1. Ortsalltag wird lebendig

    Aufzeichnungen veröffentlicht

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    GROSS HEGESDORF (al). Hinter den dicken Steinen des örtlichen Ehrenmals haben fast hundert Jahre Aufzeichnungen des Dorflehrers geschlummert. Erst als 2019 die Sanierung der Groß Hegesdorfer Erinnerung an die Gefallenen anstand, kam eine kleine Metallhülse wieder ans Tageslicht. Ihr Inhalt hat zwei Einwohner in den vergangenen Monaten intensiv beschäftigt. Zwar waren die Blätter durchweicht und viele Zeilen verwischt; aber Hans-Jürgen Anderten und Fritz Borcherding konnten Stück für Stück die Dokumente entziffern. Sie geben ein geradezu lebendiges Bild vom Dorfalltag am Beginn des 20. Jahrhunderts wider. Diese Aufzeichnungen sind nun in einer 28-seitigen Broschüre mit einer Erstauflage von 30 Exemplaren erhältlich. Wer allerdings noch kein Heft erhalten hat, muss sich nicht ärgern. Nachdrucke sind jederzeit möglich. Dass bei der 1925 erfolgten Einweihung des Ehrenmals eine Kupferhülse eingemauert wurde, wussten die Einwohner spätestens seit der kleinen Dorfchronik, die Heinrich Hecht 1987 herausgegeben hatte. Doch der Fund war weit größer als Hecht nur vage angedeutet hatte. Denn neben Einwohnerliste und einem Ortsplan hatte Dorflehrer Heinrich Otto Aspekte des hiesigen Alltags zwischen 1914 und 1925 beschrieben. So erfahren die heutigen Groß Hegesdorfer alles über die Schicksale der 61 Teilnehmer des Ersten Weltkriegs und über die 254 Bewohner samt ihrer Berufe auf den 48 Hausstellen des Jahres 1925. Doch noch spannender ist der Bericht des Lehrers über den dörflichen Alltag in Kriegs- und späteren Friedenszeiten. Die Folgen des Lehrermangels oder auch die Beteiligung von Kindern an kriegswirtschaftlichen Sammlungen. Diese schleppten Laub in Säcken aus dem Wald und schafften allein in den Sommerferien 1918 40 Zentner - als beste Schule in der Grafschaft Schaumburg. Otto berichtete auch über einen Großbrand auf dem Anwesen von Gastwirt Sölter nach einem Blitzschlag. Zwar wurden Vieh und Hausgeräte gerettet; doch das Gebäude brannte wegen Löschwassermangels ab. Der Lehrer schreibt von gleichzeitigen Plünderungen: Es habe Leute gegeben, "die statt Feuer ihren Durst gut gelöscht" hätten. Der Broschüre hat Irmgard Schäfer noch durch einen Auszug aus der Groß Hegesdorfer Schulchronik ergänzt. In dieser hatte Lehrer Otto die Einweihung des Ehrenmals vor einer "1000-köpfigen Menschenmenge" beschrieben. Broschüre und Einlegeblatt sind gegen eine Spende von fünf Euro erhältlich. Interessierte melden sich bei Hans-Jürgen Anderten unter der Rufnummer (05723) 74 335. Foto: al

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