BAD NENNDORF (jl). Ob Krippe oder Kindergarten: In der Samtgemeinde Nenndorf ist nicht einer der insgesamt 682 Kita-Plätze frei. Um die das derzeitige Platzangebot übersteigenden Anmeldungen zu erfüllen, wird im Laufe des Kindergartenjahres in der Klax-Einrichtung in der Kernstadt noch eine Übergangsgruppe geschaffen. Langfristig wird es eine weitere Kindertagesstätte - zu den bereits elf bestehenden - in Hohnhorst geben. Die Trägerschaft wird wieder die Klax Niedersachsen gGmbH übernehmen. Das Grundstück in der Nähe des Haster Bahnhofs hat die Samtgemeinde bereits gekauft, die Bauleitplanung läuft. Im Sommer/Herbst 2021 soll der Betrieb starten. Für die Verwaltung ist sie die Herausforderung der Zukunft: die Kinderbetreuung. Vor allem der steigende Personalbedarf bringt die Kommune an den Rand ihrer Kapazitäten: personell wie finanziell. Im Gespräch mit dem Schaumburger Wochenblatt machen Samtgemeindebürgermeister Mike Schmidt und André Lutz, Leiter des Amtes für Bildung, aber auch deutlich: Man jammere nicht. Es sei ein "Luxusproblem", das man mit Freude angehe - schlimmer wäre es Einrichtungen schließen zu müssen. Kommune hinkt im U3-Bereich hinterher Wie das Duo skizziert, arbeitet die Samtgemeinde auf Hochtouren daran, drei Bedarfe zu decken. Erstens: Seit einigen Jahren ist Nenndorf vor allem durch die Kurstadt eine wachsende Kommune, die sich verjüngt. Demografischer Wandel - Fehlanzeige. "Das hat uns unglaublich unter Druck gesetzt", so Schmidt. Zweitens: Eltern wollen ihre Kinder immer öfter früher in eine Einrichtung geben. Drittens: Durch die Gebührenfreiheit müssen mehr Kinder länger betreut werden. Obwohl bereits in den vergangenen Jahren 230 neue Plätze geschaffen wurden, bleibe die Situation arbeitsreich, weiß der Amtsleiter. Denn während im Kindergartenbereich alle Kinder betreut werden können, "sind wir noch nicht so weit, dass wir auch jedem Einjährigen einen Platz geben können". Der Grund, warum die Samtgemeinde nach Angaben von Schmidt zusätzlich zu der konkret geplanten Klax-Einrichtung in Hohnhorst anpeilt, noch eine eigene mit 60 bis 100 Plätzen in den Nordgemeinden zu bauen. Perspektivisch sei der Bedarf einfach da. Personalsuche wird zunehmend schwieriger "Es ist kein Märchen, dass acht Stunden kostenlose Betreuung dazu führt, dass die Nachfrage nach Ganztagsplätzen steigt", betont Schmidt. Das bedeutet mehr Personal und sei zunehmend schwieriger zu finden, wie man im Rathaus merkt. Folglich gehen auch die Kosten in die Höhe. Unterm Strich koste die gesetzliche Neuregelung die Kommune mehr, die ohnehin schon unter der "exorbitant hohen" Finanzlast ächze. Die Ausgaben von 5,61 Millionen Euro machen fast ein Drittel des Gesamthaushaltsvolumens aus. Aktuell liegt der Zuschussbedarf, also das, was die Samtgemeinde selbst aus allgemeinen Steuermitteln aufwenden muss, bei 3,84 Millionen Euro. In der Finanzplanung bis 2023 steigt er um rund eine Millionen Euro an - um die Summe, auf die sich das Defizit noch vor zehn Jahren belaufen hat. Eine Kindergartengruppe kostet die Samtgemeinde zwischen 120 und 150.000 Euro. Und es werden langfristig noch mehr. Schmidt: "Finanziell sind wir an der Grenze angekommen." Wie werden die gestiegenen Mehrkosten finanziert? Zum einen durch höhere Steuereinnahmen landesweit und wachsende Einwohnerzahlen. Dadurch steigen die Einnahmen aus den Finanzzuweisungen des Landes. Zum anderen durch eine höhere Steuerkraft der Mitgliedsgemeinden, die zu mehr Einnahmen aus der Samtgemeindeumlage führt. Weil das aber nicht mehr ausreichte, um das Defizit aufzufangen, wurde zu Beginn dieses Jahres der Hebesatz der Samtgemeindeumlage erneut um zwei Punkte erhöht. Das soll von den Mitgliedskommunen zusätzlich 255.000 Euro einbringen. Die Bevölkerung ist insofern betroffen, als durch die höhere Samtgemeindeumlage die Mitgliedsgemeinden im vergangenen Jahr ihre Hebesätze bei der Grundsteuer und Gewerbesteuer anziehen mussten. Auf den Grundstückseigentümer in Bad Nenndorf heruntergerechnet, bedeutet das laut der Kämmerei eine Mehrbelastung von 30 bis 100 Euro jährlich. Dass aber Kürzungen an anderer Stelle im Samtgemeindehaushalt zugunsten der Kinderbetreuung vorgenommen wurden, die die Bevölkerung direkt treffen, ist Kämmerer Frank Behrens nicht bekannt. Unterstützung von Land und Kreis gefordert Was Schmidt und Lutz ärgert: Anders als in anderen Regionen beteiligt sich der hiesige Landkreis nicht an den Kosten für die Kinderbetreuung, hat die Zuständigkeit an die Mitgliedsgemeinden delegiert. "Andere geben 10 bis 15 Millionen Euro ins System - wir würden uns über jeden Euro freuen", bringt es Schmidt auf den Punkt. Seine Forderung: finanzielle Unterstützung von Land und Kreis sowie eine duale Ausbildung im Erzieherbereich. Dann könne die Samtgemeinde selbst einstellen, ausbilden und Gelder zahlen. Das wiederum würde den Beruf attraktiver machen. Foto: jl/Archiv
-
"Luxusproblem" Kinderbetreuung bringt Kommune an den Rand ihrer Kapazitäten
Von Kita-Plätzen bis zu Personalkosten: Ein Überblick über die aktuelle Situation in Nenndorf / Finanzielle Grenze erreicht
Dieser Eintrag wird bereitgestellt durch Schaumburger Wochenblatt | Impressum