SAMTGEMEINDE RODENBERG (al). Für Samtgemeindebürgermeister Georg Hudalla war 2019 ein "sehr bewegtes, aber kein schlechtes Jahr". Was ihm jedoch die größte Sorge bereitet, ist die finanzielle Lage: "Das Mehr an Steuern kommt unten nicht an", beklagt er, dass trotz steigender Einnahmen von Bund und Land diese in nur sehr geringem Umfang an die Kommunen weitergereicht werden. Einen Blick auf die aktuelle Situation der Samtgemeinde wirft er im Gespräch mit Bernd Althammer für die Leserinnen und Leser des Schaumburger Wochenblatts. SW: Herr Hudalla, macht Ihnen Ihr Job noch Spaß? Hudalla: Die allermeisten Tage habe ich mit Freude erlebt, weil die Samtgemeinde sich weiter gut entwickelt. Damit hebt sie sich positiv vom allgemeinen Trend ab. Der schnelle Abverkauf von Baugebieten oder auch die Entscheidung des Salzgebäckherstellers XOX, sich in Lauenau niederzulassen, belegen die Stärke unserer Region. SW: Neue Siedlungen ziehen Folgekosten nach sich, wie zum Beispiel bei den Kindertagesstätten und der Ausstattung der Schulen. Hat die Samtgemeinde auch dies im Griff? Hudalla: Mit der Kinderbetreuung halten wir gut Schritt. Auch in die Schulen haben wir investiert, insbesondere beim Brandschutz. Beide Bereiche bleiben hochpriorisiert. Und ich sage deutlich: Das ist im Zweifel noch wichtiger als neue Feuerwehrhäuser. Denn die Einsatzfahrzeuge stehen doch sicher in jetzigen Garagen. SW: Aber gerade die Verzögerungen bei den Gerätehäusern haben doch enorme Wellen geschlagen, auch wegen des Streits um Fertigteil- oder Massivbauweise. Hudalla: Die Verzögerung kam unter anderem zustande, weil die Bauplätze außerhalb der Ortschaften liegen und die Verkehrsführung diskutiert werden musste. Inzwischen ist auch für Hülsede und Soldorf alles geklärt. Ich betone aber auch: Wir arbeiten - einschließlich Pohle - derzeit an vier Gerätehaus-Projekten. Wenn in 2020 aber nicht wenigstens in Messenkamp der Grundstein gelegt wird, wäre ich schon maßlos enttäuscht - auch von uns als Verwaltung. SW: Soeben ist die Fortschreibung des Nahverkehrsplans für Schaumburg beschlossen worden. Es sieht so aus, als würde der Landkreis die Bedürfnisse anders einschätzen als die Samtgemeinde Rodenberg. Hudalla: Zwar muss der Landkreis das Ganze sehen. Doch ich glaube, dass unsere besondere Situation mit zwei Hauptorten und 14 umliegenden Dörfern, die auf diese ausgerichtet sind, nicht in letzter Konsequenz wahrgenommen wird. SW: Im Entwurf wird auch ein Rückgang der Bevölkerungszahl prognostiziert. Dabei ist doch soeben erst das genaue Gegenteil mit jetzt über 16.000 Einwohnern bekannt geworden. Hudalla: Auf die Methoden, die die Bertelsmann-Stiftung zugrunde legt, haben wir natürlich keinen Einfluss. Wir haben unsere Zahlen - und die zeigen eine gesunde Entwicklung. SW: Vor einem Jahr haben sie die Finanzsituation als "sehr, sehr eng" beschrieben. Es hat nicht den Eindruck, dass es besser geworden ist. Hudalla: Nein. Deshalb mussten wir an die Erhöhung von Gebühren gehen. Bei den Freibädern ist dies erfolgt. Soeben haben wir die Tarife für die Friedhöfe neu beschlossen. Das Anruftaxi wird folgen. Dagegen sind die Kosten für die Kinderbetreuung weiter angestiegen. Das Defizit pro Platz wird immer größer. Einen weiteren Kostenfaktor haben wir innerhalb der Verwaltung. Die immer stärkere Regelungsdichte erfolgt mit abenteuerlicher Geschwindigkeit. SW: Zum Beispiel? Hudalla: Die Datenschutzgrundverordnung, die Doppik und die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen verlangen