1. Apotheker schlagen Alarm: Engpässe bei den Medikamenten

    Bis zu 30 verschiedene Wirkstoffe fehlen / Großbritannien erhöht Bestände

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    SW: Sehr geehrter Herr Bellwinkel. Der mdr berichtete in seiner "Aktuell" Sendung über Lieferengpässe, insbesondere bei Standardarzneien und Impfungen; auch der NDR griff das Thema auf und mittlerweile soll eine eine Bundesratsinitiative gegen, das abzustellen. Haben sie diese Engpässe auch bereits erlebt? Klaus Bellwinkel: Lieferengpässe haben in den letzten zwei Jahren massiv zugenommen. Es betrifft nicht nur Standardarzneimittel, auch selektive Arzneimittel sind davon betroffen. Impfstoffe fallen seit 2015 leider auch darunter, vor allem solche, die zur Grundimmunisierung gehören. Wir sind auch davon betroffen, wobei wir durch den Apothekenverbund sehr gut aufgestellt sind, aber nach einer gewissen Zeitspanne sind auch unsere Vorräte erschöpft. Wir probieren von möglichst vielen Herstellern den gleichen Wirkstoff vorrätig zu halten und kaufen auch möglichst direkt bei Herstellern ein. Ist ein Wirkstoff definitiv nicht zu beziehen, bleibt dem Patienten keine andere Wahl, als mit dem verschreibenden Arzt Rücksprache zu nehmen. SW: Wie viele Medikamente fehlen Ihnen in ihren Apotheken derzeit. Der mdr berichtet über eine Leipziger Apotheke, der 80 Medikamente fehlen. Klaus Bellwinkel: Im gesamten Unternehmen fehlen uns ungefähr 30 verschiedene Wirkstoffe. SW: Wo liegt ihres Erachtens der Grund für diese Lieferengpässe? Klaus Bellwinkel: Die Frage des "Warum" ist komplex. Der weltweite Bedarf an Arzneimitteln ist stark gestiegen. Durch die Globalisierung gibt es für den selben Wirkstoff nur wenige Hersteller. Fällt einer aus, wie beispielsweise beim Ibuprofen, stellt sich in kürzester Zeit ein Engpass ein. Kommt es zu Verunreinigungen, wie 2018 bei "Valsartan" mit Nitrosaminen, kann dies zu einer dramatischen Situation führen, wie wir sie momentan haben. Und dann ist da noch die Preispolitik; erhöhte Nachfrage, sinkende Verfügbarkeit müsste eine Preissteigerung nach sich ziehen. Da es aber in Deutschland sogenannte "Festbeträge" gibt, also der Preis, den die Krankenkassen erstatten, "fest" ist, können Hersteller keine Preise durchsetzen. Dies führt dazu, das die Konzerne die Ware eher in Ländern vertreiben, in denen sie mehr verdienen können. Rabattverträge, die es seit 2007 gibt, tun ihr Übriges. Hersteller und Krankenkassen handeln einen individuellen Kick-back für einen Wirkstoff aus, was in den letzten zwölf Jahren zu ruinösen Preisen geführt hat. SW: Führen "Hamsterkäufe", auch zu Engpässen? Klaus Bellwinkel: "Ja. Der Brexit ist beispielsweise auch ein Grund. Aufgrund der unklaren Situation, ob Großbritannien in der EU bleibt oder nicht, sind in den letzte zwei Jahren die Bestände auf der Insel deutlich erhöht worden, um drohende Zölle und Lieferengpässe dort zu vermeiden. Deutschland ist halt keine Insel für Arzneimittel, sondern steht im wirtschaftliche Konkurrenz mit anderen Ländern und deren Gesundheitssystemen. SW: Haben Sie Erfahrungen damit gemacht, ob Präparate, die sonst nur Privatversicherten per Rezept zugänglich sind, bei Mangel des verschriebenen Kassenpräparats von den Kassen bezahlt werden, oder müssen die Patienten dann selbst in die Tasche greifen? Klaus Bellwinkel: Nein. Es gibt keine Präparate, die nur Privatversicherten zugänglich sind. RINTELN (ste). Bundesweit schlagen Apotheker Alarm: "Die Medikamten werden knapp!" Nach Berichten von MDR und NDR gibt es landauf, landab mittlerweile eine Mangelverwaltung und vielfach müssen Patienten auf andere Präparate ausweichen: "Teils mit anderen Wirkungen und Nebenwirkungen!", so eine Emdener Ärztin im NDR. Das SW fragte bei Klaus Bellwinkel nach, der in Rinteln und Minden fünf Apotheken (b 33 und "easy Apotheke") betreibt, woran das seiner Meinung nach liegt. Hier seine Antworten: Foto: ste

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