RODENBERG (jl). Er kriecht unter Balken hindurch und über Kronkorken hinweg. "Bei der anderen Hose habe ich die aber weniger gespürt", bemerkt Feuerwehrmann Simon Thürnau, der eine ungewohnte Ausrüstung trägt: in rot mit gelben Akzenten. Die wird er jedoch gleich wieder ausziehen. Denn auch andere Kameraden wollen die Einsatzbekleidung auf Herz und Nieren testen. So wie Fabian Kessler und Florian Scholz, die sich im Löschfahrzeug startklar machen. "Das ist schon mal durchgefallen", kommentiert ersterer den Versuch, eine Lampe an seiner Jacke zu befestigen. Insgesamt rund 40 Brandschützer aus der ganzen Samtgemeinde probieren hier im Feuerwehrhaus zwei Monturen von verschiedenen Herstellern an und durchlaufen einige Übungen, um sie in den Punkten Beweglichkeit, Temperaturempfinden, Kniepolsterung und Erkennbarkeit zu bewerten und die bessere auszuloten. Es ist bereits der zweite Workshop, in Lauenau hat er mit ebenso vielen Teilnehmern stattgefunden. Warum das Ganze? Die Samtgemeindefeuerwehr braucht 450 neue Schutzausrüstungen, so zumindest der Wunsch des eigens dafür vor einem Jahr gegründeten Arbeitskreises "Persönliche Schutzausrüstung" (kurz: PSA). Die aktuellen sind nicht nur dunkel und dadurch schlecht sichtbar - ein Risiko bei der Einsatzstellensicherung vor allem auf der Autobahn -, sondern zum Teil 18 Jahre alt. Kleine Risse in der Membran im Oberstoff bärgen eine große Gefahr für die Helfer im Ernstfall, wie Tobias Komossa und Christoph Lück im Theorieteil des Workshops deutlich machen. Schad- und Giftstoffe könnten auf die Haut gelangen und darüber aufgenommen werden. Das Problem: Eine Überprüfung sei im alten Bestand nur möglich, wenn man die Kleidung aufschneide. Die neue hätte Revisionsschlitze. Auch jegliche Art von Kontamination, von Ruß bis Öl, ist laut dem Sicherheitsbeauftragten Benno Blings auf der rot-gelben Bekleidung sofort sichtbar. Ein gesundheitsrelevanter Aspekt, da es Erkenntnisse gebe, dass Verschleppungen mit großer Wahrscheinlichkeit schon zu vielen Krebstoten in der Feuerwehr geführt haben. Zudem steige die Temperatur in der hellen Jacke weniger stark an als im dunklen Pendant. Darüber hinaus seien die neuen Modelle mit einem Chip versehen, der die Identifizierung nach dem Waschen und damit auch die verpflichtende Dokumentation erleichtere. "Jeder ehrenamtlich arbeitenden Kameraden braucht den höchsten Schutz", fasst der stellvertretende Gemeindebrandmeister Komossa zusammen. Daher hat der Arbeitskreis nach einem Anforderungskatalog mit 50 Punkten zuvor vier Hersteller intern eingeladen, ihre Produkte vorzuführen. Das Ergebnis erleben die Kameraden jetzt beim Workshop hautnah. Dabei würden sich die beiden Varianten nur minimal unterscheiden, nicht aber in der hohen Qualität. Ein großes Problem ist auch ein derzeit fehlender Zweitsatz für das Gros der Kameraden. Ist die Ausrüstung in der Wäscherei, könnten diese im Notfall nicht mitausrücken. Daher sollen die alten, noch einsatzfähigen Monturen im Bestand bleiben. Gleich zwei neue Sets pro Kopf wollte man aus Kostengründen dann auch nicht beantragen. Die komplette Neuausstattung inklusive Handschuhen kostet immerhin eine knappe halbe Million Euro. "Eine große Investition, die aber absolut nötig ist für die Sicherheit der Kameraden", betont Komossa. Der Antrag ist bereits beim Samtgemeindebürgermeister eingereicht worden, damit er noch bei den diesjährigen Haushaltsberatungen Berücksichtigung findet. Zu den Workshops sind übrigens auch alle 33 Mitglieder des Samtgemeinderates eingeladen worden, der letztlich entscheidet. "Wir haben jedem die Möglichkeit geben wollen sich zu informieren", so Komossa. Sieben Mandatsträger lassen sich blicken. Foto: jl
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"Jeder der ehrenamtlich arbeitenden Kameraden braucht den höchsten Schutz"
Feuerwehr will neue Einsatzbekleidung beantragen / Workshop zum Testen / Kosten von rund 500.000 Euro
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