LANDKREIS (jl). Horst Roch vergrößert die Kartenansicht auf seinem Bildschirm, die sämtliche Häuser Stadthagens zeigt. Sie sind blau, gelb, orange oder rot eingefärbt und sagen damit etwas über das Solarpotenzial auf dem jeweiligen Dach aus. Und das nicht nur für jede Adresse in Schaumburg, sondern auch in den anderen beiden "Masterplan"-Landkreisen Hameln-Pyrmont und Holzminden. Blau bedeutet, dass die Einstrahlung niedrig ist. "Bei Rot lohnt sich eine Photovoltaikanlage auf jeden Fall", sagt der 62-jährige Klimamanager. Er klickt auf ein Objekt, füllt weitere Parameter aus. Auf einen Schlag sieht er, wie hoch der durchschnittliche Ertrag und nach 20 Jahren der Gewinn einer PV-Anlage wäre. Dieses vor wenigen Tagen freigeschaltete "Solarportal Weserbergland", mit dem das Landkreistrio den Ausbau der Solarenergie fördern will, ist ein Projekt innerhalb des "Masterplans 100% Klimaschutz". An der Umsetzung in Schaumburg arbeitet federführend die hiesige Klimaschutzleitstelle. Das SW hat das Büro im Kreishaus besucht. Koordination von Beratungen nimmt Großteil der Arbeit ein Neben Roch arbeiten hier auch Burkhard Wolters, von Haus aus Diplombiologe und schon lange in der Bildung für Nachhaltigkeit tätig, sowie zwei Jahrespraktikanten. "Einen Alltag gibt es nicht", sagt der 57-Jährige über die vielfältigen Aufgaben. "Das ist eine echte Querschnittarbeit." Der Raum ist beengt, die Schränke voll mit Info-Materialen. Denn das Beratungsangebot ist das Fundament der Anfang 2014 ins Leben gerufenen Einrichtung. "Wir sehen uns als Multiplikator, Motivator und Koordinator", bringt es das Duo auf den Punkt. Die Beratungen übernehmen unabhängige Energieberater, zum Beispiel gestellt von der Verbraucherzentrale, einem der Partner der Leitstelle -"das können wir personell gar nicht leisten", so Roch. Die Leitstelle koordiniert die Beratertage jeden zweiten Donnerstag im Kreishaus sowie Termine bei Interessenten vor Ort im Rahmen von regelmäßigen Kampagnen von der Haussanierung bis zum Stromspar-Check und kümmert sich um die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit. Kampagnennachfrage hat sich zum Teil verdreifacht Der Bedarf? Steigend. "Bis zum Jahresende sind die Beratungstermine ausgebucht", staunt Roch über die noch bis Ende November laufende Aktion "Clever heizen!" für Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern. Waren es sonst um die 100 Beratungen im gesamten Zeitraum, kam die Leitstelle jetzt innerhalb von nur zwei Wochen auf 160 Termine. Dass 2026 ein Ölheizungsverbot gelten soll, hat laut dem Physikingenieur die Zahlen zwar stark nach oben getrieben. Der Trend sei aber auch generell spürbar - und zwar deutlich. Denn auch die Beratungen bei den "Solarchecks" haben sich im Vergleich zu 2017/2018 in diesem Jahr verdreifacht. Steigendes Verständnis in der Bevölkerung "Nach und nach wächst das Grundverständnis, dass es Sinn macht energetisch etwas zu tun, um den CO2-Austoß zu mindern", ist Roch überzeugt.. Die Welt befinde sich in einem Umbruch, in dem jede Teillösung einen Teil der alten Welt ablösen werde. Dabei hätten sich gerade die Sanierungskampagnen auch zu einem Bestandteil der lokalen Wirtschaftsförderung entwickelt, würden doch meist heimische Unternehmen die Heizungssanierungen oder Gebäudemodernisierungen durchführen. Dabei stehe die Bürgerbeteiligung allzeit im Vordergrund. Denn, so Roch: "Wir können informieren, sind aber darauf angewiesen, dass die Bürger es umsetzen." Engagement im Bildungsbereich bietet größtes Potenzial Darüber hinaus besuchen die Klimamanager Messen, wie jüngst die "Grüne Meile", nehmen an den "Masterplan"-Konferenzen teil, organisieren Seminare an der Volkshochschule, initiieren immer wieder neue Aktionen und engagieren sich in Schulen. Für Wolters der Bereich mit dem größten Potenzial, weil ständig junge Leute nachkommen: "Kinder sind die Konsumenten und Entscheider von morgen und werden zu den stärksten Kritikern." Nach dem erfolgreichen Aktivitätsprämienprogramm "Klimaschutz macht Schule", an dem insgesamt 13.000 Schüler an 27 Schaumburger Schulen mit 700 Projekten teilgenommen haben, steht jetzt der Nachfolger "Klimaschutz bewegt" in den Startlöchern. Dabei geht es über drei Jahre für Schulen, aber auch explizit für Vereine um Vermeidung von Umweltbelastungen in Sportstätten. Zudem gibt es viele Partner, die sich für die Energiewende starkmachen. Zum Beispiel der Verein "BürgerEnergieWende", der mit seinem jährlichen Forum auch einen der Punkte des Masterplans abdeckt. Die Aufgabe der Leitstelle: All diese Klimaschutzaktivitäten koordinieren. Und, so Roch, sie könnte noch viel mehr machen. Das scheitere jedoch an den personellen Kapazitäten. Ziel ist es daher 2020 aus dem Projekt Leitstelle eine unbefristete Klimaschutzagentur zu gründen wie sie bereits in den beiden Nachbarkreisen existiert. Foto: jl
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Klimaschutz-Leitstelle sieht sich als Multiplikator, Motivator und Koordinator
Beratungsbedarf in der Bevölkerung nimmt rapide zu / Projekt "Klimaschutz bewegt" für Schulen und Vereine
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