STADTHAGEN/LANDKREIS (bb). Rund 380 Gäste sind der Einladung der Landeskirche Schamburg-Lippe, des Landkreises Schaumburg und der St. Martini-Gemeinde zur interreligiösen und interkulturellen Veranstaltung am Vorabend des Reformationstages in der St. Martini-Kirche in Stadthagen gefolgt. Eingebunden in das Programm unter der Überschrift "Wie viel Religion braucht die Demokratie?" waren Beiträge verschiedener Religionsgemeinschaften aus der Kreisstadt. Viel Applaus erntete der Vortrag des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (nebenstehend). "Jeder in seiner Tradition, aber aufeinander bezogen", gelte es für die verschiedenen Religionsgemeinschaften, sich gesellschaftlich zu engagieren, hob Landesbischof Karl-Hinrich Manzke in seiner Begrüßungsrede hervor. "Das verlangt unser Land, das verlangt unsere Verfassung von uns", hielt er fest. Die Veranstaltung unter breiter Beteiligung zeige, dass sich Stadthagen und Schaumburg hier auf einem guten Weg befänden. Eine Einschätzung, die Thela Wernstedt, Landtagsabgeordnete und Mitglied des Leitungskreises der Arbeitsgemeinschaft der Christen in der SPD unterstrich. Das Grundgesetz gebe den Religionen einen großen Rahmen, den es "klug auszufüllen" gelte. Vertreter von Landeskirche, der Türkisch-Islamischen Gemeinde Stadthagen, von Ezidia Schaumburg, der Alewitischen Gemeinde, der Jüdischen Gemeinde Schaumburg und des Weltcafés der St. Martini Gemeinde sprachen jeweils zum Thema "Unser Beitrag für die Demokratie und die Region, in der wir leben". Marina Jalowaja von der Jüdischen Gemeinde brachte dabei die Entschlossenheit zum Ausdruck, auch nach dem Anschlag von Halle weiterhin das Gemeindeleben in regem Austausch mit der Öffentlichkeit zu pflegen. Ziel solcher Taten sei es, ein Klima der Angst zu schaffen und jüdische Gemeinschaften ins Abseits zu drängen. "Das werden wir nicht zulassen", hielt Jalowaja fest. Die Ezidin Rojina Haetho bewegte mit ihrer Schilderung der Verfolgung der Glaubensgemeinschaft durch den IS im Irak. Andreas Kraus, im Studienseminar Stadthagen für den Bereich Philosophie verantwortlich, warf orientiert an den Grundlinien der Aufklärung einen kritischen Blick auf die Rolle der Religionen. Mehr Humor und Selbstironie wünschte er sich beispielsweise von diesen. Die Abwesenheit von Humor sei stets ein Zeichen von Dogmatismus. Ebenso mehr Selbstreflexion und mehr Demokratie, das Hinterfragen von Glaubenssätzen und das Aufbrechen autoritärer Herrschaftsstrukturen in den Gemeinschaften. Auch musikalisch waren die verschiedenen Religionsgemeinschaften in die Veranstaltung eingebunden, Schüler des Ratsgymnasiums lasen zudem Beiträge zu dem Projekt "Spuren schreiben". Nachdem der offizielle Teil mit einer Friedensgeste endete, gab es anschließend bei Speis und Trank die Möglichkeit zum persönlichen Austausch. Foto: bb
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Jeder engagiert sich in seiner Tradition, aber immer auch aufeinander bezogen
Interreligiöse Veranstaltung am Vorabend des Reformationstages / Philosoph mahnt zu mehr Selbstreflexion
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