BAD NENNDORF (jl). In Ratssitzungen werden Wortmeldungen aus dem Zuhörerraum künftig kürzer ausfallen als gewohnt. Der Stadtrat beschloss in seiner letzten Sitzung des Jahres mit knapper Mehrheit eine neue Geschäftsordnung. Aus der Formalie entwickelte sich jedoch eine rege Diskussion. Nach der Anpassung darf jeder Einwohner "grundsätzlich zu einem Beratungsgegenstand nur einmal sprechen". Die Redezeiten sind wie für die Ratsmitglieder auf drei Minuten gedeckelt. Insgesamt - und dieses Wort ist auch neu - dauert die Einwohnerfragestunde maximal 30 Minuten. Eine Verlängerung können die Mandatsträger jedoch weiterhin beschließen. Zudem kann sie während Ausschusssitzungen auf Antrag eines Ratsmitglieds auf die Tagesordnungspunkte verteilt, aber nicht mehr an den Anfang einer Sitzung gestellt werden. Dem vorgelagert sind die Meinungsäußerungen der Ratsmitglieder. "Wir haben festgestellt, dass Redebeiträge der Zuhörer oft recht ausufernd und keine Fragen waren", erklärte Stadtdirektor Mike Schmidt. Deswegen wurde jetzt auch der Passus gestrichen, dass jeder Einwohner zu jeder Anfrage Zusatzfragen stellen kann. Das gebe nun auch explizit Statements einen Raum. Die SPD lehnte aus Sorge vor einem "Schnellschuss" einen Beschluss der Satzung ab, weil sie laut Sprecher Volker Busse auch noch keine Gelegenheit hatte sich fraktionsintern auszutauschen. Davon, die Wortbeiträge zu reglementieren, halten die Sozialdemokraten nichts. "Wir wollen die Bevölkerung mit einbeziehen, aber nicht so viel", kritisierte Busse das entstehende Bild. Wortmeldungen aus dem Publikum - die Fragestunde sei für Bürger gedacht und "keine Laberstunde für Fremde"- habe der jeweilige Vorsitzende zu koordinieren. Der Meinung schlossen sich die Grünen an. Eine Änderung wäre ein falsches Signal. "Die Beteiligungsmöglichkeiten sollten weiterhin gewährt werden und Einschränkungen mit der Redezeit sind unpassend", sagte Imke Hennemann-Kreikenbohm. Bernd Reese verwies auf oftmals leere Sitzplätze in den Ausschüssen und beantragte eine Vertagung der Entscheidung. Diese wurde ebenso wie eine getrennte Abstimmung der drei betroffenen Paragrafen abgelehnt. Schmidt machte mit Blick auf die zuletzt sehr diskussionsreichen Bau- und auch Jugendausschusssitzungen deutlich, dass es nicht darum gehe, Bürgerrechte zu schwächen. Im Gegenteil: Die Neufassung sorge für eine gerechtere Aufteilung der Redebeiträge. Wenn mehr kämen, müsste auch jeder die Chance bekommen, etwas zu sagen, und verhindert werden, "dass einer die 30 Minuten für sich verbrät". Das würde dem Vorsitzenden regulativ den Rücken stärken. So sahen es auch CDU und WGN. Zudem hätten Bürger die Möglichkeit sich mit den Fraktionen auszutauschen, an offenen Sitzungen teilzunehmen, sagte Heike Beiersdorfer (WGN) und sprach die Bevölkerung direkt an: "Wir stehen zur Diskussion bereit, sprechen Sie uns an, aber wir wollen, dass die Sitzungen wieder etwas kontrollierter ablaufen." Eine "Katastrophenentwicklung" sah Reese hingegen nicht. Nach mehr als einer halbe Stunde Debatte wurde die neue Geschäftsordnung mit knapper Mehrheit beschlossen. Ganz vom Tisch war das Thema dennoch nicht. In der Einwohnerfragestunde am Ende der Sitzung machte eine Zuhörerin deutlich, dass sie Transparenz und Bürgernähe vermisse. Wenn sie keine Nachfragen stellen dürfe, habe sie eher das Gefühl "dass Sie mich mundtot machen wollen". Das sei ein Missverständnis, grätschte Schmidt dazwischen. "Sie können drei Minuten mit dem Rat reden und so viele Fragen stellen wie Sie wollen." Foto: jl/Archiv
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Drei-Minuten-Regel gilt jetzt auch für Zuhörer
Neue Geschäftsordnung des Rates verabschiedet / SPD befürchtet einen "Schnellschuss"
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