1. Immer weiter auf historischen Spuren

    Seit 20 Jahren werden Kulturzeugnisse im Landschaftsbild gesammelt / Plattdeutscher Tag zum 6. Mal 2020 ausgerichtet

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    KREIS SCHAUMBURG (al). Beinahe täglich verschwinden Brunnen und Brücken, Wälle und Wege, alte Scheunen und Grenzsteine, verdecken neuzeitliche Baumaterialien alte Fachwerkfassaden. Dabei sind sie Kulturzeugnisse im Landschaftsbild, Relikte historischer Siedlungsentwicklung. Diese zu dokumentieren, hatte sich vor jetzt genau 20 Jahren eine Projektgruppe der Schaumburger Landschaft vorgenommen. Im Bückeburger Landesarchiv wurde in einer kleinen Feierstunde den ehrenamtlichen Kräften gedankt. Als Initiator, Motor und unermüdlicher Motivierer gilt der promovierte Geowissenschaftler Karl-Heinz Oelkers. Der Hannoveraner kam durch den Kauf einer alten Hofstelle in Hiddensen ins Schaumburger Land. Damals war ihm in der Region zwischen Weser und Deister noch alles fremd: "Heute könnte ich glatt Gästeführer sein", bekannte er, weil er durch seine Arbeit längst bis in die hintersten Schaumburger Winkel vorgedrungen ist. Der stellvertretende Vorsitzende der "Landschaft", Reinhard Kniewske, lobt Oelkers für sein Engagement, das längst über die die Dokumentation von weit über tausend "Spuren" hinausgegangen ist. Es folgten Poster zu bestimmten Themengebieten sowie historische Ortsspaziergänge. Die inzwischen eingerichtete Datenbank kann neuerdings über eine App erreicht werden. Jüngstes Engagement gilt dem Erhalt der plattdeutschen Sprache. Aus der Sorge heraus, dass die lokale Mundart verloren geht, wurden Wörterbücher erstellt. Filmsequenzen haben Zwiegespräche aus dem Alltag festgehalten. Die Geschäftsführerin der Schaumburger Landschaft, Lu Seegers, verwies auf den bereits eingetretenen Verlust vieler Relikte. Deshalb sei es gut, dass diese historischen Zeugnisse rechtzeitig dokumentiert worden seien. Als 1999 das über den Niedersächsischen Heimatbund angeschobene Projekt begann, waren im Nu 700 Einzelmeldungen zusammen gekommen. 2005 arbeiteten 70 ehrenamtliche Kräfte mit. 2015 waren es 120. Oelkers' Arbeit und seiner Helfer werde von Landkreis und Gemeinden ideell und finanziell unterstützt. Auch Leader-Mittel der Europäischen Union seien bereits geflossen, um unter anderem die aufwendige Datenbank aufzubauen. Seegers lobte Oelkers Engagement vor allem hinsichtlich seiner Öffentlichkeitsarbeit. Ihm sei es seit jeher wichtig gewesen, Spuren nicht nur zu sammeln, sondern ihre Bedeutung auch zu verbreiten. Sechs "Spurensuche"-Hefte in einem Schuber waren 2001 in einer Auflage von 5000 Stück erschienen. Bald wurde ein Nachdruck erforderlich. 2003 begann die Posterserie; kurz darauf die der ebenfalls großformatigen Ortsspaziergänge. Sie fänden nicht nur beim jährlichen "Tag des offenen Denkmals" Interesse. Auch Touristen würden die kompakten Informationen begrüßen. Folgerichtig nutze die Projektgruppe inzwischen auch die durch fortschreitende Digitalisierung entstandenen Möglichkeiten. Es sei "großartig, wie viele Menschen sich für den Erhalt unserer Kulturgüter engagieren", schloss sie ihre Ausführungen. Inzwischen gelte Schaumburg schon als bundesweit beispielgebend. Christian Wiegand, der vor 20 Jahren beim Niedersächsischen Heimatbund Schaumburg als "Proberegion" ausgewählt hatte und zeitweilig selbst "Spurensucher" war, erinnerte daran, dass Karl-Heinz Oelkers "gleich groß gedacht" habe. Heute gelte die Schaumburger Spurensuche mit Methodik, Publikationen und Datenbank als vorbildlich in Niedersachsen. Karl-Heinz Oelkers wehrte das ihm gezollte Lob ab. Es sei Verdienst der vielen Unterstützer, die die Spurensuche zu ihrem Erfolg gebracht hätte. Aber er habe auch immer "angetrieben" mit frankierten Rückumschlägen und konsequenter Fristsetzung. Die Idee mit den großen Bildern auf Postern und kurzen erläuternden Texten sei richtig gewesen. "Wir hätten ja auch ein dickes Buch schreiben können, aber die knappe Information sei eben besser. Aktuell zähle das Gesamtprojekt Spurensuche 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bernd Zimmermann erläuterte die Smartphone-App und deren künftige Nutzungsmöglichkeit. Die Arbeit werde dadurch aber nicht beendet sein. Es gebe neue Überlegungen, eine Datenbank mit bereits verschwundenen historischen Spuren anzulegen, soweit diese noch in Wort und Bild dokumentiert seien. Auch ein elektronisches Spiel wäre denkbar, um auch junge Menschen für die Schaumburger Kulturrelikte zu begeistern. Werner Vehling warb für den Besuch des nächsten plattdeutschen Tages. Dieser findet 2020 zum sechsten Mal statt. Ausrichter wird Lindhorst sein. Vehling richtete einen Appell an die Verantwortlichen im Schaumburger Land. Er befürchte, dass das "Platt" nicht mehr erhalten werden könne. Schon in 20 Jahren würde die Sprache vergessen sein. Foto: al

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