1. Alle paar Jahre feiert eine Ge...

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    Alle paar Jahre feiert eine Gemeinde Tauferinnerungsgottesdienst. 12 Kinder, fünf bis sieben Jahre alt, haben sich dieses Mal einladen lassen und ihre Familien mitgebracht. Mütter und Väter, Geschwister, Großeltern und Paten bevölkern die Sitzreihen. Die ehemaligen Täuflinge sitzen vorne im Chorraum neben dem Taufbecken. Dann bittet der Pastor um Stille. Zu den Kindern am Taufbecken sagt er: "Schließt einmal eure Augen. Ihr braucht jetzt eure Ohren. Eure Eltern werden euch gleich etwas zurufen. Und ihr müsst sie an der Stimme erkennen. Wenn ihr wisst: Das ist meine Mama oder mein Papa, die gerufen haben, dann hebt ihr eure Hand!" Die erste Mutter ruft: "Hallo, mein Schatz, ich hab dich lieb!" Prompt geht die erste Kinderhand hoch. Dann ruft ein Vater: "Mein Schatz, ich hab dich lieb!" Zack, die nächste Hand geht hoch. Manche Kinder zögern etwas, überlegen, um keinen Fehler zu machen - und heben dann doch alle beim richtigen Elternteil die Hand. Eltern und Kinder strahlen sich an, das Experiment ist geglückt. Und was hat das mit der Taufe zu tun? Die Familien werden schnell aufgeklärt: "Bei der Taufe ruft auch Gott seinen Menschen zu: `Hallo, mein Schatz, ich hab dich lieb!´ Und damit hört er dann ein ganzes Leben lang nicht mehr auf. Seine Stimme ist allerdings leise. Es braucht viele Gespräche und Wiederholungen, um sie mit feinem Ohr unter der Vielzahl der Stimmen zu erkennen. In der Stille ist sie besser zu hören als im Betriebslärm des Alltags." Vielleicht ist deshalb die Sehnsucht so groß, Kirchen offen zu finden. Die dicken Mauern dämpfen die Geräusche von außen. Das Licht fällt sanft durch bunte Fenster. Eine Kerze eröffnet das Gespräch in der Stille. Bitte, Lob, Klage, Dank: Das alles fließt aus dem Menschenherzen zu Gott. Zu dem, der hört und mitträgt und antwortet: Du Mensch, ich hab dich lieb. Viele hören diese Worte in den durchbeteten Räumen unserer Kirchen. "Ich weiß, dass ich auch zuhause beten kann", sagt eine. "Aber ich komme hierher, um zu beten, in meine Kirche. Hier kann ich mich sammeln. Hier hört Gott mich." Und sie hört ihn. Ich freue mich, wenn wir bald wieder unsere Kirchen öffnen können. Natürlich können wir auch an anderen Orten beten und füreinander da sein, Gottesdienst feiern und Gottes Stimme hören. Aber schöner ist es, im alten, heiligen Raum dem Taufversprechen an uns zu lauschen: "Hallo, ich hab dich lieb!"

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