REGION (tau). So eine Geschichte kann nur an Weihnachten passieren. Eine Jacke geht bei einer Entrümpelungsaktion verloren. Sie landet aus Versehen in einem Container für Sperrmüll. Der wird wiederum mit vielen anderen Behältern zur Deponie nach Kolenfeld gebracht. Dort stapelt sich der Müll auf riesigen Bergen. Doch dank engagierter Mitarbeiter vor Ort taucht das verschwundene Kleidungsstück wieder auf. Das war die Kurzversion, doch die längere Variante, die der Betroffene Dirk Höhne dem Stadtanzeiger erzählte, ist noch spektakulärer. Der Großenheidorner hatte sich zusammen mit einem Freund verabredet, den Keller eines Angehörigen aufzuräumen. Eine Menge ausrangierter Dinge galt es auf einen Anhänger zu verladen, von Möbeln wie einer Musiktruhe bis hin zu alten Schallplatten und Schlafsäcken. Beim Hochtragen kamen die beiden Helfer gehörig ins Schwitzen. Dirk Höhne zog seine Arbeitsjacke aus und packte diese in den Fußraum zwischen Rück- und Vordersitz des Wagens, an dem der Anhänger mit dem Sperrmüll hing. Dieser füllte sich mit der Zeit. Und wie das bei Entrümpelungsaktionen manchmal so ist, es kommt doch mehr zusammen, als man anfangs gedacht hatte. So landeten einige alte Säcke mit Stoffen auf dem Rücksitz des Autos. Also genau dort, wo sich auch die Jacke von Dirk Höhne befand. Doch an die dachte bei der schweißtreibenden Arbeit keiner mehr. Die fleißigen Helfer waren glücklich, das gesammelte Material nun endlich zum Wertstoffhof nach Neustadt bringen zu können. Dort stellte sich zunächst heraus, dass man die Musiktruhe als Großgerät in einem Stück gar nicht in den Container werfen durfte. "Wir hätten damit gleich zur Deponie nach Kolenfeld fahren müssen, das wollten wir uns aber sparen und bauten das Gerät vor Ort auseinander", so Höhne. Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, dass er die Deponie Kolenfeld trotzdem in den kommenden Tagen besuchen würde. Nach der Demontage der Truhe kamen die Säcke von der Rückbank dran. Doch nicht nur sie landeten im Sperrmüllcontainer des Hofes, sondern unbemerkt auch Höhnes Jacke. Auf dem Weg nach Hause überlegten die Männer, ob sie den Anhänger mit einer weiteren Ladung Sperrmüll befüllen sollten. Es hatte ja schließlich alles so gut geklappt. Da aber auch die Mägen knurrten, entschied man sich zunächst für eine Brotzeit. Höhne wollte also nach der Jacke greifen, weil sich darin auch sein Portemonnaie befand. Doch weder auf der Rückbank noch im Fußraum des Autos wurde er fündig. Nun wich das wohlige Gefühl, das sich nach getaner Arbeit eingestellt hatte, schierer Panik. Schnell war klar, dass die Jacke mit allen Papieren im Container gelandet sein musste. Mit quietschenden Reifen ging es daher zurück zum Wertstoffhof. Es war Samstag und nicht mehr so viel Zeit bis zum Betriebsschluss. Doch zu spät. Der Sperrmüll wurde im großen Container bereits zusammengepresst. Die einzige Chance bestand darin, den Fahrer am Montagmorgen abzufangen. Schlafsack ist das Stichwort Pünktlich um 7 Uhr stand Höhne am Montagmorgen auf der Matte und wartete vor den Toren des Wertstoffhofes wie ein Spion. Doch es kam niemand. Erst gegen 7.30 Uhr tauchte ein Lkw-Fahrer auf. Der teilte dem Wartenden mit, dass der betreffende Container bereits um 6 Uhr abgeholt und zur Deponie nach Kolenfeld gebracht worden war. "Aus, vorbei, du kannst deine Hoffnungen nun begraben", dachte Höhne. "Die Jacke findet keiner wieder." Er entschloss sich trotzdem, auf die Deponie zu fahren und traf dort auf Mitarbeiter voller Anteilnahme. In einer großen Halle lagerten riesige Berge voller Sperrmüll. Dennoch gelang es nach kurzer Recherche die ungefähre Stelle herauszufinden, an der der Container aus Neustadt entleert worden sein musste. Das klingt zunächst wie ein Erfolg, aber auch hier blieb es angesichts der Menge bei der sprichwörtlichen Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Mit dem Radlader und einer etwa vier Meter breiten Schaufel wurde der Müll auseinandergezogen und auf dem Boden der Halle verteilt. Höhne stieg über Drahtgestelle und alte Kinderwagen, plötzlich tauchten bekannte Langlaufskier und Schlittschuhe auf, hier musste es also sein. Doch die Tüten mit den Stoffen und den Schlafsäcken, unter denen die Jacke liegen musste, blieben verschwunden. "Da gab ich auf und freundete mich mit dem Gedanken an, alle Papiere neu beantragen zu müssen", so Höhne. Er dankte den Mitarbeitern für ihren Einsatz und verließ traurig die Deponie. In Wunstorf angekommen, hielt Höhne bei einer Bäckerei an. Plötzlich klingelte das Telefon. Seine Frau war am Apparat und sagte: "Kehr' um, deine Jacke ist da." Wie das? Höhne hatte ja nicht einmal seine Telefonnummer auf der Deponie zurückgelassen. Es stellte sich heraus, dass einem Mitarbeiter beim Zusammenschieben des Müllberges einige Tüten mit Schlafsäcken auf der Schaufel des Radladers auffielen. Er erinnerte sich an Höhnes Worte, schaute genauer nach und entdeckte schließlich einen Jackenärmel. Die Stecknadel im Heuhaufen war somit gefunden, doch der Besitzer, ohne seine Kontaktdaten zu hinterlassen, über alle Berge verschwunden. Nun begannen die Mitarbeiter der Deponie ihrerseits zu recherchieren. Sie entdeckten das Facebook Profil von Höhne, fanden im Telefonbuch die aktuelle Festnetznummer heraus und riefen dort an. "Zum Glück war auch jemand zu Hause", sagt Höhne. Der konnte die neuerliche Wendung in dem Jacken-Fall kaum fassen, ließ ein paar Kartons mit Krapfen füllen und düste zurück zur Deponie. Dort feierten die Mitarbeiter bereits den unverhofften Fund. Mit überglücklichen Gesichtern gaben sie das verschwundene Kleidungsstück samt unbeschadetem Inhalt an den ebenso glücklichen Besitzer zurück. Die Jacke hatte die Müllberg-Odyssee erstaunlich gut überstanden. Foto: tau
-
"Wie eine Stecknadel im Heuhaufen"
Verlorene Jacke mit wichtigen Papieren taucht auf Deponie wieder auf
Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum