eben zu uns"

    Kinderschutzbund: Teenager blicken auf ein "verrücktes Corona-Jahr" zurück

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    RINTELN/EXTEN (km). Zum Jahresabschluss im Kinderschutzbund-Projekt "Coaches für Teenager" hatten sich Susanne Meyer und Luisa Heinz vor Weihnachten noch einmal mit allen Jungen und Mädchen auf dem Bauwagen-Grundstück in Exten getroffen - wie schon fast das ganze Jahr über unter strikter Einhaltung der Hygienebestimmungen. Trotz niedriger Temperaturen saßen die Jugendlichen, ein Coach und die Fachkräfte in der Runde und unterhielten sich darüber, wie das Jahr 2020 aus ihrer Sicht verlaufen ist. Dass es ein "verrücktes Jahr" war, darin waren sich alle Anwesenden einig: Die Corona-Pandemie hatte auch große Auswirkungen auf die inhaltliche Gestaltung des Projekts. Ein wichtiger Bestandteil der Teenagergruppe sei eigentlich, so das Resümee, "dass die Jugendlichen ausprobieren, vorausschauend zu planen, wie sie ihre eigenen Ideen in die Tat umsetzen können." Das Projekt lebe von den im wöchentlichen Rhythmus stattfindenden Treffen und dem Erleben von Gemeinschaft und Selbstwirksamkeit. Aber bereits beim ersten "Lockdown" im Frühjahr seien diese Aspekte ins Wanken geraten: "Beispielsweise vorhersehbare Absprachen, gesellige Zusammentreffen in großer Runde oder die Umsetzung handwerklicher Projekte mit geringer körperlicher Distanz waren beeinträchtigt oder gar nicht mehr möglich." Infolgedessen haben Susanne Meyer und Luisa Heinz Alternativen geschaffen, um auch "auf Abstand" ein offenes Ohr für die Anliegen der Jugendlichen zu haben und ihnen insbesondere in diesen ungewissen Zeiten Rückhalt zu bieten. Unter Berücksichtigung eines selbst entwickelten Hygienekonzepts boten die Kinderschutzbund-Mitarbeiterinnen und weitere ehrenamtliche Coaches so ab März sowohl 1:1-Gespräche als auch ab Mai Treffen in halber Gruppenstärke an. Und sie veranstalteten mit Hilfe von Smartphones eine über mehrere Wochen andauernde "Challenge" für die Jugendlichen, bei der es darum ging, jeden Tag eine kleine Herausforderung zu bewältigen und das Ergebnis per Foto den anderen in der Gruppe zu präsentieren. Am Ende brachten die Mitarbeiterinnen den Jugendlichen einen Preis nach Haus, zum Beispiel Zutaten zum Backen oder diverse Anregungen und "Mutmacher". Schon im Frühsommer zeichnete sich ab, dass die lange gemeinsam geplante Sommerfreizeit der Jugendlichen an der Nordsee nicht würde stattfinden können. "Doch auf den Ideen-Reichtum unserer Jugendlichen ist Verlass", befand Projektleiterin Susanne Meyer. Ein Teenager habe gesagt: "Dann holen wir die Nordsee eben zu uns aufs Bauwagen-Grundstück!" Dieser Einfall habe geradezu eine Euphorie ausgelöst. In den Wochen vor der Sommerfreizeit hätten die Jugendlichen beispielsweise Cocktail-Rezepte gesammelt und eine Strandbar aus Palettenholz gebaut. Sand und Muscheln habe man organisiert, genauso wie Original-Strandgras und ein knallbuntes Planschbecken. Auch während der Freizeitwoche wurden die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln konsequent eingehalten. So kümmerten sich beispielsweise allein die Fachkräfte um alles, was mit Essen zu tun hatte. Außerdem trugen alle Beteiligten eine Maske, wenn der Abstand es erforderte und die Jugendlichen schliefen bei der Zeltübernachtung auf dem Bauwagengrundstück zum Abschluss der Ferienwoche in Einzelzelten. Beim Jahresrückblick schwärmten alle Jugendlichen von der Zeit im August mit echtem Nordsee-Feeling. Beim Rückblick auf das "Corona-Jahr" nannten die Jugendlichen natürlich auch einige Punkte, die sie "doof" fanden: Dass sie ständig eine Maske tragen und ihre Hände desinfizieren mussten etwa, dass nicht die ganze Gruppe zusammenkommen durfte, dass die früher so beliebten Ausflüge nicht stattfinden durften, dass sie nicht eigenständig kochen durften. "Wir haben uns klein gefühlt, weil wir uns z.B. unser Essen nicht selbst auf die Teller tun durften", nannten die Jugendlichen ein Beispiel. Gleichzeitig äußerten sie großes Verständnis für die Relevanz der Vorsichtsmaßnahmen. Am Ende blieb noch die Frage nach den Wünschen für das kommende Jahr. Auch dabei ähnelten sich die Äußerungen der Jungen und Mädchen: "Wir wollen unsere Freiheit zurück! Wir wollen uns wieder ohne Einschränkungen mit allen anderen aus unserer Gruppe treffen können und selbstständig und eigenverantwortlich auf dem Grundstück tätig werden. Wir wünschen uns sehr, dass wir alle gesund durch die Pandemie kommen. Und wir wollen im nächsten Sommer wieder wegfahren, am liebsten an die Nordsee!"Foto:km

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