1. Mit berechtigtem Stolz verweis...

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    Mit berechtigtem Stolz verweist er auf die lange Geschlechtergeschichte, zumal es immer weniger "echte" Münchhausen gibt. "Wohl etwa 50" dürften es sein, die im "Freiherr von Münchhausenschen Familienverband" als Mitglieder registriert sind und deren Vorsitz er inne hat. Nur Vertreter der männlichen Linie werden aufgenommen. Wer einheiratet und auf diese Weise den Namen annimmt, hat höchstens als Gast Zutritt bei Veranstaltungen. Dass er heute Herr auf dem großen Rittergut am Rande der Riesbachgemeinde ist, verdankt er dem Zufall, oder besser: der Kinderlosigkeit von Gerlach-Adolph von Münchhausen (1688 - 1770). Dieser hatte keinen männlichen Erbfolger, sodass der Besitz an die Familie des Bruders überging, dessen Nachfahre der heutige Eigentümer ist. Gerlach-Adolph war übrigens ein Onkel des berühmt gewordenen Erzählers aus Bodenwerder. Und deshalb wird der heutige Apelerner Münchhausen stets eingeladen, wenn die Stadt Bodenwerder berühmte Humoristen ehrt. "Dann darf ich den Münchhausen-Preis überreichen, muss ihn aber nicht bezahlen", grinst Matthias, der sich sichtlich über dadurch entstandene Bekanntschaften mit Größen wie Dieter Hallervorden, Frank Elstner oder Ephraim Kishon freut. Vielleicht stecken ja im heutigen Namensrepräsentant die Gene jenes Hieronymus, dem zwar zu Unrecht das Prädikat "Lügenbaron" verliehen wurde, der aber ein kurzweiliger Plauderer gewesen sein soll. Manchmal stutzen die Leute, wenn sich Matthias von Münchhausen sich ihnen vorstellt und diese ungläubig nachfragen. So reagierte der Jurist bei einer Verhandlung vor Gericht mit dem augenzwinkernden Hinweis, dies sei nur ein "Kampfname", in Wirklichkeit heiße er Möller. Doch man hört ihm immer gern zu, wenn er von der "weißen Frau" erzählt, deretwegen vor elf Jahren eigens ein Hamburger Trupp mit Bewegungsmeldern, Temperaturmessern und empfindlichen Mikrofonen nach ihr und anderen möglichen unheimlichen Geistern oder Vorkommnissen forschte. Der Hausherr beflügelte die von einem NDR-Kamerateam begleitete Aktion mit eigenen unerklärlichen Erlebnissen früherer Jahre. Doch dann wird er ernst, wenn es um das inzwischen über 400 Jahre alte Anwesen geht, dessen Größe er auf Anhieb nicht einmal zu beziffern weiß. Mehr Last als Lust sind die Gemäuer, die ständiger Investitionen bedürfen. Dem Vernehmen nach soll es landesweit zu den Privatgütern mit den größten Dachflächen zählen. Eigentlich sei die Pflicht zum Erhalt "furchtbar", weil sie Unsummen verschlinge. "Einen Drahtseilakt" nennt er die Kostensituation, die sich nur dank eigener guter Rente und den Erlösen aus der Landwirtschaft ausgleichen lasse. Als er 1990 das Gut vom Vater übernahm, hatte er alles von Grund auf sanieren müssen. Bis zu sieben Schichten Tapeten wurden abgekratzt. Darunter kamen Zeitungen aus dem Jahr 1792 zum Vorschein, über die sich Hannovers Historisches Museum freuen durfte. Schon Jahrzehnte zuvor hatte das Anwesen knapp vor dem Aus gestanden. Und auch Matthias stand vor der Wahl, es zu übernehmen oder die Pflicht zum Erhalt auszuschlagen. Er entschied sich für die Annahme, auch weil dem gebürtigen Schlesier die hiesige Gegend längst ans Herz gewachsenen war. Kriegsfolgen hatten die Mutter nach Lauenau verschlagen, während der Vater in russischer Gefangenschaft saß. Die ersten zehn Lebensjahre verbrachte Matthias in bescheidenen Verhältnissen in Lauenau. Zwar kam er schon 1954 nach Apelern; Studium und Beruf aber ließen ihn viel unterwegs sein. Als Mitarbeiter einer Hamburger Bank pendelte er noch bis 2004 zwischen Apelern und der Hansestadt. Dem Familiensitz gab derweil Ehefrau Gabriele das unvergleichliche Gepräge: "Drinnen wie draußen", wie der Gatte ausdrücklich betont. Denn neben der geschmackvollen Ausstattung der vielen Räume ist es die markante Blumenpracht im Innenhof, die immer wieder anerkennendes Lob von Besuchern findet. Gern stellen die Münchhausens ihren Besitz dem dörflichen Leben zur Verfügung. Oldtimertreffen hat es hier schon gegeben. Viele Jahre nahmen Senioren der Gemeinde bei einem Sommerfest an den Tischen in der Remise Platz. Die Scheune war Schauplatz von Ausstellungen. Und nicht nur einmal feierte ein örtlicher Verein hier sein großes Fest. "Ich mag doch die Gegend und die Leute", gibt der Hausherr zu. Fußball habe er mit Gleichaltrigen viele Jahre gespielt. Mit etlichen Einwohnern duze er sich und pflege freundschaftliche Verbindungen. Während die Tochter samt Enkelkind in den fernen Niederlanden ein Zuhause gefunden hat, wird wohl Sohn Philipp das hiesige Familienerbe einmal antreten. Das Interesse ist da und das Bewusstsein, wer vor ihm schon alles durch das malerische Torhaus ein- und ausging. Es muss ja nicht der legendäre Söldnerführer Hilmar sein, der 22 Generationen zuvor durch kriegerischen Erfolg zu Wohlstand gelangte. Da fällt der Blick schon eher auf die schöngeistigen Vertreter der Familie wie den zu seiner Zeit erfolgreichen Balladendichter Börries, der mit dem Gedicht "Abend in Apelern" seinem Ort ein literarisches Denkmal setzte. Foto: al

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