1. Auf einen Kaffee mit Olaf Stol...

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    Auf einen Kaffee mit Olaf Stolze Name: Olaf Stolze Alter: 61 Jahre Wohnort: Sachsenhagen Beruf: hat bis zur Frührente bei der K+S AG unter Tage gearbeitet Hobbys neben dem "Sondeln": Haus & Garten Lieblingsfortbewegungsmittel: die Füße Lebensmotto: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden." Von Jana Grube Einigermaßen gutes Wetter, viel Geduld, einen Metalldetektor und einen Spaten: Mehr braucht Olaf Stolze nicht, um seinem Hobby nachzugehen. Er ist Sondengänger. Den erforderlichen Kurs beim Landesamt für Denkmalspflege absolvierte er 2012, nachdem er zufällig auf ein Online-Video über Sondengänger gestoßen war. "Und ich würde mich als Hobby-Historiker bezeichnen", schmunzelt er, als ich ihn zu Hause in Sachsenhagen besuche. Schlachtfelder bei Hessisch Oldendorf und Seelze während des Dreißigjährigen Kriegs (1618 bis 1648) hat er ebenso abgesucht wie die Umgebung Wunstorfs und den hiesigen Raum nach seinem Umzug nach Sachsenhagen vor zwei Jahren. Genehmigungen für ein bestimmtes Gebiet und einen festgelegten Zeitraum stellt die jeweils zuständige Denkmalschutzbehörde aus. Die Erlaubnis des Eigentümers der Fläche, auf der Stolze mit seinem 250 Gramm schweren Metallsuchgerät "sondeln" geht, wie es im Fachjargon gern heißt, muss er selbst einholen. Zeit bleibt ihm nur zwischen der Ernte und Neueinsaat. "Früher stand ich schon um 4 Uhr morgens auf dem Acker", erinnert sich der 61-Jährige. Der Detektor kann Gegenstände bis zu 40 Zentimeter tief im Boden orten. Die Wahrscheinlichkeit eines Treffers beziffert der hiesige Sondengänger auf 1:30. Meist deute das Piepen auf Müll wie Nägel, Flaschenverschlüsse und Alufolie hin. Was mit viel Muße unter anderem ans Tageslicht kommt, präsentiert mir Stolze auf einem Tablett. Fast 2000 Jahre alte Silberdenare aus der Zeit des römischen Kaisers Hadrian, der von 117 nach Christus regierte. Eine gut 1000 Jahre alte kleine Silberglocke und einen ebenso alten Herz-Ring aus Bronze, der nicht einmal auf meinen kleinen Finger passt. Gürtelschnallen aus dem Mittelalter, Bleikugeln, Metallknöpfe und seltene Silbertaler aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs -"mein schönster Fund", wie Stolze über Letztere sagt. Münzen unter anderem aus dem deutschen Kaiserreich um 1900 und Pfennige aus der NS-Zeit: "Was ich bisher alles gefunden habe, kann man gar nicht aufzählen", meint Stolze. Allein auf dem Hessisch Oldendorfer Schlachtfeld, das er drei Jahre lang systematisch abgesucht hat, waren es mehr als 800 Bleikugeln der Vorderlader-Gewehre. An einem anderen Fundort im Raum Seelze hat er nicht nur 400 Jahre alte Münzen zu Tage befördert. Er entdeckte anhand abgefeuerter und noch unverschlossener Spitzkugelgeschosse auch ganz nebenbei, dass die Armee des Königreichs Hannover dort wohl einen Übungsschießplatz gehabt hatte. "Nicht einmal das Stadtarchiv Seelze wusste davon", sagt Stolze. Heute steht an der Stelle ein Neubaugebiet. Und die ältesten Relikte? "Das sind drei Beile", verrät der ehemalige Bergmann stolz. Das jüngste, ein Randleistenbeil, stammt aus der Bronzezeit zwischen 1000 und 2000 vor Christus. Stolze war so fasziniert -"das ist Werkzeug, Waffe und Kulturgegenstand zugleich"-, dass er es sogar nachbaute. Dass er es ausgegraben hat, ist für ihn pures Glück gewesen. Dreimal habe er die besagte Fläche schon abgesucht "und immer nur Schrott gefunden". Weil seine damals zehnjährige Enkelin unbedingt auch mal etwas finden wollte, ging er mit ihr noch einmal dorthin, hatte aber zuvor zwei Münzen platziert. "Und dann machte es noch ein drittes Mal 'Bing'", erinnert sich der Großvater. Das zweite Beil fand er vor knapp einem Jahr, es ist ein geschweiftes Flachbeil aus der Kupferzeit um 2000 vor Christus. Und über seine mit Abstand älteste Entdeckung, ein Steinbeil aus dem Neolithikum, ist er erst in diesem März buchstäblich gestolpert: "Das lag einfach auf dem frisch gepflügten Acker", erzählt der Hobby-Historiker, "ich musste es nur aufheben". Zeitlich genau einordnen könne man es bisher nicht - das Original hat zurzeit noch der Kommunalarchäologe Daniel Lau -, aber es datiere in jedem Fall aus einer Zeit zwischen 6000 und 4000 vor Christus! Er selbst spricht von einem "Fünfer im Lotto". Wer hat das noch in der Hand gehabt? Unter welchen Umständen ist es in die Erde gekommen? Hat es jemand verloren? Oder vergraben? Vielleicht als Opfergabe an die Götter? All das sind Fragen, die den Geschichtsfan beschäftigen und das Sondeln für ihn so faszinierend machen. Die drei Beile sollen nun ins Museum in Rinteln wandern. 800 seiner Funde werden beim Landesamt für Denkmalpflege verwahrt. "Jeder Fund, der von historischer Bedeutung sein könnte, wird mit GPS-Daten eingemessen und gemeldet", so Stolze. Sein erster Fund überhaupt, als er 2012 losging, war übrigens gleich ein großer: Eine Speerspitze, hergestellt irgendwann im Mittelalter zwischen den Jahren 1000 und 1600. "Und wenn Sie beim zweiten Mal dann auch noch gleich eine mehrere hundert Jahre alte goldene Schnalle finden, hat Sie das Fieber gepackt", lacht der Sachsenhäger. Er freue sich über jeden Fund, aber: "Je älter, desto besser." BUZ LK40JL06 01: Olaf Stolze geht seit 2012 mit seinem Metallsuchtgerät auf Schatzsuche. BUZ LK40JL06 02: Der Hobby-Historiker mit einer Auswahl seiner Funde. BUZ LK40JL06 03: Wenn es piept, ist es in einem von 30 Fällen ein Treffer, sonst nur Müll, der unter der Erde liegt. BUZ LK40JL06 04: Dieses Randleistenbeil aus der Bronzezeit gehört mit den anderen beiden Beilen links im Bild (das Steinbeil ist eine Kopie) zu den ältesten Funden.

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