1. Mohamad ist in Daraa in Syrien...

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    Mohamad ist in Daraa in Syrien geboren und hat sich mit 21 Jahren allein auf den Weg nach Deutschland gemacht. In seiner Heimat hat er eine Ausbildung als Computer Ingenieurassistent gemacht, im Netzwerkbereich in Damaskus gearbeitet und vier Semester online nebenher im IT-Bereich studiert. Das Studium befreite ihn zeitweise vom Dienst an der Waffe. Wobei dass, wie er erzählt, nur auf einem Stück Papier steht: "Das kann jederzeit und ganz einfach verschwinden oder auch zerrissen werden. Je nach Laune der kontrollierenden Soldaten". Und fast so ist es dann auch gekommen. Der Heimatort wurde bombardiert und Mohamad ist mit seinen Eltern und seinen acht Geschwistern zu Freunden in einen 30 Kilometer entfernten Ort geflohen. Vom Staat wurde er dann gezwungen, sein Studium zu beenden. Als er dann doch noch zu einer Prüfung nach Damaskus ging, kam er in eine Kontrolle. Der Soldat war ihm wohlgesonnen und gab ihm folgende Worte mit auf den Weg: "Hau ab soweit Du kannst und komm nicht wieder!". Damit geriet der Stein der Flucht ins Rollen. Über Freunde fand Mohamad schnell Informationen, wo man Schleuser in Richtung Türkei findet. Es war der 15. August 2015 morgens um 4 Uhr, als Mohamad sich mit einem kleinen Rucksack, seinen Papieren und ein wenig Geld auf den Weg machte. Für 100 Doller versprach man ihm schnell und ohne Sorgen das Land verlassen zu können. Doch weit gefehlt. Mit 40 Personen wurden sie in einem kleinen Haus versteckt und da erst einmal um mehr Geld erpresst. Alternativ drohte das Gefängnis. Das Gepäck wurde ihnen gestohlen und vom Süden Syriens ging es in sieben Tagen mit wechselnden Pkw in Richtung Aleppo - die Angst immer mit dabei. Von Idlib im Nordwesten Syriens ging es nach Antakya in die Türkei und dann nach Izmir. Das ständig neu Schleusser bezahlt werden mussten, bedarf wohl kaum einer Erklärung. In Izmir stand das zehn Personen Schlauchboot, auf dem zwei der 50 Flüchtlinge - darunter viele Kinder - eine kurze Einführung bekamen. Dann ging es bei Nacht los und bei stürmischer See brauchte das Boot über das Mittelmeer (normalerweise eine Stunde Fahrt) acht Stunden. "An Land kam es dann auch nur durch die jungen Männer, die es am Schluss schwimmend zogen", berichtet der heute 26-Jährige, der extra Kuchen für das Gespräch mit mir kaufte. In Griechenland (Chios) angekommen ging es ins Flüchtlingslager. Dort wurden Fingerabdrücke abgenommen und dann ging es auf eigene Kosten nach Athen. "Ich wollte auf jeden Fall nach Deutschland und in Frieden leben", erzählt Mohamad. So ging es nach Mazedonien, Serbien und nach Ungarn. Dort musste er sich wieder auf Schlepper einlassen, da er in Ungarn nicht erneut seine Fingerabdrücke hinterlassen wollte. Sonst wäre ihm die Weiterreise nach Deutschland verwehrt worden. Verstecken, bezahlen und Angst waren dann wieder an der Tagesordnung. Anfang September erfuhr er von der Grenzöffnung nach Österreich und einem Zug, der von Journalisten begleitet wurde. Dies bot zumindest ersteinmal ein wenig Sicherheit. Angekommen im Flüchtlingslager in München ging es recht schnell nach Bückeburg und dann nach Rinteln in die ehemalige Prince Rupert School. Da traf er sein großes Glück, seine Ersatz-"Hababa". Hannelore Theil erfuhr vom Eintreffen vieler Kinder in der Flüchtlingsunterkunft. Einigen davon wollte sie gerne einen schönen Nachmittag bereiten. Gesagt, getan. Nach mehreren Besuchen in der Unterkunft fand sich schnell ein kleines Mädchen, die gerne mit auf Entdeckungsreise in Rinteln gehen wollte. Doch Hannelore spricht Deutsch und Englisch und das kleine Mädchen nur Arabisch. Schnell fanden sich zwei junge Männer, dabei Muhamad, als Übersetzer. Zahlreiche schöne Nachmittage wurden so verbracht und der Spaß war auf allen Seiten groß. Schnell war Hannelore die ehrenamtliche "Hababa" (arabisch für Oma) in der Unterkunft. Als Anfang März die Flüchtlingsunterkunft aufgelöst wurde, verschlug es Mohamad nach Emden in eine kleine Wohnung mit fünf weiteren jungen Männern. Der Kontakt nach Rinteln zu Hannelore und ihrem Mann Burkhard blieb bestehen und auch deren Hilfestellung. Nach mehreren Deutschkursen und zahlreichen Bewerbungen für eine Ausbildung kam Mohamad im September 2017 wieder zurück nach Rinteln und zog zu den Theils in eine kleine Wohnung mit Familienanschluss. Hannelore und Burkhard standen ihm auch emotional immer zur Seite. Gemeinsam suchten sie weiter nach einer Ausbildungsmöglichkeit und waren dann 2018 erfolgreich mit der Aufnahme von Mohamad in der Eugen-Reintjes-Schule in Hameln. Jetzt, nach zwei Jahren, hat er seine Schulzeit als stattlich geprüfter Informationstechnischer Assistent mit vier Mal der Note sehr gut abgeschlossen und zum 3. August hat er in Barntrup bei "KEB Automation KG" einen Arbeitsvertrag. In Deutschland hat er zur Zeit eine Aufenthaltserlaubnis mit Erwerbstätigkeitserlaubnis. In den letzten Jahren erfuhr Mohamad immer wieder über Facebook und Whatsapp von Freunden, die entweder grundlos ins Gefängnis kamen oder im Krieg gefallen sind. Er ist froh in Deutschland sein zu dürfen, lebt gerne in Rinteln und freut sich, dass er bald selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann. Er hat hier viele Freunde gefunden und spielt bei der VTR Futsal. "Natürlich ist Deutschland nicht das Paradies, wie es in Syrien beschrieben wird, aber hier gibt es Rechte, Regeln und Respekt untereinander, Meinungsfreiheit und vorallem Frieden". Kontakt nach Hause hat er nur noch über das Internet. Er selbst möchte und kann nicht zurück und seine Familie könnte er nur in Jordanien treffen, wofür diese aber kein Visum bekämen. Der Nachname wurde im Artikel bewusst weggelassen und auch auf politische Aussagen wurde verzichtet; zum Wohl seiner Familie. Foto: ste/privat

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