einen Aufwand, der vom Bürger nicht gesehen wird und ihm auch keinen Mehrwert bringt. Allein die doppische Haushaltsführung benötigt im Jahr eineinhalb Mitarbeiter. Und was die Digitalisierung anbetrifft: Fördergeber verlangen weiterhin strikt die Papierform. Also müssen wir weiter zweigleisig verfahren. Wir können dieser Entwicklung auch nicht ausweichen. Sie wird uns vorgegeben. SW: Sie haben in den letzten Wochen bereits zweimal öffentlich erklärt, an einer Erhöhung der Samtgemeindeumlage um 1,5 Punkte gehe es nicht vorbei. Hudalla: Zwar liegt der erste Etatentwurf noch nicht vor. Aber ich fürchte, dass die genannte Zahl nur das unterste Ende ist. Eine Alternative wären nur weitere Gebührenerhöhungen oder der Verzicht auf eigentlich politisch gewollte Maßnahmen wie die Sanierung von Gemeindeverbindungswegen oder die Beschaffung von Feuerwehrausrüstung. SW: Eine Kommunalpolitikerin hat kürzlich von einer "Wünsch dir was"-Haltung mancher Kommunalpolitiker gesprochen, indem Vieles gefordert, an eine fällige Finanzierung aber nicht gedacht werde. Teilen Sie diese Ansicht? Hudalla: Es gibt da schon ein Wahrnehmungsproblem. Forderungen sind einfacher als Steuer- und Gebührenerhöhungen durchzusetzen. Da bin ich aber auch wieder bei meiner Kritik, uns Kommunen staatliche Mehreinnahmen vorzuenthalten. Wir alle zahlen an der Tankstelle Steuern an den Bund. Aber wenn unsere Autos unsere Straßen abnutzen, müssen wir vor Ort für diese aufkommen. SW: Das Rathaus hat vor einigen Wochen für Negativschlagzeilen gesorgt. Wir zitierten aus einem kritischen Gutachten und über Mängel, die die Kommunalaufsicht der Verwaltung ankreidete. Welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen? Hudalla: Natürlich war es ärgerlich, dass das in der Zeitung stand, auch weil einige negative Dinge überbetont wurden. Wir arbeiten das ab und werden über Verbesserungen auch informieren. Die Kritik des Landkreises hat dazu geführt, dass kreisweit das Vergabeverfahren neu geregelt wird. SW: Die letzten großen Siedlungsgebiete in Rodenberg und Lauenau sind im Nu veräußert worden. Geht es nun nach vorübergehender Pause so rasant weiter? Hudalla: Wir sind zu neuer Planung bereit, aber nicht mehr in der bislang gewohnten Größe. Die Flächen werden knapper, sodass wir nur vernünftig kontrolliert wachsen können. Auch müssen wir unser Augenmerk auf Mehrfamilienhäuser legen. Eine Pause ist als Chance für die kleinen Gemeinden zu sehen, wenn diese sich erweitern wollen. Denn eine Verjüngung der Bevölkerung trägt auch wieder neues Leben in die Orte. SW: Gibt es einen Wunsch, den Sie an die Bevölkerung richten möchten? Hudalla: Ein wenig mehr Bescheidenheit tut not. Unsere Schulen zum Beispiel sind gut ausgestattet - gewiss weitaus besser, was über manche Städte zu lesen ist. Und höhere Abgaben vermeiden wir, indem wir selbst aktiv werden - bei der Wegereinigung, der Grünpflege oder anderen kleinen Dingen. Es darf nicht nur nach kommunalen Leistungen gerufen werden. SW: Eine letzte, ganz persönliche Frage? In 2021 läuft Ihre Amtszeit ab. Werden Sie erneut antreten? Hudalla: Das fragen Sie mich mal nächstes Jahr. Aber meine Arbeit bereitet mir unverändert Freude. SW: Herzlichen Dank für dieses Gespräch und alles Gute für 2020.
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Ein Mehr von 1,5 Punkten "ist die unterste Grenze"
Hudalla sieht Erhöhung der Samtgemeindeumlage als unumgänglich an / Finanzielle Lage bereitet Sorgen
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