FRIEDRICHSWALD (ds). Beim Thema Artenvielfalt in der Pflanzenwelt ist es häufig das prächtig Blühende, an das man zuerst denkt. Immerhin ist zum Beispiel eine Sonnenblume nicht nur schön fürs Auge, sondern auch wichtig für Insekten und Vögel. Doch es sind nicht nur die großen gelben, roten oder violetten Stars der Flora, die für das Ökosystem wertvoll sind. Christoph Höller weist daraufhin: "es sind genauso die unscheinbaren Gräser auf den Grünlandflächen". Der geschulte Blick des ausgebildeten Gärtners ist hierfür schon von Berufs wegen sensibilisiert. Als Schäfer ist dieser schließlich auf gesundes Futter für seine Tiere angewiesen. "Es geht mir aber nicht nur darum, meine Tiere zu versorgen", betont Höller, "es geht mir auch um den Gedanken der Artenvielfalt". Und Artenvielfalt werde durch die Weidetierhaltung teilweise überhaupt erst möglich. Denn würden nicht wie bei ihm Schafe regelmäßig die Wiesen in den oft unzugänglichen Anhöhen um Friedrichswald herum abgrasen, müsse innerhalb kürzester Zeit mit einer "Verbuschung" gerechnet werden, berichtet Höller aus eigener Erfahrung. Denn: "Maschinell ist eine solche Landschaftspflege durch den Menschen, gerade in den Hanglagen, gar nicht leistbar." Artenreiches Grünland und damit auch wichtige Jagd-, Nahrungs- und Lebensräume für eine Vielzahl von Insekten und Tieren wären dann auf diesen Flächen verloren, vielleicht für immer. Trotz der an sich guten Bedingungen auf den saftigen Weideflächen stehen Höller und seine tierhaltenden Berufskollegen jedoch anhaltend vor der Herausforderung einer ausreichenden Nährstoffzufuhr ihrer Tiere. Zwar könne eine anspruchslose Schafrasse wie seine Pommerschen Landschafe nährstoffarmes Futter sehr gut verwerten. Das Manko nur: Umso geringer der Gehalt an Nährstoffen im Futter sei, desto stärker steige auch der Mengenbedarf an, mit drastischen Folgen. Ist der Nährstoffgehalt der Gräser als Futterquelle für unsere Schafe während der Deckzeit zu gering, folgt als direkte Konsequenz eine niedrigere Vermehrungsrate. Und so hätten Höllers Pommernschafe angesichts des Futterangebotes auch nur eine Ablammquote von 1,2 Lämmer je Mutterschaf, während ein Züchterkollege von ihm in der Magdeburger Börde 2,0 Pommernlämmer erreiche. Folgeerscheinungen von knapper Nährstoffversorgung seien zudem ein verlangsamtes Wachstum der Lämmer und ein Nachlassen der Wollqualität, bis hin zur sogenannten "Hungerwolle". All das bedeutet am Ende auch weniger Erlöse, die mit den Produkten vom Schaf verdient werden können. Ohnehin sei die Weidetierhaltung, insbesondere die mit Schafen, kaum gewinnbringend zu betreiben. Ein Grund, warum es immer weniger Schäfer gebe. Ein notwendiger Baustein, um nährstoffreiches Futter zu erzeugen, stelle deshalb das Düngen der Wiesen dar. Der Friedrichswalder erinnert in diesem Zusammenhang an das "Gesetz des Minimums" des berühmten deutschen Naturwissenschaftlers Justus von Liebig aus dem Jahr 1855. Dieses besagt, dass das Wachstum von Pflanzen durch die im Verhältnis niedrigsten Nährstoffe eingeschränkt wird. Gerne würde er dafür den Festmist seiner Schafe als natürlichen Dünger nutzen. Doch der Gesetzgeber bewertete die Gefahr der Auswaschung von Nährstoffen, höher, als die positiven Effekte für Insekten und Vögel. Und so habe der Friedrichswalder feststellen müssen, dass nach behördlich angeordneter Abdeckung seines Mistes, die gesamte Population seiner roten Kompostwürmer (Eisenia foetida) das Zeitliche gesegnet hatte. Höller sagt überzeugt: "eine Düngung im richtigen Maß und mit den richtigen Mitteln gibt dem Bodenleben und somit der Artenvielfalt einen regelrechten Schub". Hinzu komme, weiß der erfahrene Schafhalter: Durch eine Humusanreicherung des Bodens verbessere sich nicht nur das Wasserhaltevermögen, sondern auch das Anbinden von flüchtigen Nährstoffen wie zum Beispiel Nitraten. Eine weitere Herausforderung für Weidetierhalter gehe mit der Rückkehr des Wolfes einher. Zäune müssten wolfssicher gemacht werden. Nicht nur eine enorme Kosten- und Kraftanstrengung und für Wanderschäfer nicht möglich, auch für seltene Gräser sei dies eine Gefährdung. Der Blick auf seine Herde und der Umgang mit den Tieren, verrät Höller versöhnlich, lasse ihn allerdings über viele der genannten Probleme hinwegsehen. Ein Hinwegsehen, das im Sinne der Artenvielfalt noch lange anhalten möge. Foto: privat
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Die Weidetierhaltung ist ein wichtiger Beitrag für eine große Artenvielfalt
Herausforderungen: Die Nährstoffzufuhr und eine Rückkehr des Wolfes / So unscheinbar und doch so bedeutsam
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